Bochum. Smarte Helfer im Haus machen das Leben immer einfacher. Doch Forscher aus dem Ruhrgebiet warnen: Es drohen auch Gefahren.

Wenn Max Mustermann sein Haus betreten möchte, dann braucht er keinen Schlüssel mehr. Die Tür öffnet sich per Zahlencode und wenn er vergessen hat, sie abzuschließen, dann kann er das auch aus der Ferne mit Hilfe einer App auf seinem Handy machen. So wie er von unterwegs auch das Licht einschalten, die Überwachungskameras kontrollieren, die Jalousien herunterlassen oder die Klimaanlage hochfahren kann.

In Millionen Häusern hat die smarte Technik bereits Einzug gehalten.
In Millionen Häusern hat die smarte Technik bereits Einzug gehalten. © Getty Images/iStockphoto | Thanmano

Für Sauberkeit hat in seiner Abwesenheit der kleine runde Staubsauger gesorgt, der eigenständig durch die Wohnung geschnurrt ist. Und während Max sich aus den Zutaten, die sein Kühlschrank für ihn bestellt hat, sein Essen zubereitet, befiehlt er seinem Smart-Lautsprecher: „Spiel Musik zum Entspannen.“ Möglich macht das alles das Internet of Things (Internet der Dinge), kurz IoT genannt, in dem immer mehr Alltagsgegenstände über das Netz miteinander verbunden sind.

Das Internet der Dinge wird immer größer

Max Mustermanns Smart Home ist noch nicht die Regel im Ruhrgebiet aber längst kein Einzelfall mehr. „Das Internet der Dinge dringt unaufhaltsam in private Wohnbereiche vor“, bestätigt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Nadine Sudmöller vom Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) an der Universität in Bielefeld weiß auch warum. „Smarte Produkte können das Leben in vielen Bereichen leichter machen.“

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Aber sie haben auch ihre Tücken. „Wo diese Technik im Einsatz ist, sammelt sie Daten“, erklärt Martin Degeling vom Lehrstuhl für Systemsicherheit der Ruhruniversität Bochum. Über Lebensgewohnheiten, Wohnungsgröße oder TV-Vorlieben etwa. „Da kommen schnell jede Menge Infos zusammen.“ Jede einzelne für sich ist noch nicht problematisch. Wenn sie aber zentralisiert gesammelt werden, können sie viel verraten und so zum Beispiel personalisierte Werbeclips auf dem Fernseher einspielen, wie man sie bisher nur aus dem Internet kennt.

Nicht jede Sicherheitslücke wird geschlossen

Die meisten Nutzer, hat der IT-Experte festgestellt, „machen sich darüber keine großen Gedanken“. Aus Bequemlichkeit, weil es sie nicht interessiert oder weil sie sich auf die Hersteller verlassen. Ein Fehler. „Vor allem bei günstigen Geräten werden Sicherheitslücken in der Software von Firmenseite oft schon nach kurzer Zeit nicht mehr geschlossen.“

Dabei kann schon eine unsichere smarte Steckdose Unbefugten den Weg in das gesamte Netzwerk eines Hauses öffnen. So können sie Überwachungskameras ebenso übernehmen wie das Schließsystem oder die Heizungssteuerung. Und sie sehen – genau wie der rechtmäßige Nutzer – ob jemand zu Hause ist. Möglich ist es auch, all die vernetzten Geräte unbemerkt in ein so genanntes „Botnet“, also in eine große Menge infizierter Computer einzubinden, um Spam zu senden oder Viren zu verbreiten.

Manchmal holt man sich den Feind selbst ins Haus

Smarte Lautsprecher klingen gut, können aber manchmal schlecht hören.
Smarte Lautsprecher klingen gut, können aber manchmal schlecht hören. © dpa | Britta Pedersen

„Die Gefahren werden verkannt“, sagt Degeling und rät: „Wer sich smarte Geräte kauft, sollte sich auch damit befassen, sie zu schützen.“ Allgemeine Empfehlungen dazu gibt es unter anderem auf der Seite des BSI (www.bsi.bund.de).

Manchmal aber hat man sich den „Feind“ selber ins Haus geholt. So gehörte Degeling zu einem Forschungsteam des Horst-Görtz-Instituts für IT-Sicherheit der RUB, das Sicherheitslecks bei vielen der von Drittanbietern stammenden Gratis-Apps für die Amazon-Sprachassistenten Alexa nachweisen konnte.

Smart-Speaker mit Verständnisschwierigkeiten

Die kleine Lautsprecher selbst, die über eine kurze Wortkombination aktiviert wird, können sich - nicht nur bei Amazon - ungewollt durch das laufende TV-Programm einschalten und Gespräche aufnehmen. Das hat eine Forschergruppe der Ruhr-Universität Bochum und des Bochumer Max-Planck-Instituts für Sicherheit und Privatsphäre schon vor einiger Zeit bewiesen.

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Viele Fehler sind auf ähnlich klingende Worte zurückzuführen. Wurde im „Traumschiff“ ein „Daiquiri“ bestellt, fühlte sich das Apple-Gerät („Hey Siri““) angesprochen. Und ankerte die Crew vor Botswana, sprang auch die für Smart Speaker mittlerweile eingestellte Microsoft-KI „Cortana“ an. Google (Aktivierungswort OK, Google) reagierte auch aus „Ok Cool“ und wenn Alexa so eingestellt war, das es sich auf das Wort „Amazon“ hin einschaltete, sprang es auch bei der Wettervorhersage an, bei der es „am Sonntag“ viel Sonnenschein geben sollte.

Fitnessarmbänder liefern Beweise für Verbrechen

Smarte Geräte können allerdings auch helfen, Verbrecher zu überführten. In Australien und in den USA waren Daten aus Fitnessarmbändern und Smart-Watches bereits Beweismittel in Mordfällen. Durch sie konnte etwa belegt werden, wo sich Täter und Opfer aufgehalten hatten, oder dass eine Leiche bewegt wurde.

Auch in Deutschland konnte beim Mord an einer Studentin in der Tathergang durch eine Fitness-App auf dem Handy des Mörders rekonstruiert werden. Das Programm hatte nicht nur die Schritte gezählt, sondern auch Höhendistanzen aufgezeichnet. In manchen Fällen nennen die Fahnder einen Tatort dann auch nicht mehr Tatort. Bei ihnen heißt er „Smartort“.