Ruhrgebiet. Keine Kellner, kaum Köche. In der Gastronomie fehlt es an Personal. So soll künstliche Intelligenz helfen, das Problem zu lösen.

Offiziell heißt er „Twist Tender“. Aber sie nennen ihn Sam hier bei Sausalitos. Sam steht hinter der Bar, macht Cocktails, keine Show. Ist ja nicht Tom Cruise. Sam kann nicht sprechen, sieht auch ein wenig aus, als habe man ihn vom Fließband eines Autoherstellers ausgeliehen. Er hat nämlich keinen Körper, keine Beine, er hat nur zwei Arme. Denn er ist ein Roboter.

Ist er die Zukunft in der Gastronomie?

„Wir schauen uns aktuell weltweit verschiedene Lösungsansätze an – auch für die Bar“, sagt Christoph Heidt, Geschäftsführer von Sausalitos, das auch in Essen, Bochum und Dortmund Restaurants betreibt. Und experimentieren werde man nicht nur in der Münchner Filiale.

Noch kein flächendeckender Einsatz

Ein Servier-Robote bringt Speisen an einen Tisch. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services
Ein Servier-Robote bringt Speisen an einen Tisch. Foto: Reto Klar / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Sam ist also erst einmal ein Test. So wie die Roboter-Kellnerinnen mit dem Namen „Amy“, die bis vor kurzem in Moers in einem mittlerweile geschlossenen China-Restaurant Bestellungen zu den Tischen gebracht haben, auch um die Frage zu beantworten: Kann künstliche Intelligenz (KI) helfen, wo menschliche nicht mehr arbeiten will?

Selbst wenn, akut lassen sich die Probleme in der Branche damit nicht lösen. Von flächendeckendem Einsatz solcher Roboter sei man noch weit entfernt, sagt Frank Thiel, Digital Coach beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) NRW. „Aber KI spielt in der Gastronomie und Hotellerie trotzdem schon eine große Rolle.“

Künstliche Intelligenz arbeitet im Hintergrund

Sie kann zum Beispiel Buchungsanfragen, die per E-Mail eingehen, selbstständig beantworten. „Da muss dann kein Mensch mehr eingreifen“, sagt Thiel. Und ist die KI auf der Internetseite eines Hotels eingebunden, ist sie in der Lage, die Preise freier Hotelbetten individuell und personalisiert anzuzeigen.

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Aber die richtige Software hilft nicht nur der Gaststätte, oder dem Hotel, sondern auch den potenziellen Kunden. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis Sie gar nicht mehr zum Telefon greifen müssen, um eine Reservierung zu machen“, ist Thiel überzeugt. „Damit beauftragen Sie dann einfach Sprachassistenten wie Alexa oder Siri.“ Schon jetzt kennen die digitalen Helfer, Preise und Bewertungen aus vielen Städten, künftig könnten sie nach kurzer Rücksprache auch gleich buchen und überweisen.

Einkauf und Personaleinsatz planen

Ist man Stammgast, weiß die ständig dazu lernende KI sofort, dass man ein härteres Kissen bevorzugt oder eine spezielle Biersorte – sofern man bereit ist, die benötigten Daten preiszugeben. Der Digital-Coach kann sich das durchaus vorstellen. „Die meisten Menschen wollen es bei solchen Sachen so einfach wie möglich haben.“

Das gilt für Gäste wie für Gastronomen. Letztere benutzen deshalb immer öfter KI-basierte Software, die die Auslastung von Hotels und Restaurants anhand von Erfahrungen und externen Ereignissen wie Wetter und Ferien prognostiziert. „Damit lassen sich Einkauf und Personaleinsatz viel besser planen.“

Persönliche Beziehung zwischen Kellner und Gast bleibt wichtig

Und angesichts der explodierenden Energiepreise hilft die Künstliche Intelligenz immer stärker, Licht, Heizung, Klimaanlage oder Wasserverbrauch zu steuern. Ist ein Fenster geöffnet trotz laufender Klimaanlage? Brennt das Licht in einem nicht belegten Zimmer? „Das kann schon jetzt der Computer kontrollieren.“

Und irgendwann, glaubt Thiel, wird es auch mehr Roboter geben. An an der Bar, in der Küche und im Service. Dort allerdings eher als Ergänzung, denn: „Die persönliche Beziehung zwischen Gast und Kellner oder Kellnerin ist immer noch wichtig.“

120 Burger in der Stunde

Überall in der Gastronomie wird Personal gesucht.
Überall in der Gastronomie wird Personal gesucht. © A.Laible | Andreas Laible

Beispiele für den Roboter als Kollegen gibt es aber bereits einige weltweit. Im Restaurant „Creator“ in San Francisco etwa hat der „Burgermaker“ das Kommando übernommen. Ob Brötchen, Gurken, Tomaten, Zwiebeln – alles wird von der Maschine frisch aufgeschnitten. Parallel zerkleinert sie das Hackfleisch, formt daraus einen Patty und grillt ihn, bevor er zusammen mit exakt portionierten Mengen an Soßen und Käse aufs Brötchen gleitet. Pro Stunde schafft der Roboter 120 Burger.

In Paris gibt es derzeit zwei Pizzerien, die völlig ohne Menschen auskommen. Dort steht der dreiarmige Roboter „Pazzi“ am Ofen und schafft locker 80 Pizzen die Stunde. In Leipzig bereitet „Roki“ selbständig Pasta zu, der Gemüsekonzern „Bonduelle“ hat einen Roboter entwickelt, der 1000 verschiedene Salatvariationen beherrscht.

Nichts für die Sterne-Gastronomie

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Grundsätzlich, sagt Thiel, habe die Branche die Chancen erkannt, die programmierbaren Helfer angesichts der Personalknappheit bieten. Sie zu nutzen ist allerdings schwierig. Corona, Unsicherheit, wie es weitergeht und die gestiegenen Energiekosten, es fehlt vielen einfach an Geld“, weiß der Dehoga-Experte. Langfristig aber werde sich die digitale Transformation in der Gastronomie und Hotellerie nicht aufhalten lassen, wenn auch zunächst vor allen Dingen „hinter den Kulissen, also außerhalb des Gastraums“. Und Ausnahmen wird es noch lange geben. „In einer Sterne-Küche“, glaubt Thiel, „ werden Sie so schnell keinen Roboter finden.“