Düsseldorf. An vielen Flughäfen herrscht derzeit Chaos bei Abflug und Ankunft. Bei wem man sich worüber beschweren kann.
So mühsam war der Start in die Ferien an den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn noch nie. Vor dem Abflug ist enorme Geduld gefragt, die Warteschlangen sind lang, Urlauber erscheinen bis zu sechs Stunden vor dem Abflug, einige haben ihre Flieger gar verpasst – oder ihr Flug wurde kurzerhand gestrichen. Das erste Ferienwochenende mutete den Reisenden chaotische Verhältnisse zu, das dritte steht nun unmittelbar bevor.
Wer ist schuld am Desaster des Sommers 2022?
Den Flughafen selbst trifft so gut wie nie die Schuld am Flugchaos, weil er im Detail gar nicht zuständig ist. Neben den Airlines – speziell Eurowings, das wegen einer Krankheitswelle und womöglich auch zu vielen geplanten Flügen, tausende Starts in den Ferien absagen muss – stehen die oft unterbesetzten Sicherheitskontrollen besonders im Blickpunkt. Aber auch die vielen verwaisten Check-In-Schalter.
Über wen Sie sich im Ernstfall ärgern müssen, zeigt diese Seite am Beispiel des Düsseldorfer Flughafens – im Grunde auch anwendbar auf viele andere große Airports.
Der Check-In
Der erste Schritt auf dem Weg ins Flugzeug ist der Check-In. Einchecken können Sie vorab online oder an speziellen Automaten im Terminal. Wer beides nicht mag oder technisch nicht so bewandert ist, muss zum Check-In-Schalter, um seine Bordkarte zu bekommen. Auf ihr sind der Sitzplatz im Flieger und der Flugsteig, das „Gate“ vermerkt. Und wer Gepäck aufgibt, der muss sich ohnehin in die derzeit oft sehr lange Schlange davor einreihen. Das kann er bei einigen Fluggesellschaften schon am Abend vor dem Abflug machen, doch selbst beim „Vorabend-Check-In sind die Schlangen derzeit nicht eben klein.
Am Schalter sitzen keine Angestellten des Flughafens, in der Regel sind es nicht einmal Beschäftigte der Fluggesellschaft, mit der Sie in den Urlaub fliegen. Es sind überwiegend Leute des Handlingspartners, wie Dienstleistungsgesellschaften für Fluggesellschaften genannt werden. Sie sind nämlich billiger. Falls Sie sich beschweren wollen: Die Handlingspartner Ihrer Fluggesellschaft, erfahren Sie oft auf den Seiten des Flughafens oder der Airline. Die drei größten Handlingspartner in Düsseldorf sind Aviapartner (AVP), Aviation Handling Services (AHS), Airline Assistance Switzerland (AAS) und Acciona Airport Services.
Die Bordkartenkontrolle
Die Bordkarte – egal ob in gedruckter oder digitaler Form – ist gewissermaßen die Eintrittskarte in den nicht-öffentlichen Bereich des Airports. Daher wird sie geprüft, bevor man zur Sicherheitskontrolle geht – entweder kontaktlos über einen Scanner oder manuell. Die manuelle Kontrolle wird am Flughafen Düsseldorf von der Firma Klüh Security durchgeführt. Normalerweise geht das ohne Warteschlange. Ist es aber bei der direkt dahinter stattfindenden Sicherheitskontrolle besonders voll, staut es sich bereits hier bis in die Halle hinein.
Die Sicherheitskontrolle
Erst seit den 1980er-Jahren werden alle Passagiere durchleuchtet und kontrolliert. Die Entführung der „Landshut“ im Jahr 1977 hatte damals das Bewusstsein für Luftsicherheit erhöht. Waren anfangs nur Behörden für die Kontrollen zuständig, wurde 1992 auch aus Kostengründen das Ausgliedern von Sicherheitskontrollen zugelassen.
