Ruhrgebiet. Seit Monaten sind die Zoos geschlossen. Wie geht es eigentlich den Tieren ohne Besucher? Und können die Zoos überleben?
Ruhe ist. Menschenleer ist das Affenhaus, nichts los auch bei den Giraffen. Seit Monaten schon sind die Zoos im Land wegen Corona geschlossen. Keine Besucher heißt keine Einnahmen und hohe Verluste. Denn die Kosten werden auch im Lockdown nicht geringer. Und die sind hoch. Im Duisburger Zoo etwa werden jeden Monat allein für Futter rund 50.000 Euro fällig. Im Dortmunder Zoo fallen nach Auskunft der Stadt täglich sogar insgesamt 23.000 Euro an.
Drücken lassen sie sich in keiner Einrichtung. „Unser Einsparpotenzial ist sehr gering“, sagt Hendrik Berendson, Leiter der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen. „Die Tiere sind ja da.“ Fressen wollen sie, müssen betreut und gepflegt werden. „Kurzarbeit geht nicht“, weiß Christian Schreiner, Sprecher des Zoos in Duisburg. „Die Arbeit wird nämlich nicht weniger, nur weil keine Besucher kommen.“ Und sie kann nur im Zoo erledigt werden. „Sie können einen Löwen ja schlecht ins Home-Office mitnehmen“, scherzt Berendson.
„Medizinisches Training“ geht weiter
So geht das „Medizinische Training“ weiter. Dabei übt der Pfleger mit seinem ihm anvertrauten Tier kurze Kommandos ein, damit etwa der Elefant für die Nägelkontrolle freiwillig seinen Fuß hebt. Oder der Orang-Utan zur Kontrolle, ob die Salbe wirkt, die Flosse herzeigt.
Hinzu kommt der Kampf gegen die Langeweile. In Köln gab es bereits Klavierkonzerte für die tierischen Bewohner. Mantelpaviane, so war anschließend zu hören, sollen „andächtig gelauscht“ , Seelöwen – wer auch sonst? - heftig geklatscht haben. In Tokio konnte man über vor dem Aquarium platzierten Tablets den Röhrenaalen zuwinken und im Pacific Science Center in Seattle lasen die Mitarbeiter den Ratten Geschichten vor. Pinguine in England bekamen sogar Fernseher ins Gehege. Es soll „Begeisterung“ ausgelöst haben.
Situation ist für Tiere ungewohnt
In den Revierzoos ist man da zurückhaltender. Man müsse aufpassen, die Tiere nicht zu sehr zu vermenschlichen, warnt Schreier. „Grundsätzlich geht es ihnen gut“, ist er überzeugt. Viel wichtiger als Besucher vor dem Fenster oder dem Gitter sei nämlich, dass die gewohnten Artgenossen und die vertrauten Pfleger da seien. „Da hat sich ja meist nichts geändert.“
Dennoch gibt es hier und da Auffälligkeiten. In Duisburg etwa, sagt Schreiner, wirke Giraffenbulle Kiringo schon etwas „irritiert“ angesichts der Ruhe um ihn herum. Und Sven Eiber, Geschäftsführer des Zoos in Hamm, hat festgestellt, dass die Zebras derzeit parallel am Gatter mitlaufen, wenn sich mal ein Mensch zu ihnen verirrt. „Die derzeitige Situation ist für viele Tiere schon sehr ungewohnt.“
Gelsenkirchener sammelt 40.000 Euro für Zoom
Deshalb wird natürlich auch an Rhein und Ruhr für Abwechslung gesorgt. Das beginnt damit, dass das Radio hier und da länger läuft, geht über Decken mit Antilopengeruch für den Löwenkönig bis hin zu Affen, die ihr Futter im Käfig suchen müssen. „Man muss die Tiere ja bei Laune halten“, sagt Eiber.
Möglicherweise ist die derzeit sogar besser als bei Verantwortlichen der Zoos. „Ziemlich bescheiden“, nennt Eibner die Lage, „sehr schwierig“ findet sie Schreiner und für Berendson ist sie „dramatisch“. „Wenn sich jetzt womöglich noch das Ostergeschäft zerschlägt…“
Existenz ist bisher nicht bedroht
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Ausschließen kann das derzeit keiner. Aber selbst dann muss bisher keiner der Revierzoos um seine Existenz fürchten. Der Zoo sei Teil des Städtischen Eigenbetriebs Sport- und Freizeitbetriebe, heißt es etwa aus Dortmund. Etwaige Verluste gleiche die Stadt - durch Zuschüsse aus. Auch in Gelsenkirchen, Duisburg und Hamm sind die Tierparks städtisch. „Die Stadt steht hinter uns“, sagt Schreiner.
Viele Bürger auch. Im Duisburger Zoo gibt es bisher mehr als 2000 Futterhelden – Menschen, die für Tierfutter spenden. „Das ist in dieser Zeit nicht selbstverständlich“, findet Schreiner. Genauso wenig wie die Spendenaktion, bei der der Gelsenkirchener Michael Döring mit weiteren Zoofans knapp 40.000 Euro für die Zoom-Erlebniswelt gesammelt hat. „Wir sind überwältigt“, freut sich Berendson.
Wichtig sei, dass man bald wieder öffnen könne heißt es überall. Man müsse „Perspektiven schaffen“, hat auch Marco Buschmann, Kreisvorsitzender der FDP Gelsenkirchen, jüngst in einem Brief an Kanzlerin Merkel gefordert. Beim Hammer Zoochef Eiber rennt er damit offene Türen ein. Freiflächen, Hygienekonzept – „Zoos sind doch ideal, um an frischer Luft mal auf andere Gedanken zu kommen.“