Dortmund. Die Kriminalität in der Dortmunder Nordstadt geht auch in Corona-Zeiten zurück. Doch bei Raubüberfällen stößt die Polizei an eine “Schallmauer“.

Eine gute und eine schlechte Nachricht aus der Dortmunder Nordstadt: Die Kriminalität geht weiter zurück. Auch, aber nicht nur in Coronazeiten. Allerdings bleibt sie auf hohem Niveau. Vor allem die Zahl der Raubüberfälle auf Straßen, Wegen und Plätzen bewegt sich nicht, die Polizei scheint hier an eine "Schallmauer" zu stoßen. In der Nordstadt mit ihren fast 60.000 Einwohnern geschehen so viele Raubüberfälle wie in Bochum und Herne (520.000 Einwohner) zusammen: Im ganzen vergangenen Jahr sind hier 141-mal Menschen im öffentlichen Raum ausgeraubt worden.

Doch alles ist relativ. Sieben Jahre zuvor kam es noch fast täglich zu solchen Überfällen - ein Rückgang um 59 Prozent. Tatsächlich gingen viele andere Deliktarten im ersten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück - auch schon im Januar und Februar, also vor Corona: Gesamtkriminalität -13% (3.128 Fälle). Gewalttaten: -5% (212 Fälle). Straßenkriminalität: -8% (676 Fälle). Worüber sich Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange freut: "Jahr für Jahr gehen die Zahlen nur in eine Richtung, nach unten."

Auch Wohnungseinbrüche nehmen wieder zu

Allerdings weiß Lange, dass die Nordstadt - von der Polizei als "gefährlicher und verrufener Ort" eingestuft, um anlasslos kontrollieren zu können - ein Kriminalitätsschwerpunkt bleibt. Vor allem die Raubüberfälle auf Straßen stagnieren seit 2018 (40 Fälle im ersten Quartal). Und Wohnungseinbrüche gehen seit 2018 wieder leicht nach oben, haben sich jedoch in sieben Jahren ebenfalls halbiert. Im ersten Vierteljahr waren es 60.

Beides ist leicht erklärbar: Die Junkies ziehen nicht einfach woanders hin, ihr Suchtdruck bleibt. Die Raubüberfälle dienen vor allem der Beschaffung von Geld für Drogen. "Wir sind wahrscheinlich an einem Punkt angelangt, wo eine Schallmauer erreicht ist, wo man Strukturen ändern muss", erklärt Udo Tönjann, Direktionsleiter Gefahrenabwehr der Dortmunder Polizei. Er meint eine mit allen Partnern abgestimmte Präventionsarbeit. Ab September soll die Münsterstraße per Video überwacht werden, auch davon erhofft die Polizei sich einen weiteren Rückgang.

Der positive Corona-Effekt

Tatsächlich gab es auch einen positiven Corona-Effekt: Die Taschendiebstähle brachen um 20 Prozent ein im ersten Quartal und sind nach einem Höchststand im Jahr 2015 (821 Fälle) auf nun 74 im ersten Quartal abgefallen. "Ohne Menschenansammlungen weniger Taschendiebstähle", erklärt Detlef Rath, Leiter der Wache Nord.

Die Nordstadt ist in den letzten Tagen stark in den Fokus gerückt als einer der "gefährlichen Orte" zu denen die Landesregierung auf Anfrage der AfD sämtliche Straßennamen nennen musste. Für Polizeipräsident Lange ist diese Einordnung, jedoch ein "Instrument, mit dem wir in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht haben". Die anlasslosen Kontrollen erlauben es nicht nur einzelne Straftaten, sondern vor allem Strukturen aufzudecken. Wer bewegt sich wo? "Die Frage soll offensichtlich implizieren, dass die Nordstadt ein unsicherer Ort sei. Tatsächlich machen wir den Stadtteil so sicherer."

Es kommt hinzu: Das Polizeigesetz kennt den Begriff des "gefährlichen Ortes" gar nicht, er hat sich nur eingebürgert, allerdings auch in Fachkreisen.