Ruhrgebiet. Der neue Lockdown klopft an die Osterferien. Die Reisebüros rechnen nicht damit, dass noch jemand etwas bucht - zumindest nicht in Deutschland.
Irgendwann am heutigen Samstag werden Gaby und Robbie Schlagböhmer Klarheit haben. Der Beschluss der Ministerpräsidenten von Mittwoch gerinnt am Freitag zu einer neuen Corona-Schutzverordnung, die die Stadt Oberhausen Samstag in Ortsrecht überführt: Und dann wissen die beiden ganz schnell, ob sie als Besitzer eines Reisebüros von Montag an auch Besuchstermine an Kunden vergeben können. Viel mehr wissen sie nicht.
„Die Osterferien sind für Deutschland tot. Für Spanien nicht“, sagt Robbie Schlagböhmer: „Die Leute wollen vor die Tür, die Leute wollen weg.“ Aber jetzt klopft der neue Lockdown bis Sonntag, den 28. März, beim ersten Ferientag an, Montag, dem 29. März. Und um das ganze symbolisch aufzuladen, beginnt an jenem Wochenende auch noch die Sommerzeit. Geht da noch was? „Ich glaube nicht, dass wir in den Osterferien in großem Stil an die Nord- und Ostsee reisen können.“
„Die Nachfrage hatte sich schon erledigt mit der Verlängerung des Lockdowns“
Wenn man so lange zuhause gesessen hat, dann kriegt das Wort vom Tapetenwechsel plötzlich eine ganz andere Dimension. Soviel scheint festzustehen: Die Leute wollen reisen, die Hoffnung bucht zuerst. Und wenn sie buchen (natürlich weit seltener als vor Corona, 20 Prozent der Vergleichszahl vor einem Jahr), dann buchen sie Sommerurlaub, buchen Herbsturlaub - Frühjahr buchen sie kaum. Nach Zahlen des Deutschen Reiseverbandes beziehen sich nur 13 Prozent aller Buchungen auf die Zeit bis Ende April.
Für Marion Spree sind die Osterferien schon vor einem Monat baden gegangen. „Die Nachfrage hatte sich schon erledigt mit der Verlängerung des Lockdowns damals“, sagt die 58-Jährige. Sie hatte ihr Mülheimer Reisebüro wegen der Krise schon im Sommer 2020 aufgegeben, also, die Räume, und führt es nun online fort.
Teilweise sind Reisebüros damit befasst, Umbuchungen umzubuchen
Einige Ferienhäuser an der Nordsee hat sie für die Osterferien vermittelt, aber „man weiß ja nicht, ob wir reisen dürfen. Dann muss man die Vorgänge wieder in die Hand nehmen, ändern, und damit wird kein Geld verdient.“ Wie andere Kollegen auch, ist sie teilweise inzwischen befasst damit, Umbuchungen umzubuchen.
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Auch die Verbände der Reiseindustrie sind hellauf empört: nicht einmal erwähnt zu werden in der Donnerstagnacht! Die Beschlüsse seien „enttäuschend und nicht akzeptabel“, sagt Reinhard Meyer, der Präsident des „Deutschen Tourismus-Verbandes“: „Einem ganzen Wirtschaftszweig droht die Luft auszugehen.“
Unsicherheit und Aufwand, Schnelltests und Quarantäne dämpfen die Reiselust
Der „Deutsche Reise-Verband“ beschreibt seinen gegenwärtigen Zustand als „fassungslos“, und der Geschäftsführer des wichtigen Tourismus-Verbandes von Mecklenburg-Vorpommern formuliert, man stehe „am Ende der Nahrungskette und vollkommen im Ungefähren“.
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Buchungen für die Osterferien gebe es „so gut wie gar nicht“, sagt Lisa Gwisdalla in Gladbeck. Normalerweise seien Fernziele bevorzugt, „das findet im Moment gar nicht statt“. Unsicherheit und Aufwand, vorgeschriebene Schnelltest und drohende Quarantänen nehmen den Leuten momentan die Lust am Reisen - und wenn man dort krank wird? Und waren da nicht mal . . . Grenzschließungen und die komplette Absage von Flugverbindungen?
Ihr Kollege Ralf Böhm ist langfristig allerdings ganz guter Dinge: Reisebüros würden weder in diesem Jahr noch im nächsten wieder auf „Vor-Corona-Niveau kommen“, aber an sich sei Reisen „eines der liebsten Hobbys der Deutschen nach Auto waschen“.
„Sorgt dafür, dass ihr kostenfrei wieder rauskommt!“
Aber eine Beratungsrunde der Ministerpräsidenten gibt es ja noch: am 22. März, eine Woche vor Ferienbeginn. Und wenn dann das Beherbergungsverbot fällt? „Wir wären da“, sagt Marion Speer in ihrem Online-Reisebüro in Mülheim: „Aber ich glaube, dass es dann für uns zu spät ist.“ Im Einzelfall kennt sie allerdings auch Kunden, die anders als sonst Deutschland übers Reisebüro buchen: „Das machen sie wegen der Sicherheit, dann einen Ansprechpartner zu haben.“
Schlagböhmers, das Paar aus Oberhausen, hat nicht nur ein berufliches Interesse an Reisefreiheit. Für April, nach den Osterferien, haben sie selbst Rügen gebucht. „Man muss ja auch mal raus.“ Aber vielleicht werden es doch nur die Kanaren. Er jedenfalls hat einen Tipp für alle Reisewilligen: „Bucht, was ihr wollt, aber sorgt dafür, dass ihr kostenfrei wieder rauskommt!“ Dann wären wir langsam bei: den Umbuchungen umgebuchter Umbuchungen.