Dortmund. Am ersten Adventssamstag blieb der erwartete Ansturm auf die Innenstädte im Ruhrgebiet aus. Doch nicht nur deshalb sind viele Händler besorgt.

Die Vorhersage hat Regen angekündigt, doch um kurz nach zehn Uhr morgens scheint die Sonne an der Dortmunder Universität. Hier findet fast jeden Samstag einer der größten Trödelmärkte des Reviers statt. Doch wo sich sonst zehntausende Besucher drängeln, um sich mit Kaffee und Süßigkeiten, mit Blumen und Kosmetik einzudecken oder um Schnäppchen aus privater Hand zu machen, verlieren sich an diesem Tag ein paar hundert Bummelnde zwischen einigen Dutzend Ständen auf dem großen Parkplatz.

„Wir haben uns auch gewundert“, sagen zwei junge Frauen, die an ihrem Stand „Gut erhaltene Kinderkleidung“ anbieten. „Sonst ist viel mehr los, gerade vor Weihnachten. Vielleicht liegt es ja doch am Wetter.“ Das glaubt Lea Burandt, die regelmäßig ihren Stand hier aufbaut, nicht. „Es wird schon seit ein paar Wochen immer weniger – bei Händlern wie bei Besuchern.“

Sorgen, dass die Trödelmärkte wieder dichtgemacht werden

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Erst recht, seit beim Trödeln 2G gilt, das hier auf dem Markt stichprobenartig kontrolliert wird. Wer kommen darf, ist also geimpft oder genesen, aber auch unter ihnen vermehrt sich die Sorge vor der neuen Mutation so schnell wie das Virus selbst. „Fast alle sprechen von diesem Omikron oder wie das heißt“, sagt ein junger Mann, der Blumen verkauft. Eine seiner Kundinnen nickt. „Was man davon so hört in den Nachrichten, macht mir große Angst. Langsam habe ich das Gefühl, Corona hört nie mehr auf.“ Das fürchtet Burandt zwar nicht, dennoch ist sie überzeugt: „Die Behörden machen die Trödelmärkte wieder alle dicht.“

Ortswechsel: Kurz nach Mittag in der Dortmunder City. Parkplätze gibt es sogar unmittelbar am Hellweg noch reichlich – sowohl in Parkhäusern als auch an der Straße. Natürlich ist die Fußgängerzone nicht leer, aber sie ist auch weit entfernt von einem 1. Adventssamstag, wie man ihn früher kannte. „Meine Kinder bestellen aus Bequemlichkeit nur noch im Internet“, erzählt Monika Wittrich (62), während sie an der Kasse in einem Bekleidungsgeschäft wartet. „Und in meinem Bekanntenkreis haben viele wieder Angst, in die Stadt zu gehen“.

Erst mit Einbruch der Dunkelheit wird es voller auf dem Hellweg in Dortmund.
Erst mit Einbruch der Dunkelheit wird es voller auf dem Hellweg in Dortmund. © Andreas Buck / FUNKE Foto Services

Großer Andrang am Black Friday

Wer die nicht hat, war womöglich einen Tag zuvor schon da. Am „Black Friday“, wie mittlerweile auch der Handel in Deutschland diesen Freitag nennt, an dem er mit zahlreichen Sonderangeboten lockt. „Voll bis zum Abwinken“, erzählt der Verkäufer eines Elektromarktes. Und die Bedienung eines großen Jeansladens hat für den Andrang am Tag zuvor nur zwei Worte: „Echt krass.“

So voll es in vielen Geschäften am Freitag auch gewesen sein mag, draußen auf dem Hellweg war weniger los, als am 1. Adventssamstag. Nach Daten des Unternehmens hystreet.com, das per Laserscanner die Zahl der Menschen in ausgewählten Einkaufsstraßen misst, lag die Zahl der Innenstadtbesucher am Samstag mit rund 96.000 um circa 10.000 höher als am Freitag. Auch in Essen und Bochum, wo hystreet ebenfalls misst, war die Stadt am Samstag voller als am Freitag.

Schlangen nur vor den Geldautomaten

Trotzdem gibt es zumindest in Dortmund Schlangen nur vor den Geldautomaten der Banken oder kleineren Läden, die jeweils nur zwei oder drei Kunden gleichzeitig hinein lassen. Abstand halten ist ansonsten kein Problem, in den Gängen der Shopping-Malls könnte man zeitweise sogar problemlos Inline fahren, wenn das erlaubt wäre. „Ruhig bisher“, heißt es fast überall, wo man fragt.

„Katastrophal“ nennt Helmut Weber den Umsatz auf dem Weihnachtsmarkt.
„Katastrophal“ nennt Helmut Weber den Umsatz auf dem Weihnachtsmarkt. © Andreas Buck / FUNKE Foto Services

Ruhig? „Katastrophal“, nennt Helmut Weber die Situation. Er verkauft seit 30 Jahren ausgefallene Weihnachtsfiguren, Uhren und Kugelschreiber. „Schöne Sachen“, findet nicht nur Weihnachtsmarktbesucherin Claudia Niemeier. „Wer kommt, der kauft“, sagt Weber. Nur kommen viel zu wenige. „Die Holländer fehlen. und auch sonst ist meist kaum etwas los.“

In Münster, wo eine Angestellte einen weiteren Stand betreibt, „zahle ich jeden Tag drauf“. Für ihn wäre es besser, wenn die Weihnachtsmärkte schließen würden. „Besser heute als morgen.“ Denn da könne er zumindest wieder auf staatliche Hilfen hoffen, erklärt Weber. „Damit bin ich im vergangenen Jahr über die Runden gekommen.“

„Einen trinken wir noch“

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Mehrheitsfähig ist diese Meinung bisher nicht. „Bloß keinen neuen Lockdown“, sagen viele Händler, ahnen aber, dass es genau darauf hinaus laufen könnte. „Diese Mutation wird die Karten wohl neu mischen“, macht man sich hinter dem Tresen eines Glühweinstandes keine Illusionen. „Und unser Blatt wird dabei nicht besser werden.“

Das sieht man vor der Theke, wo es – wie in der gesamten Innenstadt – mit Einbruch der Dunkelheit spürbar voller geworden ist, ähnlich. „Einen trinken wir noch“, sagt einer aus einem Männerquartett. „Wer weiß, ob wir das in diesem Jahr noch einmal können.“