Dortmund. Nach sechs langen Jahren der Sanierung heißt das Dortmunder Museum für Naturkunde jetzt Naturmuseum, und auch sonst ist (fast) alles neu.
Was für ein Glück, der Dino ist noch da. Generationen von Dortmundern kennen dieses Museum nur so: Kommste rein, steht da der Ignanodon. So hoch, dass er die grasfressenden Zähne in die zweite Etage bleckt und dass der Dorn, wo andere den Daumen haben, nicht nur für Kinder unerreichbar ist. Seit 1980 hält der Kunststoff-Saurier diese Haltung, und so hat er auch den Umbau überstanden, sechs Jahre lang unter einer Plane. Um ihn herum ist nichts geblieben, wie es war, nicht einmal der Name: Das Museum für Naturkunde ist jetzt das Naturmuseum Dortmund.
So wie der Ignanodon war vieles von gestern im alten Gebäude, der Brandschutz, die Energietechnik, das Ausstellungskonzept. Deshalb machten sie dicht nach der Nacht der Museen 2014, eine Sanierung stand an, die bald zehn Millionen Euro kosten sollte. Und dann passierte das: Überschwemmung oder gar kein Wasser, keine Heizung oder zuviel Heizung, Stromausfälle, tote Telefone und eine Baufirma, die pleite machte und alles ein Jahr aufhielt. Noch kürzlich tropfte es durchs Dach. „Das einzige, was wir nicht hatten“, sagt Museumsdirektorin Elke Möllmann am Montag zur Eröffnung, „war ein Vulkanausbruch.“
„Bitte nicht anfassen“ liegt nur an Corona
Dabei läge das nah, man kann nämlich drinnen „in eine erstarrte Gasblase einer Lava fassen“. Oder auch nicht: Corona macht, dass viele der neuen Mitmachstationen noch geschlossen sind und geheimnisvolle Schubladen zu. „Haptik“, sagt Elke Möllmann, „ist in diesen Zeiten leider nicht möglich.“ Auch neben dem ausgestopften Schaf, dem Schwein, der Kuh klebt eine durchgestrichene Hand, dabei sind die eigentlich zum Streicheln da. „Sind aber schwer zu desinfizieren“, erklärt Museumspädagoge Julian Stromann.
Ruhrverband spendet „frische Fische“
Das ist das Neue im Naturmuseum, es will zum Anfassen sein, eine Bildungs- und Forschungseinrichtung. „Eins gibt es hier nicht“, sagt Oberbürgermeister Ullrich Sierau, und nennt gleich drei: „Verstaubte Exponate, trockene Texte, Erklärungen, die man erst erklären muss.“ Dabei war das Naturkundemuseum so nie, es war immer ein Überaum für kleine Forscher. Die sich am Eröffnungstag belehren lassen müssen: Das Aquarium war nie größer als heute, sie sind bloß selbst gewachsen.
Es ist aber der Rochen nicht mehr drin und überhaupt kein tropischer Fisch: „Frische Fische“ sind eingezogen, sagt Elke Möllmann, der Ruhrverband holte sein Geschenk aus der Möhne, „Fische von vor der Haustür“, sagt Georg Gram. Der Tierpfleger und Fischwirt hat in der vergangenen Woche im Tauchanzug höchstselbst die Wasserpflanzen eingesetzt und alle Scheiben von innen geputzt, damit man auch sieht, was da schwimmt: gutgenährte Forellen etwa („unsere Fische sind nicht die schlanksten“) und eine „letzte Überlebende aus dem alten Aquarium“.
Fuchs lauert im Fredenbaumpark
„Von vor der Haustür“ stammt jetzt vieles im Museum, man will Lebensräume und Ökosysteme aus der Region zeigen, die Dauer-Ausstellung heißt „Stadt - Land - Fluss“. Weshalb das Ortsschild „Dortmund Ortsteil Mitte“ hineinführt, dahinter gibt es Fotos von sehr gewöhnlichen Großstadt-Straßen und im Original die Tiere, die dazugehören: Kellerassel, Winkelspinne, Elster. Aber auch den Hund an der Laterne, die Katze auf dem Schrank und hinter einem vollen Abfalleimer den Fuchs im Fredenbaumpark.
Knöpfe bringen Vögel zum Singen
Alle erst eingefroren und dann präpariert, wie all’ die Singvögel in einer Vitrine und das Wildschwein, „ich könnte das nicht“, sagt eine Frau, „die sind ja so weich“. Der fünfjährige Elyas aber drückt begeistert alle Knöpfe, es singt der Zaunkönig, es singt die Amsel, nur der Rabe hat keinen Drücker, „der singt nicht“. Dafür spricht Kabarettist Fritz Eckenga durch die Kopfhörer, und die Kamille duftet sogar durch die Maske.
In echt sprechen die Museumspädagogen, die herrlich erzählen können vom Saurier, den sie stehenlassen mussten, weil man ihn nicht zerlegen kann, oder vom Skelett der Mammutkuh, die „eigentlich viele Mammuts sind“, jeder Knochen von einem anderen Urviech. Davon, wie blöd es ist, wenn sich dem steppengewohnten Neandertaler plötzlich eine Birke in den Weg stellt („Dann ist die Speerschleuder Mistekiste“) und vom Menschenschädel, der einem rechten „Bollermann“ gehört haben muss („Türsteherformat“).
Eiszeit war nicht immer kalt
Tim Glörfeld weiß auch, dass es in der Eiszeit gar nicht immer kalt war, und er mag, dass so vieles hier aus der Nähe kommt: ein Stück Wollnashorn aus dem Stadtteil Brünninghausen, seine Zähne aus dem Rhein-Herne-Kanal, und die großen Ammoniten auch aus Dortmund. Das Einzige, was in diesem Museum nicht stimmt, ist ein lebendiger Saurier, vom stolzen Ignanodon nicht einmal eine halbe Portion. Im Kostüm steckt David, und der braucht zum Laufen den Arm eines Menschen. Aber das war nur ein Gag zur (Wieder-)Eröffnung.
>>INFO: AB DIENSTAG GEÖFFNET
Ab Dienstag, 8. September, ist das Naturmuseum, Münsterstr. 271 in Dortmund, wieder dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet. Corona-bedingt sind allerdings noch nicht alle Mitmach-Stationen zugänglich. Zudem müssen Besucher sich anmelden und Tickets vorbestellen unter www.naturmuseum.dortmund.de