Apfelsine, Grapefruit, Kumquat & Co strotzen nicht nur vor Vitamin C, sie stecken auch voller Überraschungen. Es gibt 1600 verschiedene Arten.
Im Winter, in der Erkältungszeit, haben sie Hochsaison: Zitrusfrüchte. Denn Apfelsine & Co enthalten viele gesunde Dinge: Vitamin C vor allem (eine einzige Grapefruit deckt den Tagesbedarf eines Erwachsenen!). Doch in den sauren Früchtchen stecken auch – jede Menge Überraschungen.
Wussten Sie etwa, dass die „Easy Peeler“, dieses leicht zu pellende Obst, botanisch mit den Beeren verwandt sind? Oder dass es nur vier verschiedene Gruppen von Zitrusfrüchten (Grapefruit, Mandarine, Orange und Zitrone) gibt– aber 1600 verschiedene Arten? Denn jede lässt sich mit jeder kreuzen. Dass die kleinsten gerade mal einen Durchmesser von einem Zentimeter haben – und die größten einen von 30? Dass Zitronenschale Hauptbestandteil vieler medizinischer Rezepte gegen die Pest war? Oder dass die „Rolandsbrüder“, die Bauhandwerker, noch heute bei der Beerdigung eines jeden ihrer Zunft über seinem Grab Zitronen ausquetschen und dazu die folgenden Worte sprechen: „So sauer wie diese Zitrone, so sauer war auch den Leben. Tschüss Kamerad“?
Ein kleines Who’s Who der verschiedenen Zitrusfrüchte:
Apfelsinen
…sind die beliebtesten. Sie machen 70 Prozent der Welternte von 95 Millionen (2018) aus, denn sie sind größer und ergiebiger als Mandarine, dabei weniger sauer und weniger bitter als Pampelmusen. Bekannteste „Blondorangen“-Sorten sind Navel und Jaffa. Anthocycan färbt das Fleisch der Blutorangen rot – aber nur in kühlen Nächten, weswegen sie nur im Winter auf dem Markt zu finden sind. Die Bergamotte-Orange liefert das ätherische Öl, das für Kölnisch Wasser oder Earl Grey Tee verwendet wird. Aus der Schale einer Tonne Frucht lassen sich gut fünf Kilo Öl gewinnen. Bitterorangen (Pomeranzen) sind eine Hybridfrucht, vermutlich eine Kreuzung aus Pampelmuse und Mandarine. Aus ihrer kandierten Schale macht man Orangeat, aus der ganzen Frucht „marmalade““, die typisch britische Orangenkonfitüre. Landpomeranzen sind im Übrigen kein Obst, sondern junge, unbedarfte Mädchen vom Dorf, die leicht erröten. Und dann leuchten ihre Wangen wie die reife Frucht…
Zitronen (Limonen)
... sind vor allem ihres Saft wegen begehrt. Je dünner die Schale, desto besser lassen sie sich pressen. Als geschmackvollste gilt die schrumpelige Amalfi-Zitrone, die an der italienischen Amalfi-Küste wächst. Sie wird gern für Limoncello oder andere Zitronenliköre verwendet. Königin unter den Zitrusfrüchten aber ist die Zitronatzitrone, aus deren Schale Zitronat gewonnen wird. Eine Frucht bringt bis zu vier Kilo auf die Waage. Buddhas Faust (siehe Bild) – eine tolle Zierpflanze -- ist die wohl ungewöhnlichste Zitronatzitrone – keine sieht aus wie eine andere. Weitgehend unbekannt bei uns sind auch Lumien, süße Limonen.
Limetten
… sind das knallgrüne Pendant zur quietschgelben Limone – und eine ganz spezielle Zitrusfrucht: extra- sauer und ein wenig bitter. Ohne sie kommt weder Caipirinha- noch Mojito-Cocktail aus. Die Blätter der saftarmen, delligen Kaffirlimette gehören in der asiatischen Küche in die meisten Currys. Die Kaviarlimette ist eine exotisch, luxuriöse Spezialität auch für die, die keinen Fisch mögen: Ihr Fruchtfleisch kommt in kleinen runden Perlen daher. Sie ist aber mit den klassischen Zitrusfrüchten nur entfernt verwandt. Die Rangpur-Limette aus Bangladesh übrigens ist: schrillorange.
Pampelmusen
…sind die größten Zitrusfrüchte und bringen bis zu zehn Kilo auf die Waage. Die einzige bei uns
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angebotene Variante ist die Pomelo, die genau genommen aber eine Kreuzung von Pampelmuse und Grapefruit ist.
Grapefruits
… sind sehr herb, werden aber gern zum Frühstück gegessen, denn die bittersüßen Früchte wirken belebend. Grapefruits senken wohl den Cholesterinspiegel, vertragen sich allerdings nicht gut mit Medikamenten, denn sie enthalten Furanocumarine, die dafür sorgen dass bestimmte Arzneien in höheren Dosen als vorgesehen aus dem in den Blutkreislauf gelangen. Das gilt etwa für Blutdruck- und Schmerzmittel oder Gerinnungshemmer.
Mandarinen
... sind die wahren Easy Peeler, aber leider sehr kernreich. In den Regalen deutscher Super- und Wochenmärkten landen deswegen fast nur noch Clementinen, die genauso süß sind, aber beinahe kernlos. Tangerinen und Satsumas sind Clementinen-Arten.
Kumquats
… sind klein, aber oho. Die Zwergorange misst nur vier Zentimeter im Schnitt und wird als ganze Frucht verzehrt, einschließlich der süßlichen Schale.
Die wahren Exoten
Limequats sind noch winziger als Kumquats – und sehr sauer, aber eine super Deko. Botanische Eltern sind Kumquat und Limette. Bei der japanischen Amanatsu, die hierzulande fast niemand kennt, dort aber als Delikatesse gilt, sowie bei der orangefarbenen Tangelo (Minneola) sind es verschiedene Arten von Grapefruit und Mandarine. Übersetzt bedeutet Amanatsu übrigens: Süßer Sommer!
Soviel zu den sauren Früchtchen.
>>> INFO Skorbut
Nach drei Monaten auf hoher See fielen den ersten Männern die Zähne aus. Im Zeitalter der Entdeckungen war Vitamin-C-Mangel Haupttodesursache unter Seeleuten. Vasco da Gama verlor auf einer Reise 100 seiner 160 Mann – in Schiffszwieback und Pökelfleisch steckt wenig Gesundes.
Sie nannten die Mangelerkrankung „Skorbut“, Mundfäule, doch es sollte dauern, bis man herausfand, wie sie zu heilen ist.
James Cook probierte es auf der „Endeavour“ als erster mit Zitrone (engl.: lemon). Ab 1795 gab es auf allen Schiffen der Royal Navy täglich eine Ration Zitronensaft für jeden Seemann – weswegen manche die Briten noch heute „Limeys“ nennen.
Und andere die Deutschen „Krauts“, denn die Handelsmarine im kühleren Norden hierzulande setzte auf Sauerkraut gegen Skorbut. Macht auch lustig.