Essen. Am Samstag hat nach drei Monaten Corona-Schließung erstmals wieder eine Fachmesse eröffnet: für Brautmoden. „Wir haben gesagt, wir packen es an.“
Schon ganz zu Anfang prallen Welten aufeinander, aber so kann es ja beispielsweise in Ehen auch gehen. Da ist das Stoppschild im Eingang, zeigt eine entsetzt gehobene Hand: „Kein Zutritt bei Erkältungssymptomen.“ 20 Meter dahinter stapelt sich die aufwändige Messebroschüre „Bridal Biz“, 74 Seiten Hochglanzgedrucktes, die es eigentlich nicht mehr hatte geben sollen auf dieser Messe. Wegen Corona und Kontaktvermeidung seien alle Infos abgewandert in eine Messe-App, so der Veranstalter – aber „Bridal Biz“ war ja längst gedruckt.
Denn schon vor drei Monaten hatte die Brautmoden-Messe „European Bridal Week“ hier in Essen stattfinden sollen. Jetzt ist sie von Samstag bis Montag die erste internationale Fachmesse überhaupt, die nach den Corona-Schließungen wieder stattfindet in Deutschland. In Nordrhein-Westfalen geht das seit Ende Mai, in den anderen Bundesländern auf mittlerer Höhe zwischen NRW und Brandenburg auch, im Norden kaum und im Süden nicht.
Der alljährliche Laufsteg fehlt ganz, die Champagner-Bar ist eingezäunt
Und so ist Halle 3 in Essen drapiert in hellem Rosa, und natürlich ganz in Weiß. Man sieht Brautkleider, Brautkleider sowie Brautkleider, doch die Braut trägt Maske. Also, die Models tragen sie natürlich. Voll ist es auch nicht, es gelten ja die Abstandsregeln, und weil es eine Fachmesse ist, haben eh nur Branchenangehörige Zugang, normal neugierige (Braut)Leute nicht. Der alljährliche Laufsteg fehlt ganz, die Champagner-Bar ist eingezäunt, der Zutritt dort begrenzt, und die lockeren Branchentreffen am Abend, die finden auch nicht statt.
Und doch, sagt Peter Damhuis, hätte ihm „die Messeluft gefehlt: Wir brauchen unsere Messen“. Damhuis ist Geschäftsführer von „Herve Paris“. Die Branche ist klein, erläutert er, jeder kennt jeden, der persönliche Kontakt müsse sein. Die Braut kaufe ihr Brautkleid ja auch nicht online: „Das ist ein ganz spezieller Tag, dazu gehört spezielle Beratung, das kann man nicht kaufen im Internet.“
Im Sommer gibt es in Deutschland maximal zehn Messen, und viele sind jetzt verlegt
Messebetrieb in Essen, nichts in Dortmund, nichts in Düsseldorf, nichts in Köln, nichts in ganz Deutschland. Naja, eine kleine „Lebensart“-Messe noch in einem Park in Pirmasens, aber die ist draußen und zählt nicht. Unabhängig von den Einschränkungen durch Corona gebe es im Messebetrieb immer „eine Art Sommerpause“, so Harald Kötter vom „Verband der Deutschen Messewirtschaft“: „Juli und August finden maximal zehn Messen statt, viele davon mit regionaler Bedeutung.“
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Und von den wenigen seien noch etliche verlegt worden, „weil es in den jeweiligen Bundesländern noch keine klaren Regelungen gab“. Die gibt es nun für NRW, und darin steht unter anderem, dass auf sieben Quadratmeter Fläche ein Besucher kommen dürfe und auf 35 Quadratmeter ein Beschäftigter von Ausstellern.
„Wir hoffen, dass ein positiver Verlauf eine Signalwirkung hat“
„European Bridal Week“ hatte eigentlich im April über die Bühne gehen sollen. Verlegt auf Mai, verlegt auf Juli, und dann ist es auch wirklich Zeit geworden: Denn die Kollektionen für 2021 müssen im Oktober in den Geschäften sein, die Lieferzeit beträgt drei bis vier Monate, „das kann man jetzt gerade noch gewährleisten“, sagt Helena Kischka.
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„Wir haben gesagt, wir packen es an“, sagt Kischka, die hier zuständig ist für internationales Marketing. „Schlaflose Nächte“ habe es in der Vorbereitung gegeben, „gerade, wenn man erster ist, muss alles klappen“. Und so schaut die Messewelt gerade auf Essen, so auch Harald Kötter vom Messewirtschaftsverband: „Wir hoffen, dass ein positiver Verlauf eine Signalwirkung für andere Veranstaltungen hat.“
Denn es gebe in der Branche „natürlich eine gewisse Unsicherheit, wie die neuen Rahmenbedingungen funktionieren und wie sie von Ausstellern und Besuchern akzeptiert werden.“ Augenscheinlich ganz gut, sichtbare Verstöße gibt es bei den Brautmodenleuten praktisch nicht. Nur manche Fragen bei verunsichertem Messepersonal: „Da möchte eine Frau zur Toilette, die sagt, sie sei von der Maskenpflicht befreit. Was tun wir?“ Man telefoniert ratsuchend dem Chef hinterher, will ein Attest sehen, dann entspannt sich die Lage: Die Frau, die von der Maskenpflicht befreit ist, hat einen Gesichtsschild dabei.