Ruhrgebiet. An drei Anschlussstellen der A40 im Ruhrgebiet setzt die Autobahn-GmbH jetzt Schafe ein. Sie spart so das teure Mähen und sieht weitere Vorteile.

Die Schafe fressen mal wieder, wie’s kommt. Männer in roten Warnwesten machen scheuchende Bewegungen? Fotografen und Fotografinnen haben Sonderwünsche? Die Autobahn lärmt? Die Sonne brennt? Interessiert sie alles nicht. Sie fressen. Gefräßiges Schweigen der Lämmer.

Am Freitag Vormittag hat die „Autobahn Westfalen GmbH“ gleich 88 neue Mitarbeiter vorgestellt: Schwarzkopf- und Merinoschafe, Texel- und Fuchsschafe; Muttertiere und Lämmer. Sie arbeiten fortan unentgeltlich an den A-40-Anschlussstellen in Dortmund-Dorstfeld und -Kley und im Autobahnkreuz Bochum-West und bekommen dafür nur ihr täglich Gras.

Die Tiere halten das Grün in den natürlichen Regenrückhaltebecken kurz

Frank Hoffmann ist „Teamleiter Betrieb“ bei der Autobahn Westfalen GmbH.
Frank Hoffmann ist „Teamleiter Betrieb“ bei der Autobahn Westfalen GmbH. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

Genauer gesagt, stehen sie auf dem Gelände dreier grün umzäunter Entwässerungsanlagen. Die Regenrückhaltebecken hier darf man sich nämlich gerade nicht wie Becken vorstellen, sondern wie dicht bewachsene Senken, die die Schafe systematisch abgrasen. Und läuft beim nächsten Sturzregen das Becken bestimmungsgemäß voll - können sie einfach weggehen. Määh, Määh.

Frank Hoffmann (54) ist Teamleiter für den Autobahnbetrieb der Niederlassung Bochum, sorgt also dafür, dass der Laden läuft. Er spricht von einer „Win-win-Situation“, aber bei Licht besehen ist es sogar eine Win-win-win-win-Situation. Und zwar deshalb:

„Nachhaltig, umweltfreundlich und völlig kostenfrei“

Der Bochumer Hobbyzüchter, der bei der Autobahn-GmbH nach Flächen gefragt hatte, hat seine Schafe jetzt untergebracht. Die Schafe haben reichlich zu fressen und in Aussicht, dass sie fest übernommen werden. Die Autobahn-GmbH spart Kosten für Mäharbeiten: „Ungefähr 2000 Euro pro Anschlussstelle“, schätzt Hoffmann: „Aber das ist jetzt wirklich ein geschossener Wert.“

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Und auch für die Natur sei es besser, es mit Schafen zu tun zu bekommen als mit Aufsitzmähern, wie sie hier sonst fuhrwerken. „Das ist nicht nur nachhaltig und umweltfreundlich, sondern auch für uns und damit den Steuerzahler völlig kostenfrei.“

„Ein Pilotprojekt, das wir dann evaluieren“

Vorsicht, Absturzgefahr: Weder Mensch noch Tier soll im eigentlichen Klärbecken landen.
Vorsicht, Absturzgefahr: Weder Mensch noch Tier soll im eigentlichen Klärbecken landen. © FUNKE Foto Services | Andreas Buck

In Bochum-West sind nun 23 Suffolk-Lämmer unterwegs, bei Dortmund-Kley stehen 40 Lämmer verschiedener Rassen, und bei Dorstfeld sind es 25 Tiere. Dort stehen Mutterschafe und Lämmer an einem Rad- und Spazierweg, und die Passanten freuen sich, denn der Sympathiefaktor von Schafen ist ausgesprochen hoch.

„Montag war hier noch Wildnis, sie haben schon gut was weggefressen“, sagt Firmensprecher Anton Kurenbach. Wenn das Grün hier kurz ist, sollen die Tiere umziehen auf weitere Flächen der Autobahn-GmbH. Die Schafe im Regenrückhaltebecken sind nämlich keine Kuriosität, sondern ein „Pilotprojekt, das wir dann evaluieren“.

Schon seit Jahren umkreist eine Herde den Kemnader See

Ein bis zwei Monate soll es laufen. Stehen demnächst flächendeckend Schafe entlang der Autobahnen? „Bisher haben wir bei dem Projekt ein sehr gutes Gefühl“, sagt Hoffmann. Der Ablenkungsfaktor durch Tiere an der Autobahn sei auch nicht so groß, wie angenommen wird, sagt Kurenbach.

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Die Tiere sind keineswegs die einzige oder erste sozusagen öffentlich-rechtliche Schafherde im Ruhrgebiet. Rund 50 von ihnen wandern schon seit Jahren immer rund um den Kemnader See, werden alle zwei Tage ein Stück Grünland weiter geführt. „Die Gäste sind größtenteils begeistert“, sagt Dirk Clemens, Betriebsleiter der Freizeitzentrum-Kemnade-GmbH. Nur der vermeintliche Schafsmist auf den Wegen störe die Leute. Dabei sei der von den Gänsen. Die machen bekanntermaßen, wie’s kommt.