Dortmund/Duisburg. Keine Einnahmen, kaum gemeinsame Aktionen. Auch die Vereine im Land wurden von Corona getroffen. Wie sie durch die Krise kommen.
Sportplätze leer, Turnhallen verwaist. Wochenlang war Vereinssport in NRW in diese Frühling kaum möglich. Auch mit der Geselligkeit war es nicht weit her. Ganz im Gegenteil. Hier gab es keinen Osterbrunch, dort keinen Frühlingsball. Und nirgendwo haben sie „Horrido“ gerufen. Tausenden Vereinen im Land hat Corona das bisher geplante Jahresprogramm vom Tisch gefegt. Dass sich bis Dezember daran noch viel ändern wird, glaubt kaum jemand. „Die Saison 2020 ist gelaufen“, macht sich Philipp Schulz, Sprecher des Westfälischen Schützenbundes, keine Illusionen.
Fördertöpfe und treue Mitglieder
Etwas besser sieht es bei vielen der rund 18000 gemeinnützigen Sportvereine aus. „Die Lage hat sich etwas beruhigt“, sagt Frank-Michael Rall, Pressesprecher der Landessportbundes (LSB). Jedenfalls sei es bisher nicht so schlimm gekommen, wie manche zu Beginn der Pandemie befürchtet hatten. Die Fördertöpfe von Bund und Land hätten Vereinen, die in Schieflage geraten seien, schnell und unkompliziert geholfen, weiß Rall. Allein die in wenigen Tagen auslaufende „Soforthilfe Sport“ hatte zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. „Die gehen jetzt aber langsam auch zur Neige“, weiß Rall.
Kaum weniger wichtig allerdings sei die Solidarität der über fünf Millionen Vereinsmitglieder gewesen, sagt der LSB-Sprecher. Nicht nur, dass laut Rall so gut wie niemand den meist im Voraus gezahlten Jahresbeitrag zurückgefordert habe. Ob beim Ringen, Turnen, Schwimmen oder all den anderen Fachverbänden „es ist kaum jemand irgendwo von der Fahne gegangen“.
„Von einer Austrittswelle ist nichts zu spüren“
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Das ist bei den Schützen nicht viel anders. „Von einer Austrittswelle ist nichts zu spüren“, sagt Uwe Pakendorf, Geschäftsführer des Rheinischen Schützenbundes. Philipp Schulz kann das nur bestätigen. Die meisten Mitglieder der rund 900 Vereine im Westfälischen Schützenbund, seien nicht nur solidarisch gewesen, sie hätten sich sogar verstärkt eingebracht, indem sie etwa im Verein eine „digitale Infrastruktur“ aufbauten.
Insgesamt, fasst Schulz zusammen, sei die Situation der Vereine „nicht rosig“. „Aber ein Massensterben sehe ich derzeit nicht.“ Auch Pakendorf kennt im Augenblick „null Vereine, die beschlossen haben, sich wegen Corona aufzulösen“. Er hat stattdessen „eine Art Winterschlaf mitten im Sommer“ festgestellt. „Viele versuchen erst einmal unter der Corona-Welle wegzutauchen.“
Neues Sonderprogramm „Heimat, Tradition, Brauchtum“
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Luft verschafft manchen Vereinen dabei das seit knapp vier Wochen laufende neue Sonderprogramm „Heimat, Tradition und Brauchtum“, das ihnen, abgewickelt über die Bezirksregierungen im Land, einen einmaligen Zuschuss in Höhe von bis zu 15 000 Euro gewährt, um existenzbedrohende Liquiditätsengpässe zu überwinden. 46 Anträge seien bisher eingefangen, sagt Christoph Söbbeler Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Bei der Bezirksregierung in Düsseldorf sind bisher 53 Anträge eingegangen. Darunter sind unter anderem drei von Schützenvereinen, drei von Musikcorps, sieben von Karnevalsvereinen aber auch zwei von Gartenbauvereinen und einer von einer Kirmes. Meist geht es um Unterstützung für die laufenden Kosten.
Wahrscheinlich wäre die Zahl der Anträge noch weitaus höher, wären die im Landessportbund organisierten Vereine antragsberechtigt wären. Das sind sie aber nicht, da für sie bereits die Soforthilfe Sport geflossen ist.
„2021 wird das Jahr der Wahrheit“
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Grundsätzlich verständlich, aber für manchen Schützenverein „unglücklich“, wie Philipp Schulz sagt. Denn wer in NRW in einem Schützenbund ist, ist automatisch auch im LSB, selbst wenn das Vereinsziel eher die Traditionspflege als das Schießen ist. Manchen dieser Vereine, da sind sich Schulz und Pakendorf einig, hätte das neue Hilfsprogramm vielleicht helfen können.
Niemand wisse ja, wie es weitergehe mit Corona. „Die Gefahr ist nicht weg“, warnt Philipp Schulz. Vor allem nicht für Vereine, die Clubhaus, Schießstand oder Reitanlage nicht gepachtet haben sondern selbst besitzen. „Da laufen die Kosten weiter“, weiß Pakendorf und will dann auch nicht auf-, sondern höchstens einmal durchatmen. „Erst 2021“, ahnt der Vorsitzende, „wird für viele Vereine das Jahr der Wahrheit.“