Dortmund. Seit Montag haben die Schulen im Land geschlossen. Doch für Lehrer und Lehrerinnen beschränkt sich die Arbeit nicht auf die Kinder-Notbetreuung.
Montagmorgen ist es und eigentlich wäre jetzt Kunst in der 1a. Und dann Mathe. Aber der Unterricht fällt aus hier an der Petri-Grundschule. Wie überall im Land. Nur Kinder, die die Eltern in der Kürze der Zeit nirgendwo anders unterbringen konnten, dürfen noch kommen. Zwei sind das an diesem Morgen. „Ich hatte mit mehr gerechnet“, sagt Juan Carlos Böck, Direktor der Schule.
Kollegium ist vollzählig erschienen
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An vielen anderen Grundschulen sind es auch mehr. Aber möglicherweise liegt das in diesem Fall daran, dass, wie der Direktor gehört hat, gleich gegenüber der Petri-Grundschule in den Städtischen Kliniken Dortmund über das Wochenende eine eigene Betreuungsgruppe für den Nachwuchs der Angestellten auf die Beine gestellt worden ist. „Ab Mittwoch ist hier niemand mehr“, sagt Böck. Anfragen von Eltern in systemrelevanten Berufen habe es nicht gegeben. Und für alle anderen Kinder sind die Schulen nicht zuständig. Böck selbst wird trotz Schließung kommen. Ein paar Stunden täglich. „Falls Eltern anrufen oder es sonst etwas zu klären gibt.“
Am diesem Montag aber ist das Kollegium noch einmal vollzählig erschienen. Zumindest 16 von 19 Männern und Frauen. „Wir haben drei Krankheitsfälle“, sagt der Direktor. Nicht unüblich für die Jahreszeit. „Es geht auch in keinem Fall um Corona.“ Dementsprechend gibt es keine Unruhe. „Die Stimmung ist entspannt.“
Schließung „ist richtig“, kam ab „sehr kurzfristig“.
Am vergangenen Freitag war sie das nicht. „Nicht überraschend“ und „völlig richtig“ aber „sehr kurzfristig“ sei die Entscheidung über Schulschließungen gefallen, sind sich die meisten in der Lehrerschaft einig. „Freitags um 13.30 Uhr, da geht nicht mehr viel in einer Grundschule“, bestätigt Böck und „muss mal eine Lanze für die Kollegen und Kolleginnen brechen“. „Was da in kürzester Zeit geleistet wurde, ist schon toll.“
Arbeitshefte und –materialien haben sie in Windeseile für die 190 Kinder zusammengestellt, damit die zu Hause lernen können. Nicht freiwillig, sondern verpflichtend. „Das sind keine vorgezogenen Ferien“, stellt der Direktor klar. Das sei den meisten Kindern auch bewusst, glaubt er. Jubel jedenfalls habe es bei der Verkündung der Schulschließung nicht gegeben. „Die meisten waren eher verwirrt.“ Deshalb haben ihre Lehrer ihnen die die Situation erklärt, bevor die Eltern zur Abholung kamen.
Vorlesestunde für zwei Schülerinnen
Nun sind die Kinder zu Hause, ihre Lehrer aber haben immer noch alle Hände voll zu tun. Das „etwas beengte Lehrerzimmer“ haben sie eingetauscht gegen die weitaus geräumigere Aula. „Unterricht. Bitte nicht stören“, steht auf dem Schild, das jemand an die Tür gehängt hat aber das ist natürlich ein wenig geschwindelt.
Denn Unterricht gibt es an diesem Morgen nur oben im Raum der Klasse 1b, wo es sich Eda und Thea (Name geändert) gemütlich gemacht haben und begeistert lauschen, wie Lehrer Philip Vaupel ihnen – aus angemessener Entfernung - die Geschichte vom „Gute Nacht-Kuss, der danebenging“, erzählt. Vorher haben sie ein wenig in der Turnhalle getobt, anschließend werden sie basteln. Und um 14 Uhr werden sie abgeholt.
In der Lehrerschaft macht sich Erleichterung breit
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Der Rest des Kollegiums diskutiert derweil in der Aula, was man den Schülern noch an Unterlagen und Aufgaben bis zum echten Ferienbeginn noch nach Hause schicken kann. Oder über das, was man den Eltern via Telefon, E-Mail oder auf der Homepage noch an Informationen zukommen lassen muss. Alle Mütter und Väter hätten bisher mit viel Verständnis reagiert, sagt der Direktor.
In der Lehrerschaft macht sich angesichts der von der Regierung beschlossenen Schließung Erleichterung breit – vor allem bei den Kollegen und Kolleginnen, die gesundheitlich vorbelastet sind. „Die Sorge ist in den letzten Unterrichtstagen gestiegen“, gibt eine Lehrerin zu. Sie und die anderen Lehrkräfte werden – ab Mittwoch im Home-Office - in diesen fast drei Wochen die schulinternen Lehrpläne überarbeiten und an die veränderte Schülerschaft anpassen. „Dafür ist sonst kaum Zeit“, erklärt Böck und ist überzeugt: „Arbeit gibt es für uns genug.“
Für andere nicht. Auf der Straße vor dem Gebäude haben sich gut ein Dutzend Schüler von weiterführenden Schulen getroffen. „Mal sehen, was geht“, kündigt einer an. Was auch immer, es wird gemeinsam gemacht. Überall ist die Gefahr von Corona offenbar noch nicht angekommen.