Mülheim. Nach dem Tanklasterunglück hat der Brückanriss an der A40 begonnen, Bahnstrecke und Autobahn sind gesperrt – und ein Styrum erzittert am Samstag.

  • Die Haupt-Bahnstrecke zwischen Essen und Duisburg ist seit Mittwochabend für vier Tage gesperrt. Am 7. Dezember (4 Uhr) soll der Bahnverkehr dann wieder über die Strecke rollen. In der Zwischenzeit müssen sich Bahnreisende auf Verspätungen, Ausfälle und Umleitungen einstellen.
  • Während der Bahn-Streckensperrung werden Züge des Fernverkehrs über Gelsenkirchen oder Wuppertal umgeleitet. Entsprechend entfallen Halte etwa in Essen oder Bochum. Auch im Regionalverkehr wird umgeleitet. Hier gibt es alle Infos, welche Bahn-Linien durch die Sperrung betroffen sind.
  • Auch die A40 ist zwischen Kreuz Kaiserberg und Mülheim-Styrum in beiden Richtungen voll gesperrt. Die Sperrung hat am Freitag, 4. Dezember begonnen und soll bis zum 14. Dezember (5 Uhr) dauern.

Mülheim-Styrum bebt am Samstag, Kunststück: Sechs Abrissbagger machen sich seit dem Morgen über die beiden angeschlagenen Eisenbahnbrücken her, bearbeiten sie mit großen Presslufthämmern und Hydraulikmeißeln oder reißen einfach den Beton brockenweise heraus. Schweres Gerät fuhrwerkt, im Hintergrund stehen auf der gesperrten A40 bereits die riesigen Brückenteile, die Mitte der Woche zu Behelfsbrücken zusammengebaut werden.

Es ist ein großes Baggerballett auf der Autobahn, ein beeindruckendes Zerstörungswerk unter blauem Himmel. „Und in drei Wochen fahren da wieder Züge drüber, das ist schon eine erstaunliche Geschichte“, sagt Norbert Strathmann. Der 60-Jährige ist eigentlich der oberste Instandhalter der Bahn im Raum Duisburg, aber heute geht um ihn herum ziemlich viel planmäßig kaputt. Die Plattform, auf der er erhöht steht, nur wenige Meter entfernt von den Greifarmen der Bagger: Sie zittert.

Anwohner: „Man fühlt sich wie ein Borkenkäfer, wenn der Specht klopft“

Beton, Armierung, Schwellen, Schotter fallen herunter auf die Autobahn; tatsächlich sind schon die ersten Laster dabei, den Schutt wegzufahren. Im Hintergrund härtet Beton aus, andere Arbeiter bereiten am Rande der Böschung ein Widerlager der neuen Brücke vor. Alles zugleich. Das Wimmelbild von Styrum.

Sie werden bis spät in den Abend arbeiten, eine kurze Nacht haben und Sonntagfrüh da weitermachen, wo sie aufgehört haben. Die ruhigen Wohnstraßen drumherum halten sich ein Wochenende lang ganz fest die Ohren zu. „Man fühlt sich“, sagt ein Anwohner, „wie ein Borkenkäfer, wenn der Specht klopft“. Im Notfall bietet die Bahn an, dass Menschen ins Hotel ziehen können.

A40 und Bahnstrecke gesperrt: Zwei Brücken werden abgerissen

Die Bahn-Hauptstrecke zwischen Essen und Duisburg ist seit Mittwochabend (23 Uhr) für gut vier Tage gesperrt.

Außerdem werden seit Freitag zwei Eisenbahnbrücken über der A40 abgerissen. Sie waren bei dem Tanklasterbrand Mitte September schwer beschädigt worden. An der Unfallstelle wird überdies anstelle einer dritten, bereits abgerissenen Brücke eine Behelfsbrücke eingehoben. Sie besteht aus vier Einzelteilen und soll am 28. Dezember einsatzbereit sein. Die Deutsche Bahn will im kommenden Jahr auch die anderen beiden Brücken durch Hilfsbrücken ersetzen.

