Dortmund. Zeitdruck und Personalmangel: Die Probleme in der Pflege sind bekannt. Eine neue Ausstellung wählt einen anderen Ansatz: Leistung und Kompetenz.

Zum Berufsbild einer Kulturwissenschaftlerin gehört es nicht direkt, bei einer Geburt und einem Todesfall dabeizusein, das Geschehen in der Notaufnahme zu beobachten und den Stress im Notarztwagen mitzuleben - und ach, zwei Mal gab es auch noch Krätze-Alarm im Dortmunder Krankenhaus.

Im Sommer 2019 hat Katrin Petersen das auf sich genommen. „Ich bin einfach mitgelaufen und habe versucht, nicht im Weg zu stehen . . . das wird einem auch relativ deutlich gesagt“, erinnert sie sich. Was sie erlebt hat in dem speziellen einwöchigen Praktikum, hat die neue Ausstellung „Heilen und Pflegen“ beeinflusst. Deshalb war sie ja überhaupt da.

„Das bedarf einfach unserer Wertschätzung“

Dasa-Mitarbeiterin Anja Hoffmann führt einen Spezialrollstuhl vor.
Dasa-Mitarbeiterin Anja Hoffmann führt einen Spezialrollstuhl vor. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Die Ausstellung spielt nämlich nicht die alte Leier ab von Personalmangel, Zeitdruck und Schichtdienst, sondern zeigt, was die Menschen können und leisten, die in Heimen und Hospitälern arbeiten. Und das ist sehr viel.

„Berufe im Gesundheitswesen sind psychisch, physisch und emotional herausfordernde Tätigkeiten mit einem sehr hohen Anforderungsprofil. Das bedarf einfach unserer Wertschätzung“, sagt Gregor Isenbort, Leiter der Dortmunder DASA-Arbeitswelten-Ausstellung, wo „Heilen und Pflegen“ nun auf 800 Quadratmetern und auf Dauer steht und von heute an (10.6.21) geöffnet ist. Die Vorgänger-Schau war konzipiert 1995 - medizinisch gesehen Spätmittelalter.

Zum Auftakt ein Rendezvous mit den am meisten verbreiteten Erregern

Die Ausstellung folgt dem Verlauf einer Krankheit, beginnt also mit Krankheitserregern zum Anfassen - also natürlich ihren weit überlebensgroßen, giftgrünen Nachbildungen. Grippeerreger, Novovirus, Krätzemilbe . . . Wollen wir vielleicht lieber weitergehen?

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Und dann geht es auch schon an den Untersuchungstisch: Simone hat Pusteln. Auf einem Ausbildungsgerät für Kinderärzte bewegt sich die lebensgroße Computersimulation eines kleinen rothaarigen Mädchens, und man kann ihr elektronisch Fieber messen, in die Ohren gucken, den Puls messen und vieles mehr. Masern, logisch!

Das Durchschnittsgewicht eines Krankenhauspatienten: 80 Kilogramm

Man sieht es schon, wie immer in der Dasa geht es ziemlich interaktiv zu. Ein echter Notarztwagen, in den man sich auch ganz ohne Not legen kann. Ein Wackelbrett, um seine Standfestigkeit zu testen. Das Gerät, an dem man sich an 80 Kilogramm Gewicht versuchen kann - das ist das heutige Durchschnittsgewicht eines Krankenhauspatienten.

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Im Abschnitt „Operieren“ steht Vorführtechniker Peter Fischer an einem originalen Trainingsgerät für minimalinvasive Eingriffe. An solchen Geräten werden Chirurgen ausgebildet, und wie sie im Bauch ihres Patienten wirken, das sehen sie auf Bildschirmen.

Computerprogramm lässt Blut fließen und Komplikationen eintreten

Ganz wichtig: die Pauseninsel.
Ganz wichtig: die Pauseninsel. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Fischer fuhrwerkt gerade auf dem Bildschirm zwischen Gallenblase und Leber, er hat natürlich für die Vorführungen geübt und kriegt die Gallenblase wunschgemäß entfernt. Besucher der Ausstellung können sich hier auch gerne versuchen, aber Vorsicht: Beim Hantieren mit den OP-Zangen muss man wegen der Übertragung auf den Bildschirm räumlich buchstäblich um die Ecke denken. Und außerdem, sagt Fischer, kann das Computerprogramm unangekündigt auch Blut fließen oder Komplikationen eintreten lassen - ganz wie im richtigen Kranksein.

„Pflegen“ heißt die letzte Station, da steht dann auch schon Pepper, der Roboter, der in einigen Heimen ja tatsächlich auch im Einsatz ist. Pepper wartet auf Befehle der Besucher, ansonsten quatscht er („Wie geht es dir?“), kann Gedächtnisspiele erklären, Musik machen und Witze erzählen, über die er sich anschließend, darf man sagen, totlacht. Und wie bei einem echten Krankheitsverlauf, ist man am Ende des Rundgangs gerettet. Vielleicht.