Essen/Herne. Keine Kirmes, kein Schützenfest. Für Schausteller und einige Vereine im Land könnte es nun eng werden.

Natürlich haben sie alle geahnt, dass es so kommen könnte. „Wir wissen ja, was draußen los ist“, sagt Rolf F. Nieborg, Sprecher des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften. Trotzdem gab es Hoffnung, gab es Worte wie „vielleicht, „mal sehen“, „abwarten“. Nun gibt es nichts mehr. Denn seit Mittwoch steht fest: Alle Großveranstaltungen im Land sind wegen des Corona-Virus bis mindestens Ende August verboten.

„Die Absagen treffen uns wie ein Berufsausübungsverbot.“

Schützenfeste fallen aus und nirgendwo wird es bis dahin eine Kirmes geben. Nicht in Düsseldorf, nicht in Oberhausen und auch nicht auf Crange. „Eine Katastrophe“, sagt Wolfgang Lichte, Sprecher der Herner Schausteller. Und Nieborg fürchtet: „In vielen Vereinen wird es ein Heulen und Zähneklappern geben.

Für die Schausteller in NRW ist dieses Frühjahr ein Totalausfall.
Für die Schausteller in NRW ist dieses Frühjahr ein Totalausfall. © dpa | Martin Gerten

Vom 6. bis zum 16. August sollten sie wieder kommen nach Crange. 500 Schausteller und rund vier Millionen Besucher. Doch die Cranger Kirmes, eines der größten Volksfeste im Land, ist abgesagt. Genau wie die Rheinkirmes in Düsseldorf oder die Fronleichnamskirmes in Oberhausen. „Eine 1200 Jahre alte Kultur in Deutschland steht auf dem Spiel“, warnt der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes DSB, Albert Ritter. „Die Absagen treffen uns wie ein Berufsausübungsverbot.“

Eine Verschiebung in den Herbst ist meistens schwierig

Viele kleine Betriebe stünden schon jetzt am Abgrund, hat Oskar Steinmeister, der mit seinem Vater Bernd seit über 40 Jahren einen Bierpavillon auf der Herner Rummel betreibt, festgestellt. „Ohne Konjunktur-Programm ist die Branche tot“, prophezeit er. Eine Cranger Kirmes, wie man sie gewohnt sei, würde es künftig sonst nicht mehr geben.

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Hinter den Kulissen wird deshalb angeblich in Herne und Düsseldorf über eine Verschiebung des Kirmestrubels nachgedacht. Und die Stadt Oberhausen teilte bereits mit, man suche nach einem Termin im letzten Quartal des Jahres. Problem dabei: Viele Schausteller sind da bisher noch für andere Veranstaltungen gebucht.

Schützenvereine wollen wahrgenommen werden

Wird es in diesem Sommer nicht geben. Schützen beim Umzug
Wird es in diesem Sommer nicht geben. Schützen beim Umzug © Presseamt Neuss | Foto

Auch grüne Uniformjacken wird man in diesem Sommer nicht sehen in den Städten des Landes. „Rund 90 Prozent der Schützenfeste finden bis September statt“, weiß Uwe Pakendorf, Geschäftsführer der Rheinischen Schützenbundes. „Und die fallen nun alle aus.“

Genau wie Frühlingsfeste, Sommergrillen oder die Möglichkeit, die Vereinsheime für private Feiern zu vermieten. Eine Absage alleine sei meist unproblematisch, sagt der ehemalige Landesschützenkönig Henning Sarstedt vom Verein Essen-Frintrop 1919. „Aber wenn alle Veranstaltungen ausfallen, könnte es für manchen Verein schwierig werden.“ Im schlimmsten Fall, fürchtet auch Pakendorf, könnten durch Corona bis Jahresende rund 50 Prozent der Schützenverein in eine finanzielle Schieflage geraten.

Fehlendes Geld ist aber nicht das einzige Problem der Schützen. In manchen Vereinen ist es angeblich nicht mal das Größte. „Für jeden Verein ist es wichtig, in der Stadt wahrgenommen zu werden“, sagt Diözesanbundesmeister Friedhelm Osterfeld vom Diözesanverband Essen, in dem zahlreiche historische Bruderschaften des Ruhrgebietes organisiert sind. „Und das wird ohne Schützenfest viel schwieriger.“

Viele Königspaare bleiben ein Jahr länger im Amt

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Das weiß kaum jemand besser als Wolfgang Barabo, Oberst des Iserlohner Bürgerschützenvereins (IBSV), der eines der größten Einzel-Schützenfeste des Landes mit Zehntausenden Besuchern ausrichtet und dessen Musikparade jedes Jahr auch viele Besucher aus dem Revier anlockt. „Das Schützenfest verbindet die gesamt Stadt“, ist er überzeugt. Natürlich habe deshalb auch über eine Verschiebung in den Herbst nachgedacht. „Aber das ist sehr schwierig.“ Zeltverleiher, Kapellen – „die haben ja alle Termine“.

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Sehr wahrscheinlich also, dass der Iserlohner König Ralf Löschmann und seine Königin Angelika Schmerl wie so viele andere Schützen-Majestäten ein komplettes Jahr länger im Amt bleiben. Was Barabo für richtig hält. „Die großen Feiern vor dem Fest sind wegen Corona ja alle ausgefallen. Die kann unser Königspaar 2021 dann nachholen.“