Seitdem ist an zwölf Flughäfen, darunter auch in Düsseldorf, die Bundespolizei zuständig. Bei den kleineren Flughäfen Dortmund oder Paderborn/Lippstadt ist es die Bezirksregierung Münster. Beide verfahren aber gleich und beauftragen private Sicherheitsfirmen. Meist müssen diese Firmen ein Kontingent an Kontrollstunden erfüllen, das die Behörden aufgrund der Flugpläne und Meldungen der Fluggesellschaften über voraussichtlich verkaufte Tickets prognostizieren. Leider klappt das derzeit nicht.
NRW-Bundespolizei-Sprecher Jens Flören beklagt: „Es ist nahezu keine verlässliche Prognose des Passagieraufkommens mehr möglich.“ Vor Pandemiebeginn hätte es Jahres-, Halbjahres- und Monatsprognosen gegeben, auf die sich die Dienstleister hätten verlassen können. Dies habe sich total geändert: Reisende entschieden sich derart spontan und kurzfristig, dass alle Personalplanungen hinfällig seien.
Zum grundsätzlichen Personalmangel der privaten Dienstleister kommt ein hoher Krankenstand durch Corona. Auch vor der Pandemie waren allerdings viele Stellen unbesetzt. Viele Experten fordern daher, dass nur staatliche Stellen solche Kontrollen durchführen dürften. „Sicherheit ist ein Thema, bei dem es nicht ums Geldverdienen gehen darf“, sagt Verdi-Experte Özay Tarim. Am Flughafen Düsseldorf führt die Firma Deutscher Schutz- und Wachdienst (DSW) die Kontrollen im Auftrag der Bundespolizei durch. Während der Sommerferien erhält DSW zudem Unterstützung durch einen weiteren Dienstleister.
Die Passkontrolle
Für Reisen innerhalb des Schengen-Raums und in die Türkei reicht der Personalausweis. Reisen Sie in ein „Non-Schengen-Land“ wie zum Beispiel Großbritannien benötigen Sie einen Reisepass. Bei der Ausreise kontrollieren Beamte der Bundespolizei, ob der noch gültig ist. Lange Warteschlangen sind hier die Ausnahme. Zumal Düsseldorf die Überseeziele (u.a. USA, Japan, China) vorerst weggebrochen sind.
Das Boarding
Beim Boarding am Abfluggate wird noch einmal überprüft, ob Sie eine gültige Bordkarte haben. Das machen in der Regel keine Beschäftigten der Airline, sondern wieder Mitarbeiter der Handlingpartner. Schlangen gibt es hier nur, wenn nach dem ersten Aufruf alle Fluggäste gleichzeitig in die Maschine wollen, obwohl durch die festgelegten Plätze kein Grund zur Hektik besteht.
Die Gepäckausgabe
Die Gepäckausgabe kann zum größten Problem bei der Rückreise werden. Immer wieder mussten Reisende in den vergangenen Wochen (und auch früher schon) lange auf ihre Koffer und Taschen warten, in Einzelfällen stundenlang. Verantwortlich für die Gepäckausladung nach der Landung eines Flugzeugs sowie für die darauf folgenden Prozesse bis zur Gepäckausgabe ist die jeweilige Airline. Aber auch in diesem Fall beauftragt sie private Dienstleister, denen es offenbar an Personal fehlt.
In Düsseldorf sind das Aviapartner und Acciona. Mit der Düsseldorf Ground Handling GmbH gibt es aber auch eine 100-prozentige Flughafentochter, die solche Aufgaben früher mit übernahm, sich mittlerweile aber mehr auf die Beförderung von Passagieren und Crews auf dem Vorfeld sowie die Enteisungen der Maschinen im Winter konzentriert. Aktuell helfen Mitarbeiter der Flughafentochter in Spitzenzeiten zwar bei der Entladung mit, unterm Strich aber, sagt Andrej Bill, Gewerkschaftssekretär bei Verdi, seien es aber zu wenige, um den Personalmangel entscheidend aufzufangen.
Der Tower
Er beherbergt die Flugsicherung. Wie wichtig die ist, hat sich erst vor ein paar Tagen gezeigt, als eine wichtige Software zur Überwachung des Luftraums nicht korrekt funktionierte und das Flugaufkommen über Deutschland sicherheitshalber auf etwa die Hälfte des Üblichen reduziert. Der Flughafen selbst hat auf die Arbeit der Fluglotsen keinen Einfluss