Solingen. Schlechte Qualität, manchmal sogar gefährlich. Zum 44. Mal hat der Verein „Plagiarius“ die frechsten Produktfälschungen des Jahres gekürt.

Eigentlich möchte ihn niemand haben, diesen schwarzen Gartenzwerg mit der goldenen Nase. Und trotzdem wird die Zahl der unfreiwilligen Bewerber immer größer. In Solingen sind am Freitag die Gewinner des „Plagiarius 2020“ vorgestellt worden. Vergeben wird er für die dreistesten Produktfälschungen und Imitate, die im Jahr 2019 entdeckt wurden.

Original (Oben) und Fälschung einer Tauchtaschenlampe
Original (Oben) und Fälschung einer Tauchtaschenlampe © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Langsam wird es eng im einzigartigen Museum in Solingen, das genau so heißt wie der Negativpreis, den der Verein seit 1977 verleiht. „Wir können gar nicht mehr alles ausstellen“, bestätigt Sprecherin Christine Lacroix. Aber für die aktuellen Gewinner haben sie umgeräumt, haben Platz geschaffen in den vielen Vitrinen und Schränken, um zu zeigen, dass es so gut wie keinen Bereich mehr gibt, die die Produktpiraten nicht heimsuchen.

Falsche Tauchtaschenlampe ist nicht wasserdicht

Christoph Schwenke kann ein Lied davon singen. Zwei Tauchtaschenlampen zeigt der Prokurist der Firma Ledlenser, die sich ähneln wie ein Ei dem anderen. „Die D14.2“, sagt Schwenke. „Ein Bestseller. Aber auch das derzeit meist gefälschte Produkt unseres Unternehmens.“ Im Ledlenser Online-Shop kostet sie knapp 70 Euro. Dafür bekommt man ein neongelbes, stoßfestes Kunststoffgehäuse mit Lampenkopf aus rostfreiem Stahl, geeignet für Tiefen bis zu 60 Meter. Im Internet ist die Leuchte schon für unter zehn Euro zu haben. Wobei die Billigvariante einen kleinen aber entscheidenden Nachteil hat: Sie ist nicht wasserdicht.

Können gefährlich werden: Nachgemachte Patronen für Sahnespender.
Können gefährlich werden: Nachgemachte Patronen für Sahnespender. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Gesundheitsgefährdend wird es auf Platz zwei des Wettbewerbs . Da stehen in diesem Jahr 1:1-Kopien von Kapseln für Sahnespender. Anders als die Originale der österreichischen Firma Kayser, erfüllen die aus den Niederlanden importierten Plagiate keinerlei Qualitäts- und Sicherheitsstandards: Die Kappe einer gefälschten Kapsel ist schon mal bei normalen Lagerbedingungen und ohne Fremdeinwirkung explodiert. Andere sind innen verrostet und oft ist das Gas in den Kapseln verunreinigt und nicht lebensmittelecht.

Klingen sind stumpf und brechen heraus - Sahne-Kapseln explodieren

Platz Eins trifft ein Küchenschneidgerät aus der vor allem auf Shopping-Kanälen sehr erfolgreichen „Nicer Dicer“-Serie. Ein Unternehmen aus China hat es nicht kopiert, sondern schlichtweg gefälscht – allerdings mit stumpfen und nicht fest verankerten Klingen. „Es besteht ein Risiko des Herausbrechens und somit Verletzungsgefahr“, warnt Lacroix.

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Vier Beispiele von Millionen sind das. Laut EU-Kommission hat der Zoll 2018 mehr als 27 Millionen rechtsverletzende Produkte mit einem Wert von über 740 Millionen Euro beschlagnahmt. Und dabei machen sie nur Stichproben. Außerdem ist es in Zeiten des Internets schwierig bis unmöglich, an die Hintermänner heranzukommen. „Viele Mittelständler“, weiß der Justiziar einer betroffenen Firma, „können sich den Aufwand langer Ermittlungen nicht leisten.“

Beim Kauf im Internet umso genauer hinsehen

Platz 1 in diesem Jahr:  Die dreiste Kopie  des Küchenschneiders „Nicer Dicer Quick
Platz 1 in diesem Jahr: Die dreiste Kopie des Küchenschneiders „Nicer Dicer Quick" © dpa | Arne Dedert

Endkunden dagegen sind mal Täter, als auch Opfer. „Es wird immer Menschen geben, die bei vermeintlichen Sonderangeboten alle Bedenken vergessen“, macht sich Plagiarius-Sprecherin Lacroix nichts vor. Es wird aber immer auch welche geben, die gar nicht merken, dass sie im Netz ein Plagiat erwerben. „Auf den ersten Blick ist beides kaum zu erkennen“, sagt Ulrich Wiethoff, Geschäftsführer der Firma Merkur Stahlwaren, deren Rasierer besonders gerne kopiert werden. Die Fälscher würden immer raffinierter.

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Verbraucher sollten deshalb beim Kauf im Netz umso genauer hinsehen, mahnt Plagiarius. Klingt der Domainname seltsam? Ist ein vermeintliches Siegel verlinkt? Gibt es ein Impressum? Wo sitzt der Verkäufer? Der Preis des

Museum ist nur am Wochenende geöffnet

Das Museum „Plagiarius“ liegt an der Bahnhofstraße 11 in Solingen

Es ist freitags von 09:30 – 13:00 und 13:30 – 17:00 Uhr sowie samstags und sonntags von 13:00 – 17:00 Uhr geöffnet.

Eintritt für Erwachsene: 4 Euro (ermäßigt 3 Euro); Kinder unter zehn Jahren haben freien Eintritt.

Weitere Informationen unter www.museum-plagiarius.de

Wunschproduktes kann ebenfalls ein Indiz sein, muss es aber nicht, wie sich bei der 3D-Silikon-Backform „Eleganza“ zeigt. Wo der Erfinder aus Italien hochwertiges und für den direkten Lebensmittelkontakt geeignetes Rohsilikon verwendet, greifen die Fälscher aus China zu einer Billig-Variante. Was sie allerdings nicht daran hindert, die Kopie teurer zu verkaufen als das Original.