Ruhrgebiet. Grundschüler sollen eine Corona-Impfung erhalten, sagt die Stiko. Sie änderte am Dienstag ihre Empfehlung. Kinderärzte und Virologen stimmen zu.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Corona-Impfung nun generell für Kinder ab fünf Jahren. Gesunde Fünf- bis Elfjährige sollten eine einmalige Immunisierung erhalten, vorzugsweise mit dem Wirkstoff Corminaty in reduzierter Dosis (10µg), hieß es am Dienstag. Bislang war die Impfung in dieser Altersgruppe nur Kindern mit bestimmten Vorerkrankungen oder Kontakt zu besonders Gefährdeten angeraten worden. Diese sollten laut Stiko nach wie vor mindestens zweimal immunisiert werden. Für Unter-Fünfjährige ist noch kein Impfstoff zugelassen.

Die Ständige Impfkommission verspricht sich von der einmaligen Impfung der Kinder eine sogenannte „hybride Basisimmunität“, eine bessere Immunität auch für diejenigen, die die Infektion – womöglich unbemerkt – bereits überstanden haben. Denn Infektiologen gehen davon aus, dass in Deutschland inzwischen fast jeder Kontakt mit dem Virus hatte, sich auch die Mehrheit der Kinder bereits mit Omikron infiziert hat. Wie lange eine durchmachte Infektion vor neuer Ansteckung schützt, ist aber unklar, dazu gibt es noch keine verlässlichen Daten.

Dunkelziffer derjenigen, die Corona bereits überstanden haben, vermutlich „sehr hoch“

Die Dunkelziffer von Kindern, die Infektion bereits überstanden haben, sei vermutlich „sehr hoch“, bestätigt Prof. Sebastian Voigt, Virologe der Universitätsmedizin Essen. „Eine Impfung reicht daher, sich auf den Herbst vorzubereiten. Sie schützt nicht nur die Geimpften, sondern hilft vielleicht auch, die nächste Welle zu bremsen.“ Schwere Verläufe bei Kindern sehe man selten, doch es müsse verhindert werden, dass erneut Ältere über sie infiziert würden. Die Impfung selbst hält Voigt trotz „vereinzelter nicht weg zu diskutierender Myokarditis-Fälle“ für „sicher, sonst hätte sie die Stiko nicht empfohlen“.

Kinderärzte reagierten durchweg erfreut: Dr. Folke Brinkmann etwa, Kinderpulmologin am Katholischen Universitätsklinikum Bochum, begrüßte die Entscheidung der Stiko explizit, sie verschaffe Praxen, Kliniken und Eltern endlich „wertvolle Klarheit“. Zahlreiche Familien seien wegen der ausstehenden Empfehlung unsicher gewesen und hätten die Impfung ihrer Kinder zurückgestellt. „Eine Impfung schützt vor schweren Verläufen, dieses Argument wiegt schwer.“

Lauterbach: Keinen Druck auf die Eltern ausüben

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte(BVKJ) betonte in einer Stellungnahme mit anderen Fachgesellschaften darüber hinaus, dass es aus Sicht der Kinder- und Jugendmedizin wichtig sei, Kindern die „indirekten Folgen einer Infektion“ zu ersparen: Isolation und Quarantäne. Deren Auswirkungen auf die kindliche Psyche seien gravierend gewesen, „so dass es notwendig und angemessen erscheint, dies zukünftig mit allen Mitteln zu verhindern.“

Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schloss sich am Rande des Deutschen Ärztetages in Bremen der Stiko-Empfehlung an. Er betonte aber, das keinesfalls Druck auf die Eltern ausgeübt werden dürfe, ihre Kinder impfen zu lassen. „Die Pandemie ist leider nicht vorbei“, erklärte Lauterbach zudem. „Wir werden im Herbst mit mehr Infektionen und neuen Varianten rechnen müssen“. Alles andere „wäre eine kollektive Dummheit und ein Skandal“.