Ruhrgebiet. Ab 1. Juni gilt der Tankrabatt. Aber kommt er auch bei Kunden an? Was uns dann an den Tankstellen erwartet. Ganz unterschiedliche Szenarien.

Das Image der Mineralöl-Riesen ist aus irgendwelchen Gründen nicht besser als das von Spitzbuben, und so hat das Ruhrgebiet am Dienstag gespannt darauf gewartet: Was passiert am Mittwoch? Kommt die Steuersenkung auf Benzin und Diesel bei uns an? Rund 35 Cent hier, rund 17 da? Werden Menschenmassen die Tankstellen stürmen, Zapfhähne versiegen, Laster liegenbleiben? Nun mal ganz ruhig.

„Die werden vorher noch 30 Cent draufschlagen“, hat schon am Montag die Kassenkraft einer Tankstelle geahnt. Da klang es noch wie Berufserfah . . . wie ein zynischer Witz, aber am Dienstag zeigt sich, dass die Frau ihr Geld auch gut als Hellseherin verdienen könnte: Super steht sehr frühmorgens im Bochumer Süden auf 2.29.9, Diesel auf 2.20.9. Hoppla. Keine 30 Cent mehr, aber deutlich mehr. Sieht ein bisschen aus wie vorauseilendes Gewinnstreben.

Tankstellenpächter erwarten überwiegend keinen Ansturm

Tankstellenpächter Horst Derksen ist in einer Sonderrolle: Seine Tankstelle in Elten liegt nah an der holländischen Grenze. Er erwartet viel Kundschaft von dort, weil der Rabatt den Preisunterschied sehr groß macht.
Tankstellenpächter Horst Derksen ist in einer Sonderrolle: Seine Tankstelle in Elten liegt nah an der holländischen Grenze. Er erwartet viel Kundschaft von dort, weil der Rabatt den Preisunterschied sehr groß macht. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

Fest steht wohl: Am Mittwochmorgen werden an vielen Tankstellen die Preise noch nicht runter sein. „Der Kraftstoff, der jetzt noch in den Tanks ist, wurde noch zu höheren Preisen eingekauft und muss erst abverkauft werden, bis die Spritpreise dann günstiger werden können“, sagt Tankstellen-Inhaber Andreas Schütter in Gladbeck. Bis zum Abend des 31. Mai sind die teuer befüllten Tanks an vielen Tankstellen noch nicht leer.

Und so kommt es, dass unter Inhabern und Pächtern zwei konkurrierende, ja einander ausschließende Prophezeiungen die Runde machen über den 1. Juni und die Tage darauf. „Ich würde nicht sagen, dass die Kunden in den letzten Tagen weniger getankt haben“, sagt Bahabir Böcek in Bochum. Er erwartet daher „Andrang, aber keinen Ansturm“ und begründet das so: „Wenn der Liter 2,15 Euro kostet und mit dem Rabatt 1,80, wissen die Leute immer noch, dass das teurer ist als vorher.“

Manche haben ihr Personal aufgestockt oder verlängern die Arbeitszeit

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In einer Zufallsumfrage ist das die Mehrheitsmeinung, aber es gibt auch die gegenteilige. Ein Pächter in Düsseldorf malt genau jenen Ansturm aus, lange Warteschlangen, gesperrte Fahrspuren, Polizei muss kommen; Holger Hetzel in Moers rechnet zumindest damit, dass „eine Menge auf uns zukommen wird“, aber „nicht schon morgens, eher im Feierabendverkehr, so ab 16 bis 17 Uhr“. Das wäre auch deshalb logisch, weil kein Rabatt ein Naturgesetz außer Kraft setzen kann: jenes, wonach Sprit morgens immer am teuersten ist.

Manche Pächter haben ihr Personal aufgestockt, andere ihren Leuten angekündigt, die Schicht könne länger ausfallen. „Wenn wir hier etwas mehr zu tun haben, werden wir das hinkriegen“, sagt ein Kollege cool. Wenn Sie sich gerade wundern über die vielen anonymen Menschen in dieser Geschichte: Mancher zieht sich zunächst auf die ausgegebene Sprachregelung zurück, Journalisten mögen sich an die Pressestelle wenden. Aber man kann ja einfach mal so plaudern.

Manche Menschen tanken auch gegen den Trend

Das Grusel-Szenario: lange Warteschlangen, weil der Sprit so biliig ist. Das Bild entstand in Castrop-Rauxel im März 2011.
Das Grusel-Szenario: lange Warteschlangen, weil der Sprit so biliig ist. Das Bild entstand in Castrop-Rauxel im März 2011. © WAZ FotoPool | REUTTER, Joseph-Wilhelm

Das Zapfhahn-Roulette. Szenarien kursieren durchaus von leergekauften Tankstellen und langen Warteschlangen. Oder von Kunden, die nach ewigem Warten in eine klitzekleine Preissteigerung geraten, als sie endlich dran sind. Denn das ständige Auf und Ab der Benzinpreise hört ja nicht auf, nur weil obendrauf ein Rabatt liegt. Man ahnt die Schlagzeile. „Benzin-Wut.“

Und dann gibt es die, die gegen den Trend tanken. Wie den Fahrlehrer Stefan Wulfekotte in Gladbeck, der am Dienstag entschlossen ist, abends nochmals alle Fahrzeuge vollzutanken: Sie müssen ja rollen, egal, was an den Tankstellen los ist. Auch einige Handwerker betanken am Dienstag noch schnell ihre Kastenwagen und Kombis, um beweglich zu bleiben, bis der Sturm vorüber ist, von dem niemand weiß, ob er kommt.

Rat: Vor der Rückkehr zur höheren Steuer nochmals volltanken

Der Rabatt auf die Energiesteuer zieht die Mehrwertsteuer mit herunter, deshalb die krummen Beträge. Er bleibt gültig bis zum 31. August. Expertinnen und Experten raten schon heute, kurz vorher noch mal vollzutanken. Oder genauer: Möglichst den Moment vor dem 31. versuchen abzupassen, an dem die Ölkonzerne beginnen, die Preise zu steigern, weil sie ja wissen, das bald viele Menschen tanken kommen.

Vom 1. September an gilt wieder der alte, höhere Steuersatz. Routinierte Autofahrer erwarten, dass der Preis sofort hochgeht um 35 Cent hier und 17 Cent da. „Das umgekehrte Argument, in den Tanks sei ja noch billiges Rest-Benzin, wird man dann nicht hören“, sagt einer von ihnen. Das Image ist so aus irgendwelchen Gründen.