Ruhrgebiet. Trotz Rekordinzidenzen sind weitere Lockerungen geplant. Soll man sich jetzt die vierte Impfung abholen?

Die Corona-Inzidenzen im Land steigen weiter. Und immer mehr Menschen fragen sich: Wie wichtig ist die vierte Impfung für mich? Das sollten Sie wissen.

Rechnet frühestens im Sommer mit einem an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff: Prof. Dr. Ulf Dittmer , Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum
Rechnet frühestens im Sommer mit einem an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff: Prof. Dr. Ulf Dittmer , Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Was sagt die Ständige Impfkommission (Stiko) zur vierten Impfung?

Sie hat inzwischen eine Empfehlung zur vierten Corona-Impfung ausgesprochen. Demnach sei eine zweite Auffrischungsimpfung für Personen ab 70 Jahren, Bewohnern von Alten- oder Pflegeheimen sowie für Menschen mit Immunschwäche ab fünf Jahren sinnvoll. Sie sollen die insgesamt vierte Impfdosis frühestens drei Monate nach der ersten Auffrischung erhalten.

Prof. Ulf Dittmer, Chefvirologe am Uniklinikum in Essen, findet allerdings: „Die Empfehlung könnte ausgeweitet werden. Die vierte Impfung kann auch bei 50- und 60- Jährigen die Hospitalisierungsrate auf Normalstationen senken – selbst wenn diese Menschen nach der dritten Impfung sehr selten schwer an Covid-19 erkranken.“ Die Krankenkassen raten: Sprechen Sie am besten mit Ihrem Hausarzt oder Experten im Impfzentrum.

Was ist mit dem Personal von medizinischen Einrichtungen und Pflegewohnheimen?

Auch für sie wird die zweite Auffrischung empfohlen – allerdings frühestens sechs Monate nach dem ersten Booster.

In Israel gibt es Viert-Impfungen schon: Wie sind da die bisherigen Erfahrungen?

„Die vierte Impfung bietet wieder einen Schutz von einigen Monaten vor einer Infektion“, sagt Dittmer. „Außerdem verhindert es die allermeisten Hospitalisierungen auf der Normalstation, wenn die Geimpften ein normal funktionierendes Immunsystem haben.“

Wie weit sind die Unternehmen bei der Entwicklung angepasster Impfstoffe?

Auf jeden Fall hinter ihrem ursprünglichen Zeitplan. Entgegen seiner früheren Ankündigung, das Vakzin könnte schon Ende März verfügbar sein, erklärte Biontech-Chef Ugur Sahin vor einigen Wochen in Interviews, der Auslieferungstermin werde im April oder Mai sein. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) müsse nämlich länger als geplant auf die für die Zulassung benötigten Daten warten. Noch deutlich später könnte der angepasste Impfstoff von Moderna auf den Markt kommen. Der US-Impfstoffhersteller geht derzeit von einem Omikron-spezifischen Booster im August aus.

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Sollte man mit der vierten Impfung dann nicht lieber warten, bis ein Impfstoff auf dem Markt ist, der an die Omikron-Varianten angepasst ist?

„Nein“, sagt Dittmer und verweist auf die Verzögerungen bei der Zulassung: „Der angepasste Impfstoff wird frühestens im Sommer kommen.“ Nicht nur das: „Er war in Tierexperimenten bisher nicht besonders erfolgreich“, weiß der Virologe. Bei einer bislang lediglich als Vorab-Veröffentlichung vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit verglichen die Forschenden die Boosterwirkung einer „normalen“ Moderna-Impfung mit dem Effekt, den eine Impfung mit der Omikron-spezifischen Variante auslöst. Das Ergebnis in nicht wissenschaftlichen Worten: Die Wirkung war gleich.

Für Robert Seder, Mitautor der Studie und Immunologe am US National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda, ist das erst einmal eine gute Botschaft: „Es bedeutet, dass wir immer noch in der Lage sind, alle bekannten Varianten mit einer Auffrischungsimpfung mit den aktuellen Impfstoffen abzudecken.“

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Müssen wir damit rechnen, dass wir immer wieder eine Auffrischungsimpfung benötigen? Oder könnte es bei jungen Menschen irgendwann so weit sein, dass sie im Laufe der Jahre durch (milde verlaufende) Infektionen eine Grundimmunisierung erreichen?

„Viele Geimpfte werden sich durch das Auftreten von Omikron mit milder Symptomatik infizieren. Das ist schon jetzt häufig“, weiß Dittmer. Das führe zu einem starken Boost und der Verbreiterung der Immunantwort. „Dass diese Menschen weiterhin Auffrischungsimpfungen zum Beispiel im nächsten Winter brauchen werden, ist unwahrscheinlicher als bei Menschen, die bisher nur geimpft wurden.“