Ruhrgebiet. Der Wald ist seit Corona eines der beliebtesten Ausflugsziele im Revier. Warum das langsam auch im Ruhrgebiet zum Problem wird.
Ob die Haard im Kreis Recklinghausen, die Kirchheller Heide in Bottrop, der Emscherbruch in Gelsenkirchen oder der kleine Forst am Rande des Vororts – je leerer die Städte in Zeiten von Corona wurden, desto voller wurde es in den Wäldern der Region. 2021 hatte sich die Waldbesucherzahl laut RVR an Werktagen verdoppelt, an Wochenenden und Feiertagen vervierfacht. „Manchmal“, erinnert sich Michael Zielkowski, Ranger in Diensten von Ruhr-Grün, „hatten wir das Gefühl, wir hätten hier verkaufsoffenen Sonntag.“
„Und wie voll ist es, seit die meisten Corona-Beschränkungen wieder aufgehoben wurden?“ Zielkowski überlegt kurz. „Nicht mehr so voll wie in der Pandemie“, sagt der dann. „Allerdings immer noch viel voller als vor Corona.“ Und deshalb gibt es auch immer noch mehr Probleme als damals.
„Die Einsicht ist nicht immer sehr groß“
Wo soll er anfangen? „Hundehalter“, sagt Zielkowski. Lassen ihren Vierbeiner gern ohne Leine laufen. Obwohl das in Naturschutzgebieten streng verboten und im übrigen Wald auch nicht besonders empfehlenswert ist. Die einen wissen das nicht, die anderen interessiert das nicht. „Ganz harmlos das Tier“, sagen sie, wenn die Ranger sie ansprechen. Und überhaupt zahle man schließlich Hundesteuer. „Die Einsicht ist nicht immer sehr groß“, erzählt der Waldschützer.
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Bei manchem Mountain-Biker ist sie das auch nicht. Obwohl es in vielen Wäldern speziell präparierte Strecken oder Biker Parks gibt, brettern sie immer wieder – zum Schrecken der Spaziergänger – mit hoher Geschwindigkeit die Wege hinunter oder – zum Schrecken der Tiere – gleich mitten durchs Gelände. „Da ist es schon oft zu kritischen Situationen gekommen.“
Camping-Müll wird oft „vergessen“
Wobei die Ranger festgestellt haben, dass auch mancher Fußgänger vom vorgesehenen Weg abkommt. Vor allem, wenn er - später im Jahr - mal wieder auf der Suche nach Pilzen ist. „Dann geht es kreuz und quer, durch die Botanik.“ Und wer unterwegs mal rastet, hinterlässt auch auch oft Spuren und „vergisst“ seinen Müll. „Es gibt mittlerweile richtige Hot-Spots“, erzählt der 55-Jährige.
Und dennoch: „Die meisten Waldbesucher benehmen sich gut“, sagt er. Und die, die das nicht tun, kennen sich oft einfach nicht aus. „Vielen ist es trotz Beschilderung gar nicht bewusst, dass sie sich in einem Naturschutzgebiet befinden und welche Regeln dort gelten.“ Deshalb versuchen es die Ranger zunächst auch im Guten. „Wir suchen das Gespräch.“ Und zwar eines im ruhigen Ton, in dem sie Unwissende auf ihre Fehler aufmerksam machen. Fruchtet das nicht, können sie auch „Knöllchen“ ausstellen – Maximum 55 Euro.
Grillen im Wald: „Das kann eine Katastrophe auslösen.“
Zwei Sachen aber gibt es, „da wird nicht diskutiert“, stellt Zielkowski klar. Grillen im ausgetrockneten Wald ist eines davon. Passiert nicht täglich, kommt aber regelmäßig vor. „Das kann eine Katastrophe auslösen“, warnt der Ranger. Und wenn es brennt im Wald oder auch nur jemand stürzt unterwegs, dann müssen die Rettungskräfte freie Fahrt haben. Bei Autos, die vor Absperrschranken oder auf Waldwegen verbotenerweise geparkt werden, kennen die Ranger dann auch keine Gnade: „Werden sofort abgeschleppt.“ Kommt aber nicht oft vor, sagt Zielkowski.
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„Grundsätzlich freuen wir uns sehr, dass wieder mehr Menschen in den Wald kommen“, stellt Juliane Saebel, Stellvertretende Betriebsleiterin Ruhr-Grün klar. Schließlich sei der Forst ja öffentliches Gut. Aber auch sie bittet die Besucher, nicht querfeldein zu stampfen. Nur weil man keine Tiere sehe, bedeute das nicht, dass keine Tiere da seien. „Sie bemerken die Menschen nur viel früher als umgekehrt. Und dann suchen sie das Weite.“ Bleibe man als Spaziergänger auf den Wegen, sei die Chance viel größer, Tiere beobachten zu können. „Dass dort Menschen stehen, daran haben die sich gewöhnt und flüchten nicht.“
Kindern die Natur näher bringen
Für Michael Zielkowski ist das Comeback des Waldes dann auch „eine echte Chance“, Kindern die Natur wieder näher zu bringen. „Gerade im Ruhrgebiet“, hat er bei seiner Arbeit immer wieder festgestellt, „gibt es viele, die haben noch nie ein Reh in freier Wildbahn gesehen.“