Essen. Sie war zwölf Jahre alt, er 37. Den Sex mit ihr nennt er Liebe. Jetzt muss der Essener sich vor Gericht verantworten.

Von einer Art Liebe spricht der angeklagte Essener. Aber der Altersunterschied zu dem Mädchen aus dem Südwesten Deutschlands spricht eigentlich gegen eine gefühlsbetonte Beziehung gleichaltriger Partner. 37 Jahre alt war er zur Tatzeit, zwölf das Mädchen. Schwerer sexueller Missbrauch in vier Fällen ist vor der V. Jugendstrafkammer am Essener Landgericht angeklagt.

Den vierfachen Geschlechtsverkehr mit dem Kind räumt der Angeklagte ein. "Ganz klar, ich habe Scheiße gebaut", räumt er am Ende des ersten Verhandlungstages in seinem letzten Wort ein. Und ergänzt: "Da kann ich nicht um Vergebung bitten."

Mädchen über Onlinespiel kennengelernt

Über ein Onlinespiel hatte der Mann aus dem Stadtteil Bochold das Mädchen im Sommer 2020 kennengelernt. Sie sei depressiv gewesen, habe ihm von Selbstmordplänen erzählt. Er habe ihr Mut gemacht, sagt er, habe sie aufbauen wollen.

Die Anklage spricht von eindeutig sexuellen Dialogen. Mit drastischen Worten soll er der Zwölfjährigen gegenüber seine sexuellen Vorlieben und Fantasien geschildert haben. Irgendwann hatten die Eltern die Dialoge im Chat-Verkehr bei WhatsApp entdeckt. Der Vater habe den Angeklagten angerufen, ihn über das Alter des Mädchens aufgeklärt und jeden weiteren Kontakt untersagt.

Die Zwölfjährige nach Essen geholt

Daran habe der Angeklagte sich nicht gehalten. Am 29. Januar 2021 sei er mit dem Auto die 300 Kilometer zu dem Mädchen gefahren, habe sie ohne Wissen ihrer Eltern abgeholt und nach Essen gebracht. Aber noch in ihrer Heimat sei er mit der Zwölfjährigen auf einen Parkplatz gefahren, habe sie ausgezogen und den Geschlechtsverkehr vollzogen - ohne ein Kondom.

In Essen habe sie bei ihm übernachtet, zweimal hätten sie Sex gehabt, wiederum ohne Kondom. Erst am nächsten Tag habe er Kondome besorgt, es kam zum vierten Geschlechtsverkehr.

Nach Geständnis aus U-Haft entlassen

Mittlerweile hatten die Eltern ihr Kind als vermisst bei der Polizei gemeldet, auch den Namen des Angeklagten genannt. Der Vater selbst holte seine Tochter dann in Essen ab. Der Angeklagte kam in Untersuchungshaft, nach wenigen Monat aber wieder in Freiheit, nachdem er ein Geständnis abgelegt hatte. Außerdem zahlte sein Arbeitgeber 10.000 Euro Kaution.

Vor Gericht hört der Angeklagte sich an, als rede er über die Beziehung mit einer erwachsenen Frau: "Irgendwann sprach sie von Erregung. Wir tauschten sexuelle Fantasien aus." Anfangs habe sie ihm erzählt, sie sei 19, sagt er. Er räumt aber ein, dass er seit Sommer 2020 das wahre Alter gekannt habe.

Aussage wird dem Mädchen erspart

Dem Mädchen selbst bleibt die Aussage vor Gericht erspart. In der polizeilichen Vernehmung hatte sie den Essener in Schutz genommen. Sie hatte sogar eine Einverständniserklärung ihrer Eltern gefälscht. Darin stand, dass sie mit ihm mitfahren dürfe. Psychisch labil war sie, hatte sich auch geritzt. Ihr Vater, der in Essen gehört wird, spricht von echten Problemen erst nach dem Sex mit dem Angeklagten.

Staatsanwalt Gerriet Ohls beantragt später drei Jahre und neun Monate Haft. Vor allem das Geständnis soll dem Angeklagten eine höhere Haft ersparen. Auch Verteidiger Dennis Schuchna will nur eine etwas niedrigere Strafe. Opfer-Anwalt Patrick Senghaus wirft dem Angeklagten dagegen vor, die Tat zu bagatellisieren. Er habe Macht und Autorität des Erwachsenen bedenkenlos eingesetzt. Acht Jahre Haft hält er für angebracht. Am 1. Juli soll das Urteil fallen.