Essen. Rund 30 Corona-Patienten sind nach der Heilung im Uniklinikum Essen wieder zuhause. Prof. Oliver Witzke fordert „Rationalität statt Panikmache“.

Rund 50 Corona-Patienten werden derzeit behandelt im Essener Uni-Klinikum, etwa 30 sind bereits wieder entlassen. „Mir ist ganz wichtig zu betonen, dass wir immer wieder Patienten nach Hause gehen lassen und dass die das schaffen und gesund werden“, sagt Professor Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen. Er fordert „Rationalität statt Panikmache“ im Umgang mit Corona.

Manche der Patienten, die beatmet werden müssen, die waren vor acht Wochen noch im Urlaub, die sind vor zwei Monaten noch Ski gefahren, die stehen eigentlich mitten im Leben. „Wir haben relativ viele stationär im mittleren Lebensalter, mehr Männer, und ich glaube, dass die noch Wochen brauchen“, sagt der 51-Jährige: „Das ist beängstigend, aber die werden wieder gesund.“

Stationäre Behandlung dauert ein bis zwei Wochen, Beatmungen bis zu drei Monate

Stationäre Behandlungen auf Corona dauerten sieben bis 14 Tage, Beatmungen könnten ein bis drei Monate dauern, die Menschen haben anfangs Todesangst. „Aber wenn jemand merkt, es wurde immer schlechter, und jetzt bleibt es gleich, und jetzt wird es besser, dann merkt man gleich, wie sich die Psyche aufhellt.“

Professor Oliver Witzke ist der Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen.
Professor Oliver Witzke ist der Direktor der Klinik für Infektiologie am Uniklinikum Essen. © Essen | Kerstin Kokoska

Aber wie kommt man überhaupt ins Krankenhaus mit Corona? Wie immer, wen man sich schwer krank fühlt: Man kann in die Notaufnahme kommen. „Schlechter Allgemeinzustand und Atemnot“ seien Gründe, Menschen aufzunehmen, eine Untersuchung auf eine Lungenentzündung und ein Coronatest folgten.

„Es gibt viel mehr, die glauben, dass sie es haben, als sich hinterher herausstellt“

Aber bei Lungenentzündung muss natürlich nicht Corona hinzukommen, um aufgenommen zu werden. „Die Menschen, die positiv getestet sind, haben Angst, machen sich Sorgen“, sagt Witzke: „Aber es gibt viel mehr, die glauben, dass sie das haben, als sich dann hinterher herausstellt.“

Schwer auszuhalten seien die Besuchsverbote. Aber wenigstens gebe es über Smartphone und Internet heute ganz andere Möglichkeiten „als vor 15 Jahren“. Witzke: „Besonders die, die lange liegen, leiden sehr darunter.“ Besuchsverbote habe er noch wie erlebt, nicht als Arzt (seit 1995) und nicht als Medizinstudent in Essen (seit 1988).

Medizin geht inzwischen davon aus, dass Geheilte lange immun sind

Inzwischen gehen die Mediziner davon aus, dass Geheilte „zu 99 Prozent und mehr“ immun sind gegen das Coronavirus. „Sonst würde das ja immer weiter gehen mit dem Virus.“ Das Uniklinikum hat sehr gute Beziehungen zum chinesischen Wuhan, „die Kollegen haben mehrere Monate Vorlauf, die gehen von Immunität aus. Mein Gefühl ist auch, dass sie lange anhält.“

Auch interessant

Freilich: Aus dem Krankenhaus entlassen wird man heute – bei allen Krankheiten – nicht mehr als „gesund“, sondern als „entlassbar“. „Sie dürfen nicht mehr in Gefahr sein. Von Ihnen darf keine Gefahr mehr ausgehen. Sie brauchen keinen Sauerstoff mehr. Und Sie müssen zuhause allein oder mithilfe der Haushaltsmitglieder klarkommen“, sagt Witzke: „Richtig gesund werden die meisten erst Wochen später sein.“ In Absprache mit dem Gesundheitsamt müssten einige auch weiterhin in häuslicher Quarantäne bleiben.

„Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt die ersten positiven Effekte sehen“

Und wie geht es weiter? „Im Moment scheint es ein Plateau zu geben, da muss man sehen“, so der Mediziner: „Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt die ersten positiven Effekte der Maßnahmen sehen, die wir im letzten Moment eingeleitet haben.“

Deutschland sei gut versorgt und gut vorbereitet. Und dann gibt es noch die Schwestern und Pfleger: „Wer hochprofessionell damit umgeht, sind die Mitarbeiter. Im Infektionsbereich läuft alles in wahnsinniger Ruhr und Ordnung ab.“