Essen. In NRW gilt ab 30. Juni eine neue Coronaschutzverordnung. Wer noch kostenlos getestet wird, wer dazu zahlen muss, wer keinen Anspruch mehr hat.
Ab Donnerstag, 30. Juni, ist für viele Menschen im Land Schluss mit den kostenlosen Schnelltests. Dann heißt es: Test selbst bezahlen oder zumindest einen Teil davon übernehmen. Einige Einzelheiten sind allerdings noch unklar. Betreiber von Testzentren sind teils ratlos und oft verärgert. Ein Überblick.
Was ändert sich überhaupt?
Bisher hatte jeder Bürger auch ohne das Vorliegen von Corona-Symptomen oder einem konkreten Anlass Anspruch auf mindestens einen kostenlosen Schnelltest pro Woche durch geschultes Personal – offizieller Testnachweis in digitaler Form oder auf Papier eingeschlossen. Das ist mit Inkrafttreten der am späten Mittwochnachmittag veröffentlichten neuen Corona-Testverordnung des Bundes vorbei.
Gibt es noch Menschen, die den Schnelltest völlig kostenlos bekommen?
Ja, einige sogar. Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, müssen auch weiterhin nichts für die Schnelltests zahlen. Dazu zählen etwa Frauen im ersten Schwangerschaftsdrittel. Haushaltsangehörige von offiziell Infizierten, Kinder bis fünf Jahre, Bewohner und Besucher von Pflegeheimen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderung und Kliniken sowie pflegende Angehörige, Menschen mit Behinderungen und deren Betreuungskräfte werden sich ebenfalls weiter kostenlos testen lassen können. Und auch für alle, die nach einer Corona-Infektion einen Beleg für den Arbeitgeber brauchen, soll der Test kostenfrei bleiben.
Was ist mit der „Drei Euro Zuzahlung“?
Sie betrifft Menschen , die noch am gleichen Tag ein Konzert, Omas 90. Geburtstag oder eine andere „Veranstaltung in einem Innenraum“ besuchen wollen. Und wer einen Bekannten über 60 oder jemanden mit einer Vorerkrankung treffen will, ist auch mit „nur“ drei Euro dabei.
Wie sollen die Testzentren das denn kontrollieren?
Das wüssten die Betreiber auch gerne. Denn die neue Verordnung ist in diesem Punkt schwammig, spricht nur von einer „Selbstauskunft“, dass die Testung aus einem der aufgeführten Gründe erfolgt. „Wir tappen da noch ein wenig im Dunkeln“, sagt Volker Hellhake, Betreiber einer Teststation in Iserlohn. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass irgendjemand kontrolliert, ob man auch tatsächlich bei der Großmutter zum Kaffee erschienen ist.
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Gibt es Schlupflöcher?
„Schlupflöcher“ wäre das falsche Wort. Aber es gibt eine Regelung, die den Personenkreis für die „3-Euro_Testung“ erheblich erweitert. Denn zu diesem Preis sollen sich auch Menschen testen lassen können, deren Corona-Warnapp rot ist. Und wer die App installiert hat, wird wissen, dass sie angesichts der stark steigenden Zahlen schon seit Wochen nicht mehr grün wird.
Was müssen diejenigen zahlen, die sich einfach so testen lassen wollen – etwa, um sich
zu beruhigen?
Laut Verordnung haben sie gar keinen Anspruch mehr auf einen Test. In den meisten Testzentren werden sie dennoch willkommen sein – quasi als eine Art Privatpatient. Was sie für den Test dort zahlen müssen, legen die Betriebe dann selber fest.
Werden einige Testcenter nun schließen?
Das lässt sich noch nicht sagen. Viele Betreiber geben sich optimistisch und kündigen an, bis zum Herbst durchhalten zu wollen. Dann, so glauben sie, seien Tests wieder gefragter, die Auflagen wieder strenger. Fast alle aber sind auch überzeugt davon, dass selbst eine Zuzahlung von nur drei Euro die Zahl der Kunden stark zurückgehen lassen wird. „Am Ende“, sagt einer, „ist die Frage, ob sich das noch lohnt.“
Gibt es Kritik an der neuen Regelung?
Ja. Die kommunalen Spitzenverbände hätten gerne weiterhin kostenlose Bürgertests gehabt. Es brauche diese Tests, damit man das Infektionsgeschehen wenigstens halbwegs einschätzen könne, hat der Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe (CDU), gesagt.
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Stimmt das?
Zumindest liegt Lewe wohl nicht ganz falsch, wie aktuelle Zahlen zeigen. In der dritten Januarwoche 2022 wurden in NRW 6,6 Millionen Bürgertests durchgeführt, in der 24. Kalenderwoche, im Juni, waren es nur noch 2,4 Millionen Tests. Mit rund 204.000 positiven Ergebnissen fiel die Zahl der erkannten Infektionen im Juni aber fast doppelt so hoch aus wie im Januar. Von Entspannung kann also keine Rede sein.
Warum wird das Testangebot überhaupt eingeschränkt?
Weil es zu teuer wurde. Die kostenlosen Tests hatten nach Angaben Lauterbachs zuletzt eine Milliarde Euro pro Monat verschlungen. Es gibt sie – mit kurzer Unterbrechung im vergangenen Herbst – seit dem Frühjahr 2021. „Es kann nicht alles auf Dauer vom Bund gezahlt werden, weil unsere Möglichkeiten an Grenzen gekommen sind“, hatte Finanzminister Lindner (FDP) den Schritt begründet. Lauterbach zufolge sieht das neue Konzept Kosten von 2,7 Milliarden Euro bis Jahresende vor. Würde die derzeitige Praxis beibehalten, wären es fünf Milliarden.
Wie sieht es eigentlich mit Selbst-Schnelltests aus?
Offiziell werden sie weiterhin nicht anerkannt, um sich selbst zu beruhigen sind sie natürlich trotzdem geeignet. Bei vielen großen Discounter- und Drogerieketten gab es sie zuletzt für 1,75 Euro das Stück.