Duisburg. Wegen der Meldung „Flugzeugabsturz“ wurde zunächst ein Massenanfall von Verletzten gemeldet. Es kam anders. War das reine Glückssache?
Die Vorstellung im Circus Flic-Flac sollte jede Minute beginnen – das war ein großes Glück. Denn um kurz vor 15 Uhr am Sonntag ging ein Kleinflugzeug mitten auf dem Parkplatz vor dem Zelt nieder, es stürzte in die parkenden Autos. Zwei Personen saßen in dem Flieger, erklärt die Feuerwehr, sie starben bei dem Absturz. Der Flieger und acht Wagen gingen in Flammen auf. Eine schwarze Rauchsäule türmte sich über dem Alten Güterbahnhof von Duisburg.
Auf Wunsch von Feuerwehr und Polizei läuft die Vorstellung weiter - ohne Pause, damit die Zirkusbesucher im Zelt bleiben. So soll laut Flic-Flac-Sprecher Michael Mohr verhindert werden, dass die Gäste auf den Parkplatz strömen. Die Einsatzleiter von Polizei und Feuerwehr wollen die rund 700 Zuschauer später drinnen informieren. Keine Panik, lautet die Devise. Mehrere Augenzeugen haben Notrufe abgesetzt, doch die meisten Zuschauer haben zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitbekommen, was draußen passiert ist: Man hört sie jubeln und applaudieren in der „Sommer Edition“-Show, während vor dem Zelt Brandgeruch in der Luft liegt.
Flugzeugabsturz auf dem Loveparade-Gelände – Erinnerungen an die Katastrophe
Eine surreale Situation, die an einen schwarzen Tag in der Geschichte Duisburgs erinnert: Auf dem Gelände spielte sich 2010 auch das Loveparade-Unglück ab, es liegt nur wenige Hundert Meter Luftlinie entfernt vom Hauptbahnhof. Damals spielte oben weiter die Musik, während unten Menschen starben.
Fotostrecke- Kleinflugzeug in Duisburg abgestürzt
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Weniger als 100 Meter vor dem Zirkuszelt brennen die Autos aus, weitere werden durch das Feuer beschädigt. Auf Videos sind Verpuffungen zu hören. Das Feuer selbst ist schnell gelöscht. Mit etwa 60 Einsatzkräften sind Feuerwehr und Rettungsdienst vor Ort, viele Polizeibeamte sichern hier, sperren da, lenken um. Hubschrauber überfliegen das Gelände. „Zusätzlich waren zu Einsatzbeginn aufgrund der zunächst unklaren Lage zahlreiche weitere Rettungsdienstkräfte alarmiert, die nicht tätig werden mussten“, erklärt Einsatzleiter Michael Görtzen. Der Hintergrund: Mit der Alarmierung war wegen des Meldestichwortes „Flugzeugabsturz“ ein „Massenanfall von Verletzten“ (MANV) ausgerufen worden.
Mit weißen Planen sperren die Helfer die Unglücksstelle ab. In den verkohlten Trümmern des Kleinflugzeugs, das als solches kaum mehr zu erkennen ist, findet die Feuerwehr die Leichen.
„Ich bin seit 31 Jahren im Dienst, das Einsatzstichwort Flugzeugabsturz habe ich noch nicht erlebt“, sagt Michael Görtzen. „Es war pures Glück – wenn der Flieger nur 100 Meter weiter abgestürzt wäre, hätte es eine unvorstellbare Katastrophe gegeben“, fügt er hinzu. Der Biergarten ist noch näher.
Polizei Essen übernimmt Ermittlungen
Die Polizei Essen hat am Nachmittag die Einsatzleitung vom Duisburger Präsidium übernommen, da die Behörden den Unfall als „größere Schadenslage“ bewerten. Zahlreiche Polizistinnen und Polizisten sind gekommen: Sie begleiten die letzten Zuschauer um kurz vor 18 Uhr aus dem Zelt, bieten psychologische Betreuung an. Der Schreck ist vielen Menschen ins Gesicht geschrieben. Viele haben Kinder an der Hand oder auf dem Arm.
Christel Nettelbeck ist aus Wuppertal zur Flic-Flac-Show gekommen: Von dem E-Auto, mit dem sie mit ihrer Schwiegertochter und Freundinnen vor wenigen Stunden hergefahren war, ist nur noch verkohlter Schrott übrig. Sie hatte kurz vor Betreten der Show den Knall und den dicken schwarzen Qualm mitbekommen, wurde von Flic-Flac-Mitarbeitern aber ins Zelt gelotst, „hier sind sie sicherer, haben sie gesagt“. Ein bisschen aufgeregt und zitterig habe sie dann die Vorstellung verfolgt, „das war eine gute Ablenkung, das haben sie gut gemacht“, lobt Nettelbeck.
Flic-Flac-Gäste loben Polizei und Feuerwehr
Auch andere Gäste sind voll des Lobes über den besonnenen Einsatz von Polizei und Feuerwehr. Wessen Auto fahrtüchtig ist, der darf das Gelände verlassen, die Kennzeichen werden von einem Beweissicherungsteam gefilmt, falls später Zeugenaussagen benötigt werden. Die Abendvorstellung um 19 Uhr wird natürlich abgesagt.
Im Laufe des Abends rücken Experten der Luftaufsicht aus Düsseldorf und Braunschweig an. Erst wenn sie den Tatort inspiziert haben, beginnt die Arbeit der polizeilichen Kriminaltechnik, erklärt Einsatzleiter Marcus Hauptmann. Zur Identität der zwei Toten wird mit Rücksicht auf die Angehörigen, die zunächst informiert werden sollen, noch nichts gesagt. Die Leichname sollten noch am späten Abend geborgen werden.
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