Neuss. „Moonbar“ startete als Schülerprojekt und ist heute ein professionelles Start-up: Drei Neusser wollen jetzt den Süßigkeiten-Markt aufmischen.

März 2020. Deutschland im Lockdown. Die Schulen sind zu. Und plötzlich haben Leon Gilges, Alina Schrainer und Christian Spinnrath sehr viel Zeit. Die drei Schüler, damals waren sie 15 Jahre alt, wollten nicht ihre Tage mit Netflix und Social Media verbummeln. Vielmehr suchten sie nach einer Aufgabe für die Corona-Zeit.

Bei einem Ausflug in den Supermarkt standen sie vor dem Süßigkeiten-Regal. Vor ihnen in den Regalen lagen Unmengen an Schokoriegeln. Jede Menge Kalorien, in Plastikfolie verpackt. Gesunde Alternativen, etwa Müsli-Riegel, waren zwar auch im Sortiment. Sie waren aber wenig attraktiv – auch sie enthielten reichlich Zucker. „Da hatten wir unsere Aufgabe gefunden“, sagt Leon Gilges (17). „Wir wollten einen eigenen Schokoriegel entwerfen.“ Das einzige Problem: Keiner der drei Schüler hatte eine Ahnung, wie das überhaupt geht.

Leons Eltern stellten ihre Küche zur Verfügung. Jetzt konnte das Trio experimentieren. „Wir haben zunächst einfach alles, was wir lecker fanden, in einen Topf geschmissen, erhitzt und umgerührt“, erzählt Alina Schrainer (17). „Das war aber nicht sehr zielführend. Das Ergebnis war kein Riegel, sondern vielmehr eine Riegel-Suppe.“

Auch interessant

Hilfe von der Oma

Sieht lecker aus: der Schokoriegel von „Moonbar“.
Sieht lecker aus: der Schokoriegel von „Moonbar“. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Leon, Alina und Christian wurde klar: Wenn das Riegel-Projekt etwas werden soll, dann brauchen sie Hilfe. Von einem Experten. Oder besser: einer Expertin. Und die gab es in der Familie. Alinas Großmutter Elisabeth wollte früher einmal Bäckerin werden. Da wurde zwar nichts draus, aber für ihre Backkünste war „Oma Lisa“ dennoch berühmt. „Ich bin stolz auf die junge Generation und habe sie gerne mit meiner Backerfahrung unterstützt“, sagt sie.

Bald stand ein Ergebnis, mit dem alle Beteiligten mehr als zufrieden waren. Die Geschmacksrichtung: Dattel-Kokos. Auch ein Name und ein Motto waren schnell gefunden: „Moonbar – Geschmack vom anderen Stern“. Und den beschreibt Leon Gilges wie folgt: „Der Riegel schmeckt intensiv nach Kokos, hinzu kommt eine leichte Schokoladennote und die Dattel sorgt fürs nötige Fruchtaroma“. Kurz: „Nachhaltig, gesund und lecker“ sei der vegane Riegel, der eigentlich gar kein klassischer Schokoriegel ist. „Es ist eher ein kleiner Kuchen, da er nicht gepresst, sondern gebacken wird. Das sorgt für eine angenehm weiche Konsistenz“, erklärt Leon.

Auch interessant

Die Luftschiffgesellschaft WDL hat eine Junkers
Von Frank Meßing (Text)und Lars Heidrich (Fotos)

Am Stiel gereicht

In der Familie, bei Freunden und Bekannten kam der „Moonbar“, der übrigens wie ein Eis am Stiel gereicht wird, sehr gut an. Den drei Riegel-Erfindern wurde klar: Ihre Idee hat großes Potenzial. Im Frühjahr 2020 suchten sie bei der Online-Crowdfunding-Plattform „Startnext“ nach Unterstützern – und in kurzer Zeit sammelten sie von ihnen 15.000 Euro Startkapital ein. Im Gegenzug versprachen sie, die Geldgeber mit Riegeln zu versorgen, sobald ihr Produkt marktreif ist. Mit dem frischen Kapital konnten die Schüler dann ein Institut beauftragen, das die Nährwerte und die Haltbarkeit des Riegels ermittelte.

Die Nachfrage stieg. Erste Supermärkte in der Region Neuss wurden auf das Schülerprojekt aufmerksam und legten die „Moonbar“-Riegel in ihre Regale. Bald reichte die Küche von Leons Eltern nicht mehr aus, um genügend Nachschub zu produzieren. „Wir hatten dann das Glück, in eine Kochschule wechseln zu können“, erzählt Alina. „Oft kam es vor, dass wir bis drei Uhr morgens mit meiner Oma gebacken haben.“

Auftritt im Fernsehen

Ein riesen Schub für das Projekt war die Vox-TV-Show „Die leckerste Idee Deutschlands“, bei der die drei jungen Leute aus Neuss am Ende den zweiten Platz belegten. Ohne allzu große Erwartungen hatten sich die Schüler im September 2020 bei dem Fernsehsender beworben. Und mit der Einladung zu der Sendung standen sie nun vor ganz neuen Herausforderungen.

„Wir haben dann erst einmal eine Firma gegründet“, sagt Leon Gilges. Da aber noch keiner der drei Schüler volljährig war, wurde kurzerhand Leons Mutter zur Geschäftsführerin der „Look for a Green Planet GmbH“ ernannt.

Es blieb aber noch eine weitere Herausforderung: Zum Zeitpunkt der Ausstrahlung der Sendung „Die leckerste Idee Deutschlands“ September 2021 sollten 50.000 „Moonbar“-Riegel an den Handel geliefert werden. „Da war uns klar: Das schaffen wir nicht alleine“, sagt Alina. Die Lösung: Die Schüler holten einen Mittelständler aus der Region ins Boot, der nach ihren Vorgaben und ihrem Rezept den Riegel in größerem Stil herstellen kann.

Ein weiterer Motivationsschub für die jungen Gründer war die Teilnahme an dem bundesweiten Wettbewerb „Start-up Teens“. Mehr als 650 Start-up-Ideen waren in der ersten Runde dabei, 21 kamen ins Finale. Der „Moonbar“ ging in der Kategorie „Consumer Products“ als Sieger hervor. Zudem haben sie inzwischen eine vielversprechende Kooperationsvereinbarung mit dem Aachener Fruchtaufstrich-Hersteller Zentis unterschrieben.

„Wir wollen weiter wachsen“

Der Plan für die Zukunft, sagt Leon, lautet: „Weiter wachsen“. Das Vertriebsnetz soll ausgebaut werden, eine neue Geschmacksrichtung soll bis Anfang 2022 fertig sein und es werde eine Bio- beziehungsweise Fair-Trade-Zertifizierung des Riegels angestrebt.

Zugleich bereiten sich die drei Schüler aufs Abitur vor. „Stressig“ sei die Doppelbelastung schon, zugleich aber auch „eine tolle Erfahrung“. Nach der Schule wollen sie dann studieren – aber das erste Jahr nach dem Abschluss sei allein für „Moonbar“ reserviert. „Wir sehen ja jetzt schon, was möglich ist, wenn wir uns diesem Projekt in Teilzeit widmen“, sagt Leon. „Bald können wir zeigen, was noch alles geht, wenn wir uns in Vollzeit darum kümmern.“

Das ist ein Artikel aus der Digitalen Sonntagszeitung – jetzt gratis und unverbindlich testlesen. Hier geht’s zum Angebot:GENAU MEIN SONNTAG