Essen. Wegen der 3G-Pflicht am Arbeitsplatz haben sich lange Schlangen vor Corona-Testzentren in NRW gebildet. Für Betriebe bleiben noch Fragen offen.

Lange muss Sebastian Pinnow nicht auf den ersten Besucher warten, als er um sechs Uhr morgens sein Drive-In-Testzentrum in Rheinberg öffnet. Denn wer zur Arbeit möchte, muss seit Mittwoch einen 3G-Nachweis vorlegen. Was für Immunisierte größtenteils kein Problem darstellt, bedeutet für Ungeimpfte einen großen Aufwand. Da Corona-Schnelltests nur 24 Stunden gültig sind, steht der Gang oder die Fahrt zur Teststelle auf der täglichen To-Do-List vieler Menschen in Nordrhein-Westfalen – noch vor der Arbeit.

Schon am Dienstagnachmittag, kurz nachdem Gesundheitsminister Laumanndie neuen Corona-Regeln verkündet hatte, fuhren die ersten Wagen auf das Gelände des Testzentrums. „Mit so einem Run haben wir nicht gerechnet“, gibt Betreiber Pinnow zu. Auch am darauffolgenden Morgen ebbte der Ansturm nicht ab – im Gegenteil.

3G am Arbeitsplatz: Sechs mal mehr Corona-Tests am frühen Morgen

Vor der 3G-Pflicht am Arbeitsplatz seien im Schnitt 40 Leute in der Zeit von sechs bis neun Uhr in die zwei Testzelte gekommen. „Heute waren es 250. Und es wären noch mehr, wenn wir unsere Kapazität weiter hochfahren würden.“ Zwischenzeitlich hätte es sogar eine Warteschlange von 15 Fahrzeugen über den gesamten Parkplatz gegeben, so Pinnow.

Unter den Getesteten seien viele Beschäftigte aus dem Handwerk oder der Logistik gewesen. Da deren Arbeitstag oft schon früh beginnt, seien sie auf ein noch frühere Corona-Tests angewiesen. Daher passt Pinnow seine Öffnungszeiten an: schon bald geht es für ihn und sein Team um 5 Uhr los.

3G am Arbeitsplatz: Viele Teststellen passen extra ihre Öffnungszeiten an

Diesen Schritt wird auch die Glocken-Apotheke in Essen gehen. Bislang öffnet die Teststelle in Rüttenscheid, in der sowohl Schnelltests als auch PCR-Tests durchgeführt werden, erst um 8 Uhr. Doch angesichts des „spürbaren Andrangs“ am Mittwoch möchte Junior-Chef Jan Bas ebenfalls früher anfangen.

Eine bestimmte Rush-Hour könne er nicht benennen: „Es ist immer viel los. Ich würde empfehlen, in der Mittagspause zu kommen, da ist es relativ ruhig.“ Morgens und nachmittags könne es länger dauern.

IHK: Große Unsicherheit bei NRW-Betrieben wegen 3G am Arbeitsplatz

Wem das zeitlich zu knapp ist, der muss darauf hoffen, dass der Arbeitgeber ein eigenes Testangebot auffährt. Dazu seien immer mehr Betriebe bereit, um einen neuen Lockdown zu verhindern, wie eine Sprecherin der Industrie- und Handelskammern in NRW erklärt: „Es ist aber schwierig, geschultes Personal für die Tests zu finden.“ Ein weiteres Problem sei für viele Unternehmen die 3G-Pflicht in Bussen und Bahnen. Auf die seien einige Mitarbeiter nämlich angewiesen, um überhaupt zu einem Testzentrum zu kommen.

Schwierig wird es auch bei Arbeitenden aus anderen Ländern ohne Corona-Impfung. Diese haben in Deutschland nämlich kein Recht auf kostenlose Bürgertests. Dementsprechend müssen sie die Tests selbst zahlen, um zur Arbeit zu kommen. Der Arbeitgeber muss diese Kosten – in manchen Testzentren immerhin 15 Euro am Tag – nicht zwingend übernehmen, kann es aber. „Es gibt also noch viel Unsicherheit und viele Fragen ohne Antwort“, so die IHK-Sprecherin. „Fest steht aber: Je mehr Arbeitnehmer sich impfen lassen, desto leichter wird es auch für die Betriebe.