  • Die Bahnstrecke zwischen Essen und Duisburg wird vom 2. bis 7. Dezember (Mittwoch bis Montag) gesperrt. Am Montag (4 Uhr) sollte der Bahnverkehr wieder normal laufen. Die Hauptbahnhöfe Duisburg, Mülheim, Essen und Bochum sowie Wanne-Eickel sind vom Fernverkehr abgeschnitten. Einige Züge halten dafür in Gelsenkirchen, andere nehmen die Strecke über Wuppertal. Fahrplan-Details finden Sie weiter unten.
  • Die A40 wurde zwei Tage später in beiden Richtungen gesperrt zwischen Kreuz Kaiserberg und Mülheim-Styrum vom 4. bis 14. Dezember, Freitagabend (20 Uhr) bis Montagmorgen (5 Uhr).
  • Umleitungen führen unter anderem über die A42, A52 und A59. Einen Überblick über die aktuelle Verkehrslage bietet die Seite verkehr.nrw.
  • Auch die Ausfahrten Mülheim an der Ruhr und Kaiserberg sind geschlossen, obwohl sie in Richtung Essen noch vor der Baustelle liegen. Dies soll gefährliche Rückstaus und Überlastungen vermeiden.

Diese Arbeiten sind geplant

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Für die Bahn steht ein Mammutprogramm an in diesen Tagen. Sie reißt zwei der ursprünglich fünf Brücken ab und setzt eine Hilfskonstruktion ein, wo zuvor die schon abgebaute „Brücke 3“ stand. Diese war am 17. September am schwersten beschädigt worden, als ein laut Staatsanwaltschaft betrunkener Fahrer mit seinem Tanklaster gegen einen Pfeiler knallte. Die Kammern des Tankzuges explodierten nacheinander, Anwohner verglichen das brennende Benzin mit Lava.

Gegen den 41-jährigen Fahrer wird wegen Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Körperverletzung ermittelt. Bereits jetzt liegen die Kosten bei einem zweistelligen Millionenbetrag.

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Nur eine Brücke (Nr. 5) kann die Bahn weiter uneingeschränkt nutzen, eine weitere war lediglich für eine längst stillgelegte Zechenbahn ausgelegt. Sobald die Bahnstrecke gesperrt ist, will die DB Kommunikations- und Datenkabel von den beiden Brücken (Nr. 2 und 4), die abgerissen werden, auf diese Zechenbahnbrücke (Nr. 1) verlegen. Dafür müssen die Kabel durchtrennt und verlängert werden.

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Gleichzeitig nutzt sie die Sperrung für Arbeiten am elektronischen Stellwerk in Duisburg, das in die zweite Ausbaustufe geht: Die Arbeiter müssen Fundamente gründen, Oberleitungsmasten montiert, Kabeltrassen bauen und Kabel verlegen. Trotz der Einschränkungen in Mülheim soll das moderne Stellwerk wie geplant im Mai 2021 in Betrieb gehen.

Die Brücken werden zu 200 Lasterladungen Schutt

Wenn auch die A40 gesperrt ist, rücken sogleich acht Abrissbagger an, um die zwei Brücken zu zertrümmern, die nicht mehr sicher befahrbar sind. Rund 200 Lkw-Ladungen Schutt fallen laut DB an.

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Ein solcher Abriss funktioniert nicht, ohne Schäden im Asphalt zu verursachen. Deshalb bekommt die A40 hier im Anschluss eine neue Fahrbahndecke. Jan Lohoff, Leiter der Mobilitätszentrale NRW, registriert derzeit einen Corona-bedingten Rückgang des Autobahnverkehrs: „Ich gehe davon aus, dass wir glimpflich durch die zehn Tage Sperrung kommen werden.“

Auch die A40 muss wegen Brückenbauarbeiten in beiden Richtungen zwischen Duisburg und Mülheim voll gesperrt werden. Am Freitagabend geht’s los.
Auch die A40 muss wegen Brückenbauarbeiten in beiden Richtungen zwischen Duisburg und Mülheim voll gesperrt werden. Am Freitagabend geht’s los. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Dann hebt ein 750-Tonnen-Kran vier Teile in die Baulücke Nr. 3, die zusammen den neuen Brückendeckel bilden. Jede dieser Stahlkonstruktionen ist 26 Meter lang und wiegt je rund 80 Tonnen; solche Hilfsbrücken hält die DB im rheinland-pfälzischen Konz vor. Auch die nun abzureißenden Brücken 2 und 4 sollen so ersetzt werden. Die DB rechnet damit, dass diese Hilfsbrücken (die die gesperrte Strecke Oberhausen-Essen bedienen) bis Mitte nächsten Jahres einsatzbereit sind.

