Essen/Dortmund/Bottrop. Corona legt das Leben im Land weitgehend still. Aber so schnell lassen sich die Menschen nicht unterkriegen. Drei Beispiele.

Kontaktverbote, geschlossene Geschäfte und Gaststätten. Seit gut zwei Wochen steht das Leben im Land weitgehend still. Doch viele Menschen im Revier haben sich mit der Ausnahmesituation arrangiert und versuchen, das Beste daraus zu machen – zumindest vorübergehend. Drei Beispiele, stellvertretend für viele.

Die Pizzeria

Taormina heißt sie, eine der ältesten Pizzerien Dortmunds ist sie. Giuliano Micolucci hat das Restaurant Mitte der 1980er-Jahre übernommen. „Aber so etwas“, sagt er, „habe ich noch nie erlebt.“ Seit fast 14 Tagen ist sein Laden nun dicht. „Ganz schlimm“, findet der Mann aus San Remo das, aber aufgeben will er nicht. Noch lange nicht. Muss er bisher auch nicht. Denn die Stammkunden lassen den Pizzabäcker ihres Vertrauens nicht im Stich. Viele stehen vor dem Fenster, aus dem heraus Micolucci verkaufen darf und bestellen Pizza und Pasta.

Natürlich, sagt der Pizzabäcker, sei das kein Vergleich zum normalen Restaurantbetrieb. „Aber es hält uns über Wasser.“ Für einige Zeit zumindest. Und damit diese Zeit nicht ganz so kurz ist macht das Taormina nun etwas, was es noch nie gemacht hat und eigentlich auch nie machen wollte. Es liefert nach Hause. Kontaktfrei und ab einem gewissen Bestellwert auch kostenlos.

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Und trotzdem: „Wenn wir wieder aufmachen dürfen, werden wir Schulden gemacht haben“, macht sich Micolucci nichts vor. Wie alle anderen auch. Niemand wisse ja, wie das Geschäft anlaufe, denn: „Bei vielen Leute wird das Geld nach der Krise knapp sein.“ Dennoch ist der Gastwirt verhalten optimistisch. „Irgendwie werden wir das schon schaffen.“

Die Tanzschule

Thomas Püttmann-Lentz tanzt  mit Sandra Wilhelm in der Tanzschule Lentz in Essen. Und seine Tanzschüler können über das Internet zuschauen.
Thomas Püttmann-Lentz tanzt mit Sandra Wilhelm in der Tanzschule Lentz in Essen. Und seine Tanzschüler können über das Internet zuschauen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Auf einmal war alles vorbei. Auch in der Tanzschule Lentz in Essen. Kontaktverbot. Was Tanzkurse derzeit unmöglich macht. „Im Vergleich zu vielen anderen Dingen, ist ein ausgefallener Tanzkurs natürlich schon ein Luxusproblem“, bleibt Tanzschul-Chef Thomas Püttmann-Lentz realistisch. Andererseits seien die Menschen ja derzeit für jede Abwechslung dankbar. Vor allem die vielen Kinder aus den Tanzkursen, die nun zu Hause sitzen. „Deshalb haben wir uns sofort hingesetzt und überlegt, wie wir die Zeit überbrücken können.“

Moderne Technik soll es nun richten. Die Tanzschule Lentz ist nicht die einzige, die in Corona-Zeiten auf das Internet setzt, sie war aber eine der ersten. Nach nur zwei Tagen flimmert der erste Tanzkurs online und live in die Wohn- und Kinderzimmer der Tanzschüler. Line-Dance für die Senioren, Hip-Hop für die Jüngeren, Standard und Latein-Tänze für ihre Eltern. Alle sind zufrieden, „die Kids reißen zu Hause die Bude ab vor Begeisterung“, hat Püttmann-Lentz aus Rückmeldungen erfahren.

Erntehelfer dürfen unter Auflagen nach Deutschland kommen

Um drohende Ernteausfälle zu verhindern, sollen in diesem und im kommenden Monat jeweils 40 000 Saisonarbeiter aus Osteuropa nach Deutschland einreisen dürfen. Darauf haben sich Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Donnerstag verständigt.

Laut einem Konzeptpapier der beiden Ressorts dürfen die Arbeiter ausschließlich in Gruppen und mit dem Flugzeug einreisen. Vorgesehen ist außerdem eine Gesundheitsprüfung. Liegen Anhaltspunkte auf eine Corona-Infektion vor, soll die Einreise verweigert werden. Die neu eingereisten Helfer müssen demnach in den ersten 14 Tagen nach ihrer Ankunft getrennt von anderen Beschäftigten arbeiten und dürfen den Betrieb nicht verlassen.

Trotzdem spricht der 54-Jährige von einer „Notlösung“. Aber sie hilft. Bis jetzt jedenfalls hat es in all den vielen Kursen nur eine Abmeldung gegeben. „Wie es scheint“, sagt Püttmann-Lentz, „bleiben unsere Kunden uns treu.“

Der Landwirt

Jörg Umberg  bleibt optimistisch. Bisher läuft es auf seinem Hof gut mit der Ernte.
Jörg Umberg bleibt optimistisch. Bisher läuft es auf seinem Hof gut mit der Ernte. © FUNKE Foto Services | MATTHIAS GRABEN

Glück gehabt. „Das kühle Wetter hat uns geholfen“, sagt Jörg Umberg, Chef des Obst- und Spargelhofes Umberg in Bottrop. Denn es hat den Spargel langsamer wachsen lassen und dem Landwirt so Luft bei der Ernte verschafft. „Bisher“, sagt Umberg, „kommen wir gut klar.“

Auch weil ein großer Teil seiner Stammcrew von Erntehelfern aus Osteuropa bereits eingereist war, als die Regierung die Grenzen dicht gemacht hat. Die Lücken werden nun mit heimischen Kräften aufgefüllt. Was allerdings einfacher klingt, als es ist. „Viele bürokratische Hindernisse sind zwar verschwunden, organisatorisch aber ist die Aufgabe schwieriger geworden.“

Wie viele Stunden in der Woche kann und will der Helfer aus der Nachbarschaft arbeiten? Wie lange hat er Zeit? Es bringt mir ja nichts, wenn ich Leute aus der Gastronomie einstelle, die jetzt in Kurzarbeit sind aber sofort wieder verschwinden, wenn ihr Lokal wieder aufmachen darf“, nennt er ein Beispiel. Ende April, fürchtet Umberg, könnte es schwierig werden.

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Weil dann zur Spargel- auch noch die Erdbeerernte hinzukommt. Und weil gesät werden muss, was in den kommenden Monaten wachsen und geerntet werden soll. Aber bis Ende April ist ja noch Zeit. „Wir hoffen“, sagt Umberg, „dass bis dahin tatsächlich genügend Erntehelfer einreisen durften.