Düsseldorf. Die Debatte um „Flugscham“ wirkt nicht auf den Luftverkehr: Der Düsseldorfer Flughafenchef Thomas Schnalke meldet Rekordzahlen für dieses Jahr.
Flugscham? Davon ist derzeit nichts zu spüren. „Der Flughafen Düsseldorf erwartet in diesem Jahr das beste Verkehrsjahr seiner Geschichte“, kündigt Airportchef Thomas Schnalke im Gespräch mit der WAZ zu Beginn der Herbstferien an. Rund 25,5 Millionen Menschen werden in diesem Jahr von Düsseldorf starten oder dort landen. Das sind 1,2 Millionen Menschen mehr als im Jahr zuvor.
125 Millionen Menschen in der Luft
Auch mit Blick auf höhere Flugpreise mache er sich um den Flughafen Düsseldorf keine Sorgen, sagte Schnalke. Die Bundesregierung will die Steuer auf Flugtickets je nach Strecke um drei bis 17 Euro erhöhen. Schnalke geht von wachsenden Zahlen auch für die nächsten Jahre aus und verwies auf „repräsentative Studien“. Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts belegen, dass bundesweit insgesamt mehr Menschen in den Flieger steigen als je zuvor. Von August 2018 bis Juli 2019 waren es mehr als 125 Millionen und damit sechs Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln prognostiziert, dass es 2030 rund 170 Millionen sein könnten.
Edwin Zijderveld, Sprecher der Klimaschutzorganisation atmosfair in Berlin, bei der man einen Co2-
Ausgleich für seinen Flug zahlen kann, sagte auf Nachfrage: „Unsere Spenderzahlen haben sich in den ersten neun Monaten von 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum annähernd verdoppelt“. Allerdings, so Zijderveld, schätze man, dass Fluggäste nur auf knapp einem Prozent der Flüge einen Co2-Ausgleich zahlten.
Keine nationalen Alleingänge!
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Schnalke warnt mit Blick auf eine Bepreisung von Co2 und damit einer Kerosinsteuer vor nationalen Alleingängen. „Das ist absolut nicht zielführend, der Verkehr wird dann lediglich umgeleitet, zum Nachteil des Wirtschaftsstandortes Deutschland.“
Die Luftverkehrsbranche werde in den kommenden Jahren „ihren Beitrag leisten, um ihren Anteil von zwei bis drei Prozent an den weltweiten CO2-Emissionen weiter zu reduzieren.“ Sie sei die erste Industrie überhaupt, die sich international weitreichenden Klimazielen verschrieben habe, betont Schnalke.
Luftverkehrssteuer bringt eine Milliarde Euro
Man habe die Entkopplung von Co2-Emissionen und Verkehrswachstum bereits geschafft. Auf allen innerdeutschen und innereuropäischen Flügen wachsender Luftverkehr sei seit 2012 Co2-neutral. „Ab 2020 gilt dies auch mit dem CORSIA-Abkommen für Flüge weltweit“, so Schnalke. „Wer ab dem nächsten Jahr wächst, muss den CO2-Ausstoß durch zertifizierte Klimaschutzprojekte kompensieren.“ Eine weltumspannende Branche brauche multilaterale Lösungsansätze wie CORSIA.
Schnalke verweist darauf, dass die Luftverkehrssteuer ja schon seit langem jedes Jahr über eine Milliarde
Euro in den Staatshaushalt spüle. „Mit diesen Mitteln könnte man bereits einen wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Luftverkehrs leisten, wenn die Mittel zielgerichtet für Forschungsprojekte verwendet würden“, fügt er hinzu. Man müsse gemeinsam daran arbeiten, die technischen Lösungen, die sich am Horizont abzeichneten, zur Marktreife zu bringen.
„Klimaneutrale, mit erneuerbaren Energien produzierte Kraftstoffe können den Luftverkehr zum umweltfreundlichen Verkehrsträger machen“, glaubt der Flughafenchef. Das sei besser, als „die Menschen in ihren Bedürfnissen regulatorisch einzuschränken“. Davon sei er kein Freund. „Wir leben in einer globalisierten Gesellschaft, die auf vernetzten Verkehrs- und Warenströmen fußt“, so Schnalke. Die Nachfrage nach Mobilität sei ungebrochen hoch und ein wichtiger Treiber für das friedliche Zusammenleben der Kulturen.
Entscheidung über mehr Flüge fällt frühestens 2022
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Dass der vorherrschende Zeitgeist, sich umweltbewusster verhalten zu wollen, womöglich auch Auswirkungen auf die Genehmigung weiterer Flüge hat, die Düsseldorf beantragt hat, beantwortet Schnalke so: „Unsere beantragte neue Betriebsgenehmigung wird derzeit im zuständigen Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen nach Recht und Gesetz bearbeitet und entschieden.“ Wie berichtet, will der Airport statt 47 bis zu 60 Flüge pro Stunde abwickeln. Das Ministerium hat erklärt, dass vor 2022 nicht mit einer Entscheidung zu rechnen sei.
An Problemen im eigenen Haus habe man intensiv gearbeitet, besonders mit Blick auf Verspätungen und (zu) späte Landungen. „Die Zahl der verspäteten Starts und Landungen vor allem in den Abendstunden ist im Jahresvergleich seit elf Monaten um ein Drittel zurückgegangen“, bilanziert Schnalke, „und das bei steigenden Passagierzahlen.“ Auch Probleme beim Check-in, wo lange Warteschlangen besonders vor zwei Jahren die Geduld der Fluggäste überstrapazierten, habe man „sehr gut in den Griff bekommen“. Das können Betroffene sofort überprüfen: Heute erwartet Schnalke mit 92.500 Passagieren den verkehrsstärksten Tag des gesamten Jahres.