Essen. Die Sieben-Tages-Inzidenz bestimmt für viele Menschen in NRW das öffentliche Leben. Doch was muss passieren, das sie wieder unter 50 sinkt?

Die Sieben-Tages-Inzidenz bestimmt derzeit das Leben vieler Menschen in NRW während der Corona-Pandemie. Ein Blick auf die Karte des Robert Kobert-Instituts zeigt: Ein Großteil der Städte und Kreise hat den ersten Richtwert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner bereits durchbrochen, viele Städte - vor allem im Ruhrgebiet - liegen bereits über der 50er-Marke. Hamm liegt seit fast vier Wochen über dem Grenzwert, Dortmund seit Mittwoch. Doch was muss eigentlich passieren, dass die Werte wieder nachhaltig sinken?

Sieben-Tages-Inzidenz: Hamm seit vier Wochen über der 50er-Marke

„Rechnerisch dürfen es bei uns 12 Neuinfektionen pro Tag sein, damit wir knapp unter den 50er-Wert kommen“, sagt Tobias Köbberling, Sprecher der Stadt Hamm. In der vergangenen Woche waren es täglich um die 25 Neuinfektionen. Zwischen 2.000 und 3.000 Menschen sind derzeit in Hamm in Quarantäne.

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Seit Mitte Oktober – am 21. September sprang der Inzidenzwert erstmalig über die 50 – „ist der Druck nicht weniger geworden“, erklärt er. „Es ist auch relativ klar, dass wir kurzfristig nicht unter die 50 gehen werden.“ Dementsprechend gelten für die Menschen in Hamm weiter strengere Corona-Regeln.

In Dortmund lag die Inzidenz am Freitag nach Werten des RKI knapp unter 60 (58,8). „Es steht zu befürchten, dass die Inzidenz weiter steigt“, erklärte Stadtsprecherin Anke Widow. Am Donnerstag hat die Stadt Dortmund eine Allgemeinverfügung erlassen, in der verschärfte Corona-Regeln für die größte Stadt des Ruhrgebiets beschlossen wurden. Den Effekt allerdings werden wir wohl „erst in zehn bis 14 Tagen sehen“, erklärt Widow.

Sieben-Tages-Inzidenz: Drei Faktoren sind wichtig

Zur Senkung der Inzidenz sind drei Faktoren entscheidend: Das Testen möglichst vieler Menschen – also auch syptomfreier Personen –, das Verantwortungsbewusstsein der Menschen, sich an die Regeln zu halten und „die Nachverfolgung der Kontaktpersonen“, sagt Widow. Jeder Infizierte kommt im Schnitt auf sieben bis zehn Kontaktpersonen. Doch genau daran hapert es in Dortmund.

Am Donnerstag waren es 82 positive Testergebnisse – bisheriger Spitzenwert. „Wir sind nicht mehr in der Lage, alle sofort anzurufen“, sagt die Sprecherin der Stadt Dortmund. Über 100 Mitarbeiter sind in dem Bereich der Kontaktverfolgung für die Stadt Dortmund tätig. Um die Infektionsketten wieder nachverfolgen und unterbrechen zu können, hat die Stadt mit ihren 600.000 Einwohnern die Hilfe der Bundeswehr angefordert.

Sieben-Tages-Inzidenz: Corona-Mobile fahren durch Hamm

In Hamm – 180.000 Einwohner – sind ungefähr 50 Personen für die Kontaktverfolgung zuständig. „Wir schaffen es derzeit, die Infektionsketten zu unterbrechen“, sagt Hamms Sprecher Tobias Köbberling. Dafür setzte die Stadt bis zu zehn Corona-Mobile ein, die die Personen in Quarantäne zu Hause aufsuchen und auf das Coronavirus testen. Der Einsatz dieser Mobile „war eine super Entscheidung“, erklärt er.

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Ähnlich wie die Einschränkungen der privaten Feiern in privaten Räumlichkeiten. Seit zwei Wochen müssen in Hamm auch Feiern in privaten Räumen ab 25 Personen angemeldet werden. Eine Regel vor allem mit „präventiver Wirkung“, erklärt Köbberling. In fünf bis zehn Fällen musste nach seiner Aussage der Ordnungsdienst der Stadt Hamm bei einer privaten Feier klingeln. In zwei oder drei Fällen wurde Amtshilfe der Polizei geleistet.

Sieben-Tages-Inzidenz: Ein uneinheitlicher Kampf

Mit dieser Beschränkung geht die Stadt Hamm über die Vorgaben des Landes NRW hinaus. „Wir halten es für wichtig, diese Lücke zu schließen“, sagt der Stadtsprecher. NRW hat es bisher vermieden, Vorschriften und Regeln für die privaten Räumlichkeiten zu erlassen. Und auch die Stadt Dortmund geht diesen Schritt nicht: In der am Donnerstag vorgestellten Allgemeinverfügung sind keine Regeln enthalten, die in den privaten Raum eingreifen.

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Es ist also nicht nur ein schwieriger Kampf gegen die Ausbreitung des Virus, sondern auch ein uneinheitlicher. Doch lässt sich die Inzidenz realistisch unter die 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner drücken: Das Robert Koch Institut verweist unter anderem auf Offenbach und Bad Tölz. „Auch in Abwesenheit eines einzelnen Ausbruchsgeschehens“ konnten beide Orte die Inzidenz wieder senken.

Die Grenzwerte von 35 und 50 „wurden von der Politik festgelegt, sind aber auch international gängig“, erklärt das RKI. Grundsätzlich habe die Sieben-Tage-Inzidenz den Vorteil, „Schwankungen der Meldezahlen innerhalb einer Woche – beispielsweise am Wochenende – auszugleichen“.