Tuning-Experte warnt vor wachsender Raser-Szene im Revier
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Essen. Wenn Klaus Stadler mit seinem Ford Mustang am Berliner Platz steht, wird er fast immer zum Rennen aufgefordert. „Das muss aufhören“, sagt er.
Knapp vier Wochen vor dem Start der Essen Motorshow wirbt der Mustang- und Tuning-Experte Klaus Stadler für ein härteres Durchgreifen bei Rasern. „Die Szene wächst besorgniserregend und ist immer skrupelloser“, hat der 52-Jährige selbst beobachtet. Zahlen des NRW-Innenministeriums geben ihm Recht: So stieg die Zahl der erfassten illegalen Autorennen landesweit allein im vergangenen Jahr um 40 Prozent auf 474. In diesem Jahr dürfte es kaum weniger werden: So zählten die Polizeibehörden bis Ende September bereits 395 verbotene Rennen auf den Straßen in Nordrhein-Westfalen. Mindestens zwei Menschen verloren dabei ihr Leben.
Auch Stadler spürt das rauere Klima, wird im Essener Stadtverkehr häufig zu Rennen aufgefordert. „Da werden dann auch gern mal 100 Euro durchs Seitenfenster angeboten“, entrüstet sich Stadler. Natürlich lasse er sich darauf nicht ein, werde dann aber meist erst recht bedrängt. Stadler will vor allem eines: Klarmachen, dass nicht jeder Autoverrückte ein rücksichtsloser Raser ist. Deswegen unterstützt er die Initiative „Tuning is not Racing“ des jungen Remscheiders Lukas Zecher. Auch an seinem Messestand bei der Essen Motorshow will Stadler dafür werben.
Stadlers „Mustang Owners Club“ folgen 400.000 Menschen auf Facebook
Klaus Stadler macht aus seiner Leidenschaft keinen Hehl: Schon als Sechsjähriger baut er mit seinem Vater einen neuen Vergaser in einen VW Käfer, wird später selbst Kfz-Mechaniker. 2012 gründet der Essener mit dem „Mustang Owners Club“ eines der weltweit größten Netzwerke für Liebhaber des markanten Sportwagens aus dem Hause Ford. Auf Facebook folgen mehr als 400.000 Menschen dem Club, den Stadler mittlerweile zu seinem Beruf gemacht hat.
NRW-Innenministerium: Täter sind männlich, jung und nüchtern
Allein der Versuch, ein illegales Autorennen auf die Beine zu stellen, ist seit August 2017 strafbar. Seit der Novelle von Paragraf 315d des Strafgesetzbuches haben sich die Strafen bei illegalen Autorennen verschärft. Wer zu schnell und rücksichtlos unterwegs ist, den erwarten eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe.
Wer dabei das Leben anderer Menschen oder Sachen von bedeutendem Wert (ab 750 Euro) gefährdet, kann sogar mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Wird durch das illegale Rennen jemand getötet, kann der Richter bis zu zehn Jahre Haft verhängen.
Darüber hinaus können durch die Neuerung die Wagen und Führerscheine der Beteiligten von der Polizei beschlagnahmt werden.
Nach Angaben des NRW-Innenministeriums sind die Täter fast immer Männer im Alter zwischen 18 und 27 Jahren und stehen nur selten unter dem Einfluss von Alkohol und/oder Drogen. Haupttatzeitpunkt ist Samstag in den Abendstunden, ansonsten sind die Tatzeitpunkte auf alle Tage der Woche in den Abendstunden relativ gleichmäßig verteilt.
Mittlerweile haben einige einigen Polizeibehörden zeitlich befristete Einsatztrupps gebildet, um gegen Raser vorzugehen, etwa in Köln oder Düsseldorf. Ein landesweites Programm zur Bekämpfung der Raserszene gibt es bislang nicht.
Sein eigener Mustang wurde gerade frisch foliert und ist eine Verneigung vor Stadlers großem Idol, der amerikanischen Rennfahrer-Legende Carroll Shelby. Ein Wagen, der zugegeben nicht so aussieht, als wolle Stadler damit zum Einkaufen fahren. Das werde ihm oft zum Verhängnis, etwa wenn er seine Frau abholen will, die im Limbecker Platz arbeitet: „Wenn ich abends an einer Ampel am Berliner Platz stehe, werde ich fast immer zu einem Rennen aufgefordert. Meist von sehr jungen arabischen Männern. Das muss aufhören“, sagt Stadler.
Im gleichen Atemzug betont er, sich klar von der Initiative „Fridays for Hubraum“ zu distanzieren, die sich als Gegenentwurf zum Greta-Zeitgeist sieht. Stadlers Meinung nach „sind da zu viele Rassisten unterwegs“ und werde das Klischee des „tumben Rasers“ in den Kommentarspalten oft erst Recht bedient. Gleichzeitig ist er von der zunehmenden Politisierung des Autofahrens genervt: „Ich finde auch, dass die Automobilhersteller viel schneller Alternativen zum Verbrennungsmotor finden müssen. Da ist aber Politik gefragt.“ Jeden Autofan an den Pranger zu stellen, löse die Klimakrise nicht.
Verrückte Fahrzeuge auf der Essen Motor Show
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Stadler fordert befristete PS-Beschränkung für Anfänger
Viel mehr als ein Aufwiegeln in sozialen Netzwerken brauche es ein härteres Durchgreifen der Polizei gegen die schwarzen Schafe der Szene: „Es muss mehr Aufklärung geben, auch mit Hilfe abschreckender Bilder nach Raserunfällen“, fordert Stadler und geht noch weiter. So müsse auch die Politik das Thema mit „mehr Härte“ angehen, „zum Beispiel mit einer auf zwei Jahre befristeten PS-Beschränkung für Fahranfänger“, schlägt Stadler vor. Dank immer günstigerer Leasing-Angebote könnten sich mittlerweile auch immer jüngere Fahrer hochmotorisierte Modelle leisten. „Junge Fahrer überschätzen sich oft, dann wird der Sportwagen zur Waffe. Ich finde das unverantwortlich“, sagt Stadler, selbst Vater einer Tochter (21) und eines Sohnes (16).
Tatsächlich ist es für die Polizei immer schwieriger geworden, Raser im Straßenverkehr zu verfolgen: Seit die Tachos in den Streifenwagen aus Kostengründen nicht mehr geeicht sind, bestehen in den Streifenwagen keine direkten Messmöglichkeiten mehr, heißt es auf Anfrage bei der Polizei Essen. Darüber hinaus sei mehr Personal nötig, um die Raser zu überwachen – bestenfalls in Zivil. Das fordert auch Stadler: „Ich habe der Polizei schon mal vorgeschlagen, bei mir mitzufahren. Dann würden die Beamten mal sehen, was auf der Straße wirklich los ist: Aus einem Streifenwagen heraus ist das schwierig.“
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