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Im Anschluss an die Sperrung verlegt die DB auf der neuen „Hilfsbrücke 3“ Schotter, Schwellen und Weichen. Auch die Oberleitungsanlage und die Verkabelung muss wieder aufgebaut werden, bevor die Hilfsbrücke zum Ende des Jahres einsatzbereit ist. Doch es wird laut Bahn noch rund sechs Jahre dauern, bis die provisorischen Hilfsbrücken durch reguläre Bauwerke ersetzt werden. Warum, erklären wir hier.

Nach der Vollsperrung gilt also zunächst das derzeitige Ersatzkonzept. Am 27. Dezember dann wird es noch einmal Einschränkungen geben, ab dem 28. Dezember ist die Eisenbahnstrecke zwischen Essen und Duisburg wieder in beide Richtungen befahrbar. Dann gilt wieder der normale Fahrplan – mit einer Ausnahme: Erst ab dem Sommer steht auch die Strecke Oberhausen-Essen wieder zur Verfügung, wenn die beiden weiteren Hilfsbrücken fertig sind.

Auswirkungen auf den Bahnverkehr

Die Fahrplanänderungen im Nahverkehr sind teilweise bereits in den Online-Auskunftssystemen enthalten und werden ansonsten in den nächsten Wochen eingepflegt. Die Seite bauinfos.deutschebahn.com/nrw und die App „DB Bauarbeiten“ informieren über Fernverkehr und Züge der DB. Meldungen zum Regionalverkehr: www.zuginfo.nrw.
In den Tagen der Streckensperrung (2. Dezember (23 Uhr) bis Montag (4 Uhr) gilt folgendes:

  • Alle Fernverkehrszüge werden zwischen Duisburg und Dortmund über Gelsenkirchen umgeleitet oder sie umfahren das Kernruhrgebiet und nehmen zwischen Köln/Düsseldorf und Dortmund die Strecke über Wuppertal. Die Hauptbahnhöfe von Duisburg, Mülheim, Essen und Bochum sowie Wanne-Eickel werden nicht angefahren. Ersatzhalt ist in vielen Fällen Gelsenkirchen. Auch die Abfahrtszeiten sowie die Fahrtdauer können sich ändern.
  • Auch der Regionalverkehr meidet die genannten Bahnhöfe auf der Kernstrecke weitgehend.
  • So werden die Züge der Linie RE 1 (RRX Abellio) zwischen Dortmund und Duisburg umgeleitet und umfahren Bochum Hbf, Wattenscheid, Essen Hbf und Mülheim Hbf. Alternativ halten die Züge in Herne, Gelsenkirchen Hbf, Essen-Altenessen und Oberhausen Hbf. Die Bahn verweist auf den regulären Nahverkehr, um zu den Hauptbahnhöfen von Bochum oder Essen zu kommen. Außerhalb der Betriebszeiten der U-Bahn bietet sie zwischen Essen-Altenessen und Essen Hbf ein Schienenersatzverkehr mit Bussen angeboten.
  • Die Linien RE 2 (DB Regio NRW) und RE 11 (RRX Abellio) fallen zwischen Essen und Düsseldorf aus.
  • Die Linien RE 3 (Eurobahn) und RE 6 (RRX National Express) haben seit dem 2. November ihre Linienwege westlich von Dortmund getauscht.
  • Die Linie RE 3 fällt zwischen Essen und Düsseldorf aus, hält auf dem Weg nach Dortmund aber in Bochum Hbf und Wattenscheid.
  • Die Linie RE 6 (RRX) verkehrt zwar durchgehend von Köln/Bonn Flughafen bis Minden. Sie wird aber zwischen Duisburg und Dortmund mit Halt in Oberhausen Hbf, Essen-Altenessen, Gelsenkirchen Hbf, Wanne-Eickel Hbf, Herne, Castrop-Rauxel Hbf und Dortmund-Mengede umgeleitet. Die Zeiten ändern sich leicht.
  • Die Linien RE 42 (DB Regio NRW) und RB 33 (DB Regio NRW) fallen zwischen Essen und Duisburg aus. Als Ersatz fahren tagsüber Expressbusse mit Zwischenhalt nur in Mülheim Hbf im 10-Minuten-Takt. Abends von etwa 21 Uhr bis 24 Uhr sind sie im 15-Min-Takt unterwegs. Nachts fahren die Busse dann durchgehend im 30-Min-Takt.
  • Die Züge der RE 14 (NordWestBahn) fallen zwischen Essen-Steele und Bottrop Hbf aus. Als Ersatz fahren Expressbusse zwischen Essen Hbf und Bottrop Hbf und Busse mit allen Zwischenhalten.
  • Die Züge der Linie RB 32 (Abellio) fallen jeweils von 6 bis 22 Uhr zwischen Dortmund und Duisburg aus. Als Ersatz wird auf die nur Montag bis Freitag verkehrende RB35 verwiesen, ansonsten fahren Busse zwischen Oberhausen Hbf und Gelsenkirchen Hbf, die die Zwischenhalte in beiden Richtungen an den RE6 (RRX) anbinden.
  • Die Linie RE 49 (Abellio) fällt zwischen Essen-Steele und Oberhausen Hbf aus. Ersatz auf dieser Strecke bieten Schnellbusse ohne Zwischenhalt von Essen Hbf bis Oberhausen Hbf, für die Zwischenhalte Mülheim-Styrum, Mülheim Hbf und Essen-West wird auf den Schienenersatzverkehr der Linien S 1 und S3 verwiesen.

