Oberhausen. Für ein Paar aus Oberhausen wurde der Skiurlaub in Italien zum Kurzurlaub. Von einem Tag auf den anderen mussten sie ihr Hotel räumen.
„Ich komme ja aus einem Risikogebiet und fahre nun heim“, witzelt Reiner Pesch. „Aber ich habe das Gefühl, es ist andersherum.“ Der Physiotherapeut aus Oberhausen ist mit seiner Frau Lydia Domke gerade auf dem Rückweg von der Seiser Alm in Südtirol. Es war ein Kurzurlaub, zwangsweise. Denn am Dienstag musste das Paar abreisen, nach zwei statt sechs Tagen. Am Vorabend um 20 Uhr hatte es im Hotel noch geheißen: „Sie können bis Mittwoch bleiben“, berichtet Pesch. Zwei Stunden später kam die Ansage: Morgen müssen alle heim. Raus aus Italien.
„Super Wetter, super Skigefahren, lecker gegessen“ – auch wenn es nur zwei Tage waren, immerhin. Pesch und Domke sind entspannt. Zumal die Liftbetreiber und der Skiverleih das Geld für die Resttage sofort zurückerstattete. Ebenso das Hotel Goldknopf am Rande der Piste. „Die geben sich sehr kulant“, sagt Pesch. „Aber natürlich war die Hotelchefin alles andere als entspannt, sie war geschockt. Im letzten Jahr ging die Saison bis Mai. Und sie hat ja auch die Verantwortung für alle Angestellten.“
„Wir hatten schon überlegt, ob wir in Österreich bleiben“, sagt Pesch. Aber daraus wird nichts. Während er noch durch die Tunnel Südtirols fährt, die Verbindung bricht mal wieder ab, kommt am Dienstagmittag die Ansage von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz: Die Einreise aus Italien wird gestoppt. Es sind Momente der Ungewissheit. Was, wenn Österreich wirklich dicht macht? Wird ein Umweg über die Schweiz nötig? Aber gegen 13 Uhr fährt das Paar aus Oberhausen unbehelligt über die Grenze. Ein deutsches Auto hinter ihnen wird herausgewunken. Fieber messen.
Leere Pisten, geisterhafte Straßen
„Die Fahrt ist geisterhaft“, sagt Pesch, „es ist kein Auto auf der Straße.“ Es waren ja ohnehin nur noch wenige Unentwegte in Südtirol. „Unser Hotel war schon gut ausgebucht mit vielleicht siebzig Leuten“, aber ein befreundetes Ehepaar hatte auch schon vor der Fahrt abgewunken. Die Frau ist Diabetikerin und hatte eine Lungenvorerkrankung. Hier hatte das Hotel noch die Anzahlung einbehalten, aber einen darüber hinaus zustehenden Betrag kulanterweise nicht eingefordert. „Ich habe auch noch nie so leere Pisten gesehen“, sagt Pesch. „Wir waren einen ganzen Vormittag fast allein.“
Auch deswegen war das mit dem Risikogebiet nur halb gescherzt. „Wir waren da oben wahrscheinlich sicherer als zuhause. Die weitaus meisten Fälle sind ja nicht unmittelbar hier aufgetreten, sondern in der Lombardei.“ Allerdings gelten sechs Mülheimer, die in Südtirol Skifahren waren, aktuell als Verdachtsfälle – das kann Pesch zu diesem Zeitpunkt aber nicht wissen. „Wir hatten schon überlegt, ob wir hier zwei Wochen länger bleiben. Hier kennste die Leute alle und die husten nicht und niesen nicht. Und? Musste nach Hause. Ins Seuchengebiet NRW. Scheiße.“