Ruhrgebiet. Eine Woge der Hilfsbereitschaft hat das Ruhrgebiet erfasst. Wer Sachspenden für die Ukraine sammelt, wird in kürzester Zeit überrollt.

Alle Wege führen zur Grenze. Wo die Festung Europa vor wenigen Tagen die Zugbrücke herunterließ, kommen jetzt ukrainische Flüchtlinge durch. Doch auch andersherum wird ein Strom daraus: Hilfsgüter fließen in die Ukraine, Hilfsgüter ohne Ende. Auch aus dem Ruhrgebiet natürlich. Die Dimension am Beispiel Duisburg: 20 Tonnen gesammelt. In wenigen Stunden.

„Sagenhaft“, sagen sie. „Beispiellos.“ „Unvorstellbar.“ Alle, die in diesen Tagen eine Hilfsaktion für die Menschen der Ukraine angestoßen haben, sind jetzt mal auf positive Weise fassungslos. Es kommt so viel. Man sieht das ganz gut an der Spendenannahme der „Gesellschaft Bochum-Donezk“: Normalerweise ist die Halle nur donnerstags geöffnet, jetzt jeden Nachmittag außer sonntags. Und die Leute kommen und kommen.

„Jeden Tag erreichen uns hunderte Fragen, jede Art Hilfe zu leisten“

Helfer in Duisburg sortieren und verpacken die Sachspenden, um sie für den Weitertransport vorzubereiten.
Helfer in Duisburg sortieren und verpacken die Sachspenden, um sie für den Weitertransport vorzubereiten. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Hier und andernorts. „Allein am Montag hatten wir von 7.30 Uhr bis 13 Uhr 100 Anrufer“, sagt Uwe Bestmann von der Gelsenkirchener „Task Force Flüchtlingshilfe“, die Sachspenden sammelt. „Es war überwältigend“, sagt Emilia Vodyana, die mit ihrem Sohn von Bochum aus sammelt.

Und aus der Vogelperspektive der ukrainischen Generalkonsulin in Düsseldorf sieht es eigentlich genauso aus: „Jeden Tag erreichen uns Hunderte Fragen nach Möglichkeiten, jede Art Hilfe zu leisten“, sagt Iryna Schum.

Pendelverkehr zur Grenze bringt Frauen und Kinder heraus und Hilfsgüter hinein

Sachspenden für die Ukraine, das ist der allgemeine Schwerpunkt, viele sind spezialisiert: sammeln Medizin- und Hygieneartikel, Nudeln und Fleischkonserven, Windeln und Verbandszeug. Oder bitten um Geldspenden wie Mülheimer Apotheker: Geld sei manchmal sinnvoller, heißt es, damit Hilfsorganisationen die benötigten Dinge palettenweise einkaufen und zur Grenze bringen können.

Das ist der klassische Weg gerade, ins Land hinein will ja kaum jemand außer den freiwilligen, aus der Ukraine stammenden Männern, die in den Krieg ziehen. Und so fahren nun vollgepackte Laster, Kleinlaster und Busse vom Ruhrgebiet an die polnische Ostgrenze. Dort werden die Sachen umgeladen auf Fahrzeuge aus dem ukrainischen Binnenland, etwa aus Lemberg, knapp 90 Kilometer entfernt. In einer Art humanitärem Pendelverkehr haben diese Abholer zuvor Frauen und Kinder mitgebracht, die dann über die Grenze nach Polen gehen. Menschen in Sicherheit, Fahrzeug wendet, Hilfe unterwegs.

Deutsche und Ukrainer helfen, Türken und auch einige Russen

„Witten ist unheimlich solidarisch“, sagt Nataliya Koshel.
„Witten ist unheimlich solidarisch“, sagt Nataliya Koshel. © FUNKE Foto Services | Biene Hagel

Sammelnd und transportierend engagieren sich hier bei uns Mülheimer Ärzte und Essener Wirtinnen, Busunternehmer aus Bottrop und Vereinsvorsitzende aus Essen, Rechtsreferendarinnen aus Recklinghausen, Kirchengemeinden, Hilfsorganisationen und Gewerkschaften. Und das sind längst nicht alle: Ganz normale Menschen die meisten, Deutsche und Ukrainer, Türken und vereinzelt auch Russen, quer durch die Region, gestern, heute, morgen. Es ist der Wellenschlag der Hilfsbereitschaft.

„Wenn es darauf ankommt, stehen die Menschen in Herne Schulter an Schulter, um zu helfen“, sagt dort Sabine Mielke. „Witten ist unheimlich solidarisch“, sagt dort Nataliya Koshel. Und Emilia Vodyana sagt: „Danke, Bochum.“ Danke, Ruhrgebiet!