Datteln. Das Kohlekraftwerk Datteln 4 ist seit Sonntagmorgen von etwa 120 Aktivisten besetzt. Uniper hat Strafantrag gegen die Besetzer gestellt.

Aktivisten der Bündnisse „Ende Gelände“ und „DeCOALonize Europe“ haben am Sonntagmorgen gegen 8 Uhr das umstrittene Steinkohlekraftwerk Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen besetzt. Die Polizei ist nach eigenen Auskünften mit „starken Kräften“ vor Ort.

Die Demonstranten sollen durch ein aufgebrochenes Tor zum Kraftwerk gelangt sein. Das Aktionsbündnis „Ende Gelände“ spricht von rund 150 Menschen. Die Besetzer hielten um 12 Uhr vor dem Kraftwerk eine kurze „Pressekonferenz“ im Regen ab. An einem der Tore hatte eine Frau eine Mahnwache angemeldet. Am Nachmittag beendete die Polizei nach eigenen Angaben die Besetzung. Alle Aktivisten hätten die Anlagen freiwillig verlassen, hieß es.

Datteln 4 von Aktivisten besetzt – Friedlich aber dennoch strafbar

Das Kraftwerk Datteln 4 soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission im Sommer dieses Jahres ans Netz gehen.
Das Kraftwerk Datteln 4 soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission im Sommer dieses Jahres ans Netz gehen. © dpa | Caroline Seidel

Eine Polizeisprecherin teilte auf Nachfrage mit, dass die Stimmung „soweit ruhig“ sei. Dennoch sei der widerrechtliche Zutritt natürlich eine Straftat. Die Polizei steht mit dem Kraftwerksbetreiber Uniper in Kontakt.

Gegen Mittag hatten einige der Besetzer die Förderbagger wieder verlassen. „Ein Teil ist freiwillig herunter gekommen. Ihre Personalien nehmen wir jetzt auf.“ Es ist mit Anzeigen zu rechnen.

Kraftwerksbetreiber Uniper: Wir behalten uns rechtliche Schritte vor

„Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut und gegen friedlichen Protest ist aus unserer Sicht nichts einzuwenden“, sagte ein Uniper-Sprecher auf Nachfrage. „Allerdings haben sich heute Personen widerrechtlich Zutritt zu unserem Kraftwerksgelände in Datteln verschaffen. Deshalb behalten wir uns rechtliche Schritte, unter anderem wegen Hausfriedensbruch, vor.“

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Für Uniper stehe aktuell die Sicherheit aller Beteiligenten an erster Stelle. Für eine Einschätzung über entstandene Schäden sei es allerdings noch zu früh.

Am Nachmittag teilte der Konzern mit, gegen alle Besetzer Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt zu haben. Gegen friedlichen Protest sei nichts einzuwenden, sagte ein Uniper-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. „Straftaten wie Hausfriedensbruch oder die Beschädigung von Privateigentum sowie andere Aktionen, die die Sicherheit unserer Mitarbeiter oder die Funktionsfähigkeit unserer Anlagen gefährden, können wir nicht dulden“, sagte der Sprecher. Hausfriedensbruch wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Das Gelände räumen lassen wolle man aber nicht.

„Datteln 4 wäre der finale Sargnagel für Klimagerechtigkeit“

„Das Kohle-Gesetz ist ein Desaster“, teilt Kathrin Henneberger, Pressesprecherin von Ende Gelände, mit. „Wir können unmöglich 18 Jahre weiter Kohle verbrennen. Wenn wir nicht sofort aus allen fossilen Energien aussteigen, rasen wir ungebremst auf eine vier bis sechs Grad heißere Welt zu. Datteln 4 wäre der finale Sargnagel für Klimagerechtigkeit.“

Umweltaktivisten protestieren am Sonntag am Kraftwerk 4 in Datteln besetzt.
Umweltaktivisten protestieren am Sonntag am Kraftwerk 4 in Datteln besetzt. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Das Steinkohlekraftwerk hat mehr als 1,5 Milliarden Euro gekostet und liegt am Dortmund-Ems-Kanal. Dort kann die Kohle von Binnenschiffen direkt in das Kraftwerk befördert werden. Die dafür gebauten Verladeanlagen wurden am Sonntag besetzt. Das 1100-Megawatt-Kraftwerk im Ruhrgebiet soll entgegen der Empfehlung der Kohlekommission im Sommer dieses Jahres ans Netz gehen. Umweltschützer protestieren dagegen.

Kraftwerk sollte ursprünglich 2011 starten

Baubeginn für Datteln 4 war 2007, angefahren werden sollte der Block mit einer Leistung von rund 1100 Megawatt schon 2011. Doch eine Serie von Versäumnissen und Pannen hat dafür gesorgt, dass der Meiler noch immer keinen Strom produziert.

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Jahrelang stand die Baustelle wegen zahlreicher Verstöße gegen Auflagen bei Klima-, Natur-, und Lärmschutz sowie gegen die Vorgaben im Landesentwicklungsplan still. Die Fehler wurden nachträglich durch ein kompliziertes Verfahren beseitigt. Angefahren werden soll das Kraftwerk nun im kommenden Sommer. (mit dpa)