Essen/Wesel. Wer mit Omikron infiziert ist, für den gelten andere Quarantäneregeln. Aber wie lässt sich die Mutation erkennen?

Positiv. Erst der Schnelltest, dann auch der PCR-Test. Seitdem sitzt Jutta Weber (Name geändert) in Quarantäne und ist ratlos. Weil niemand ihr bisher sagen kann, ob sie an der Delta-Variante oder der Omikron getauften Mutation erkrankt ist. Dabei sind die Quarantäneregeln in beiden Fällen völlig unterschiedlich.

Nicht jedes Labor kann sequenzieren

Selbst das zuständige Gesundheitsamt des Kreises Wesel kann nach Webers Erzählungen nicht helfen. Es hat zwar angerufen, wollte aber von Weber wissen, an welcher Variante sie denn erkrankt sei. Ob sie denn bitte noch einmal im Labor nachfragen könne, das den Test gemacht habe. Konnte Weber, hat aber nichts gebracht.

Test-Labore arbeiten seit Monaten auf Hochtouren.
Test-Labore arbeiten seit Monaten auf Hochtouren. © dpa | Daniel Karmann

Sequenzierungen, mit denen sich genau bestimmen lässt, um welche Variante es sich handelt, mache man nicht, wurde ihr bei diesem Anruf mitgeteilt. Könne man gar nicht. Werde wohl die Delta-Variante sein, gab man ihr zum Abschied mit auf den Weg.

„Und wenn nicht?“, fragt Weber. Dann müssten zumindest alle Menschen, die in der letzter Zeit Kontakt zu ihr hatten, 14 Tage in Quarantäne – egal ob sie geimpft oder genesen sind und ohne Möglichkeit, sich freizutesten. „Das kann doch nicht sein.“

Proben werdenzufällig ausgewählt

Kann es eigentlich auch nicht, stimmt Andreas Bobrowski zu. Natürlich sei es in jedem einzelnen Fall extrem wichtig, so früh wie möglich zu wissen, mit welcher Virus-Variante man es zu tun habe, bestätigt der Vorstandsvorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Laborärzte. „Und eigentlich funktioniert das auch.“

Am besten lässt sich das mit der schon erwähnten Sequenzierung machen, bei der – vereinfacht gesagt – die Reihenfolge (Sequenz) bestimmter Bausteine aufgeklärt wird, die sich je nach Mutation unterscheidet. Nach Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) werden in Deutschland bei mehr als 70.000 Neuinfektionen pro Woche fünf Prozent der positiv Getesteten „Voll-Genom-sequenziert“, darunter sind es zehn Prozent.

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Ausgewählt werden die Proben dabei zufällig; sie können in bestimmten Fällen aber auch von den Gesundheitsbehörden angeordnet werden. Bei Reiserückkehrern aus Südafrika war das zum Beispiel bisher oft der Fall. Aber die Stadt Bochum etwa lässt auch bei allen von ihr in Auftrag gegeben Tests – etwa bei Corona-Fällen in Seniorenheimen oder Kindergärten -- sequenzieren.

Variantendiagnostik liefert erste Erkenntnisse

In einigen anderen Ländern liege die Zahl der Sequenzierungen höher, räumt Bobrowski ein. „Aber das bedeutet nicht, dass wir im Blindflug durch die Pandemie irren“, stellt er klar. „Es gibt ja auch noch die Variantendiagnostik.“ Eine ihrer Methoden, die Bobrowski nutzt, ist die sogenannte Schmelzkurvenanalyse, bei der die DNA „aufgeschmolzen“ wird, indem man ihre Temperatur langsam und kontinuierlich erhöht. „Die machen wir bei jedem positiven PCR-Test.“

Vorteile dieser Analyse sind geringe Kosten und ihre Schnelligkeit. Während es bei der Sequenzierung mehrere Tage dauern kann, bis ein Ergebnis vorliegt, wissen die Experten bei der Schmelzkurvenanalyse schon nach Stunden, welche Variante gefunden worden ist. Die Ergebnisse sind zwar nach Erfahrung von Wissenschaftlern nicht ganz so präzise „aber ich kenne kaum Fälle, in denen sich die Einordnung bei einer späteren Sequenzierung nicht bestätigt hätte“, sagt der Chef der Laborärzte.

Auf einem Computerbildschirm i wird die DNA-Analyse eines mutierten Coronavirus angezeigt. Die Stelle der Veränderung im Viruserbgut wird durch die Striche markiert.
Auf einem Computerbildschirm i wird die DNA-Analyse eines mutierten Coronavirus angezeigt. Die Stelle der Veränderung im Viruserbgut wird durch die Striche markiert. © dpa | Sebastian Gollnow

Nicht jedes Labor könne solche Analysen machen, sagt Bobrowski. „Aber dann werden die Proben dafür an andere Labore weitergeleitet, die es können.“ Die Resultate der Variantendiagnostik werden in der Regel auch automatisch an die Hausärzte und Gesundheitsämter geschickt.

Amt geht voneinem Missverständnis aus

Das bestätigt am Mittwoch auch das Gesundheitsamt in Wesel. „Sollte ein Fall der Omikron-Variante labortechnisch nachgewiesen werden, so wird er uns über das Meldesystem gemeldet.“

Bei der Frage an Weber, an welcher Virusvariante sie denn erkrankt sei, scheint das Amt von einem Missverständnis der Angerufenen auszugehen. Man frage beim telefonischen Kontakt mit infizierten Personen lediglich nach, ob sie Kontakt mit einer Person hatten, bei der bereits Omikron bestätigt ist. „Solange die Omikron-Variante nicht nachgewiesen ist“, heißt es aus dem Amt, „gelten die Quarantäneregeln für die Deltavariante.“