Wuppertal. Die Wuppertaler Schwebebahn steht still. „Technische Probleme“ heißt es. Nun gibt es gibt Hinweise, dass Corona Schuld an diesen Problemen ist.
Da hängt sie nun und fährt nicht mehr. Zumindest die Woche über bleiben die Wagen der Wuppertaler Schwebebahn im Depot. Voraussichtlich bis August 2021. Denn seit dem Frühjahr brummten und vibrierten sie unterwegs, „dröhnten“, so Betriebsleiter Christian Kindinger, „plötzlich wie Propellerflugzeuge“ - so stark, dass sich sogar Schrauben aus der Deckenverkleidung lösten.
Offiziell ist bei den Stadtwerken, die die Schwebebahn betreibt, von einem „atypischen Verschleiß der Räder“ die Rede, der „zu Schäden am Gerüst“ führe und zu einer „bisher nie dagewesenen Verformung der Laufspur“, die offenbar einen „eigenen Resonanzkörper“ geschaffen habe. Die Wuppertaler selbst fassen sich kürzer: „Rappelkisten“, nennen sie die Wagen.
Touristenattraktion und wichtiges Transportmittel
Deshalb wurde der Betrieb eingestellt, 29 Züge blieben in den Bahnhöfen. Nur am Wochenende werden einige Wagen mit verminderter Geschwindigkeit auf die Strecke geschickt. Schließlich ist das weltweit einmalige Wahrzeichen der Stadt nicht nur Transportmittel sondern auch Touristenattraktion.
Wobei die Bahn als Transportmittel in der 362.000-Einwohnerstadt praktisch das Rückgrat des öffentlichen Nahverkehrs bildet. In normalen Zeiten nutzen sie täglich rund 82.000 Passagiere. Sie müssen nun auf ihr Auto oder die 31 auf dem Gebrauchtwagenmarkt beschafften zusätzlichen Busse umsteigen. Was die Straßen in der Stadt nicht leerer macht.
Zu wenig Passagiere während des Lockdowns
Deshalb läuft die Fehlersuche auf Hochtouren, wie Elmar Thyen, Leiter der Konzernkommunikation der Wuppertaler Stadtwerke beteuert. Mittlerweile gibt es auch eine erste Theorie und die geht – vereinfacht dargestellt – so: Als im April der Lockdown wegen Corona kam, verzeichnete die Schwebebahn einen Einbruch der Fahrgastzahlen zwischen 70 und 90 Prozent. Dafür aber ist die Bahn nicht ausgelegt.
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Jede Kabine sei ein freischwebendes Pendel, hat Kindinger jüngst ausgeführt. Sei er leer, hänge er nicht vollkommen gerade, sondern sei leicht zur Einstiegsseite hin geneigt. Erst ab einer bestimmten Fahrgastzahl werde der Wagen austariert. Die aber hat es in den Corona-Monaten nur selten gegeben, so dass die 80 Zentimeter großen Stahlräder auf der Schiene über den Wagen ständig leicht schief liefen und sich abnutzten.
Jede Woche gehen die Züge auf Testfahrten
„Eine Hypothese“, sagt Thyen. Eine von mehreren. Auch die grundsätzliche Qualität der Stahlräder soll unter die Lupe genommen werden. Möglich sei zudem dass die starken elektrischen Antriebsmotoren der erst vor vier Jahren angeschafften Züge so viel Hitze beim Anfahren erzeugen würden, dass die Räder beschädigt werden.
„Wir prüfen alles“, erklärt der WSW-Sprecher. Direkt am Objekt. „Für eine Schwebebahn gibt es leider keine wissenschaftlich nutzbare Computersimulation.“ So gehen nun regelmäßig Testzüge auf Strecke. Mal leer, mal zu einem Drittel beladen mal zur Hälfte. Außerdem haben Stadtwerke-Mitarbeiter ein Spezialprofil für die Schieflage entwickelt, das sie nun in die Alträder schneiden. Ob es hilft?
Thyen rechnet Mitte November mit ersten Erkenntnissen. Parallel zu den Testfahrten sollen nach und nach alle Schwebebahnwagen zurück zum Hersteller Kiepe Electric gebracht werden, um fehlerhafte Dachverklebungen, störungsanfällige Verkabelungen und instabile Steckverbindungen zu beseitigen.
2021 feiert die Schwebebahn ihren 100. Geburtstag
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Die Zeit drängt. 2021 feiert die Schwebebahn 100. Geburtstag. Markus Hilkenbach, Vorstandsvorsitzender der Wuppertaler Stadtwerke, gibt dann auch das Ziel vor: „Unsere Aufgabe ist es, aus dem Mängelmodell wieder das Wahrzeichen der Stadt zu machen, auf das die Wuppertaler stolz sein können.“
Wer die Kosten für diese Aufgabe übernimmt, weiß derzeit niemand ganz genau. Nur eines ist klar: Das Corona-Virus werden sie schlecht haftbar machen können in Wuppertal.