Der S-Bahnverkehr

  • Die S1 fällt zwischen Essen Hbf und Duisburg Hbf aus, die S3 zwischen Essen Hbf und Oberhausen Hbf, die S9 zwischen Essen Hbf und Essen-Dellwig Ost.
  • Als Ersatz fahren zwischen Essen Hbf, Mülheim Hbf und Duisburg Hbf bzw. Oberhausen Hbf sowie Essen-Dellwig Ost zusätzlich zu den Expressbussen, Busse im Schienenersatzverkehr mit allen Zwischenhalten. Die Busse der S 1 halten außerplanmäßig auch in Mülheim West.
  • Die Züge der Linien S 2 und S 6 verkehren weiterhin regulär. Letztere ermöglicht allen Reisenden Fahrten im 20-Minuten Takt zwischen Essen und Düsseldorf.
  • Vier zusätzliche Infopunkte in den Hauptbahnhöfen Dortmund, Essen, Duisburg und Düsseldorf sollen Reisenden helfen. Mehr als 300 Plakate an den Stationen und in den Zügen, mehr als 40 Spannbanner an den Bahnhöfen und 1.000 Footsteps zur Beschilderung der Wege vom Bahnhof zur Ersatzhaltestelle sind geplant.
  • Es kann auch ein Newsletter für einzelne Linien der DB abonniert werden. Außerdem gibt es eine Broschüre mit detaillierten Infos für die Reisenden zum Download. Diese wird rechtzeitig vor Baubeginn an den Bahnhöfen, in den Zügen und Verkaufsstellen ausliegen und wird während der Baumaßnahme durch Reisendenlenker vor Ort verteilt.

Hinweise zu Fahrkarten

  • In den Bussen sind keine Fahrkarten erhältlich. Kunden müssen diese online über die Apps der Verkehrsunternehmen oder an den Verkehrsstationen (nicht an den Ersatzhaltestellen) am Automaten oder am Schalter erwerben. VRR- und NRW-Tickets sind ab sofort auch als Handyticket über den DB Navigator erhältlich.
  • Kunden, in deren Zeitkarten der Preisstufen B und C der Geltungsbereich Essen/Duisburg enthalten ist, erweitern ihre Fahrtmöglichkeiten auf die Preisstufe D. Hierdurch sind alle erdenklichen Umwegverbindungen ohne Ausnahmen zugelassen.
  • Streckenzeitkarten des Fernverkehrs in und aus Richtung Köln gelten auch für Fahrten über Gelsenkirchen oder Hagen/Wuppertal.