Haltern. Ein Unternehmen in Haltern will Parken revolutionieren: mit Türmen, in denen Autos extrem platzsparend stehen. Einen Prototypen gibt es schon.

Der Pendler-Parkplatz hinter dem Bahnhof von Haltern ist, sagen wir, recht großzügig geraten: Auf 300 Metern Länge und vier Reihen tief reiht sich Parkbox an Parkbox, dazwischen Fahrwege und Rangierraum. Gut 200 Autos stehen dort am Donnerstagmorgen, 350 könnten es sein - üppig bis unüberschaubar. „Die ganzen Autos“ - Manuel Huch zeigt unbestimmt in ihre Richtung - „bringe ich unter auf einem Viertel der Fläche und mache aus dem Rest Stadtpark.“ Der Mann ist ein Hochstapler - aber nur von Autos.

Das Gegenmodell des 33-jährigen Halterners zum raumgreifenden Pendler-Parkplatz steht - wie zur Demonstration - auf einem Grundstück gegenüber: eine Hochgarage aus Glas und Stahl mit 16 Parkplätzen übereinander auf einer Grundfläche von nur 60 Quadratmetern. Der erste „E-Parktower.“ „Wir mussten einen aufstellen, damit Kunden hineinfahren können und sehen: Es funktioniert“, sagt Huch.

Auch Grundstücksbesitzer oder Inhaber einer Baulücke zeigen Interesse

Manuel Huch hat drei Jahre an dem Turm getüftelt.
Manuel Huch hat drei Jahre an dem Turm getüftelt. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Die „E-Parktower GmbH“ von Huch und drei Kompagnons will das Parken revolutionieren. „Die nervige Suche nach Parkplätzen, die Angst vor Vandalismus, die Sorge um ausreichende Ladepunkte - alles das ist Geschichte“, heißt es dort.

Kunden wären erstmal nicht die, die in solch einem Turm parken, sondern die, die Parkplätze brauchen: Firmen für ihre Mitarbeiter, Städte sowieso, Automobilisten, Autohäuser, Car-Sharing-Stationen. Also eigentlich alle. Aber auch diejenigen, die ein unbebautes Grundstück besitzen, oder die stolzen Inhaber einer Baulücke.

„Wir haben das ein bisschen deutsch gemacht“

Fahrer und Fahrerinnen können den Turm so nutzen: Sie halten Zugangskarte, Bar- oder QR-Code vor ein Lesegerät, das Tor öffnet sich, man fährt hinein, steigt aus, schließt das Ladegerät an, verriegelt, geht weg. Sobald Sensoren feststellen, dass kein Mensch mehr da ist, setzt sich ein Paternoster-ähnliches Aufzugssystem in Bewegung und zieht das Fahrzeug hoch. Wenn die Nutzer zurückkommen und am Tor den Code erneut lesen lassen, kommt das Auto wieder herunter. Und weg ist man.

Die Vorbilder stehen in China, sind aber ganz anders: Im Internet finden sich Angebote solcher Türme ab 8000 US-Dollar - das würde hier niemand genehmigen. „Wir haben das ein bisschen deutsch gemacht“, sagt Huch: Namhafte Firmen wie Siemens haben die Teile geliefert, der TÜV hat die Konstruktion abgenommen, auch Transporter oder die schweren E-SUVs fänden hier Halt. „Das ist ein deutsches Produkt für Europa. Viele Ingenieure haben daran mitgewirkt.“

Auch jeder herkömmliche Verbrenner kann hier einparken

Verglichen mit dem Pendler-Parkplatz gegenüber wird deutlich, wie viel Platz der Turm einspart.
Verglichen mit dem Pendler-Parkplatz gegenüber wird deutlich, wie viel Platz der Turm einspart. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Und so hat der „Bundesverband eMobilität“ bereits eine hohe Meinung von den Türmen. „Wenn Probleme wie Baugenehmigung und Wirtschaftlichkeit gelöst werden, dann haben sie ein unglaubliches Potenzial“, sagt Vorstandsmitglied Markus Emmert: „Nicht jeder hat einen Stellplatz. Oder: Wo kann ich sicher und zuverlässig laden?“

Damit keine Missverständnisse entstehen: An jeder mobilen Standfläche für ein Fahrzeug ist zwar ein Ladegerät, aber natürlich darf auch jedes herkömmliche Fahrzeug hier parken. Einnahmen ergeben sich nach dem Geschäftsmodell aus der Vermietung von Parkplätzen, aus dem Verkauf von Strom und aus einer digitalen Werbewand, die mit zum Turm gehört.

Der Turm kann auch wieder abgebaut werden, oder man stellt mehrere nebeneinander und verkleidet sie mit einer gemeinsamen Fassade. Huch zeigt abermals auf den rot geklinkerten Bahnhof: „Wenn Sie den E-Parktower danebenstellen und rot verklinkern, fällt er niemandem mehr auf.“

„Ich bin hoffentlich in ein paar Stunden hier angestellt“

Seit der Turm hier steht, kommen immer Leute gucken: an diesem Morgen eine ältere Dame mit Fahrrad und ein Motorradfahrer. Und dann kommt noch Pieter Claes: „Ich werde mich um den Vertrieb in Benelux kümmern, ich bin hoffentlich in ein paar Stunden hier angestellt“, sagt der Belgier. Er ist hochgradig überzeugt von dem Produkt: „Parkplätze in Großstädten? Katastrophe. Und wenn 2035 alles elektrisch fahren soll, ist die Infrastruktur nicht gut für die nächsten Jahre. Das geht so schnell vorbei.“

Huchs Partner besitzen in Haltern einen Betrieb im Werkzeug- und Anlagenbau - passt. Huch selbst ist gelernter Schlosser, war viel im Ausland unterwegs, hat aber die letzten drei Jahre allein in die Entwicklung des E-Parktowers gesteckt. „Wir haben uns die ganze Zeit gefragt, warum macht das keiner?“, sagt er. Typischer Fall einer Idee, die absolut naheliegend ist. Es muss sie nur jemand haben.