Essen. . Immer wieder kommt es auch in NRW zu Messer-Angriffen. Gibt es deshalb bald großflächige Waffenverbots-Zonen?
Mit messerfreien Zonen an belebten öffentlichen Orte wollen die Länder Bremen und Niedersachsen die Bürger besser vor Gewaltdelikten schützen. In NRW sind die Reaktionen auf diesen Vorschlag gemischt.
Warum wollen Bremen und Niedersachsen das Waffengesetz ändern?
Weil Messerangriffe – auch in NRW – „weiterhin in hoher Zahl verübt“ würden. Das beeinträchtige das „Sicherheitsempfinden der Bevölkerung“. Genaue Zahlen aber gibt es nicht. Bisher werden Attacken mit dem Messer bundesweit statistisch nicht offiziell erfasst. Das Bundeskriminalamt (BKA) will das ändern, hat für erste belastbare Zahlen aber einen Zeitraum von „mehreren Jahren“ angesetzt. In den Ländern, die bereits Statistik führen, ist die Tendenz uneinheitlich. Während die Zahl etwa in Hessen steigt, ging sie in Berlin leicht zurück. In NRW wurden Messerattacken in den letzten Jahren nicht gesondert erfasst.
Was genau steht in dem neuen Gesetzesentwurf?
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In erster Linie, dass das Tragen von Messern an „Orten, an denen sich besonders viele Menschen aufhalten“, also in Fußgängerzonen, Einkaufszentren, an Bahnhöfen, Veranstaltungsorten und im Umfeld von Schulen und Kindergärten, künftig per Rechtsverordnung beschränkt oder ganz verboten werden kann. Zudem soll es künftig generell verboten sein, Messer mit einer Klingenlänge von mehr als sechs Zentimetern öffentlich mitzuführen. Bisher sind zwölf Zentimeter erlaubt. Der Umgang mit Springmessern jeglicher Länge soll ebenfalls verboten werden. Bei Verstößen sollen Messer beschlagnahmt und Bußgelder verhängt werden. Im Fall der besonders gefährlichen Springmesser sollen sogar Freiheitsstrafen möglich sein.
Gibt es solche Waffenverbotszonen nicht schon längst?
Ja, aber die Einrichtung ist an hohe Hürden geknüpft. Die Landesregierungen können an bestimmten öffentlichen Ort das Mitführen von Messern verbieten oder einschränken. Voraussetzung ist aber, dass an diesem Ort bereits „wiederholt“ Straftaten auch mit Waffen begangen worden sind und „Tatsachen die Annahme rechtfertigen“, dass auch künftig mit solchen Straftaten zu rechnen ist. Auch die Bundespolizei kann Verbotszonen einrichten, allerdings immer nur temporär. Im Ruhrgebiet ist das zuletzt im März dieses Jahres an vielen Hauptbahnhöfen geschehen. Ein Wochenende wurde dann dort auch verstärkt kontrolliert.
Wie steht die Polizei zu der vorgeschlagenen Gesetzesänderung?
Sie schwankt zwischen Zustimmung und Begeisterung. „Wir begrüßen das geplante Messerverbot ausdrücklich“, sagt Michael Mertens, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, und er sagt auch warum: „Hat jemand ein Messer dabei, besteht das Risiko, dass es bei Streitigkeiten auch zum Einsatz kommt.“ Auch der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow spricht von einem „Schritt in die richtige Richtung.“
Gibt es auch Kritik?
Der Kriminologe Thomas Feltes von der Ruhr-Universität Bochum etwa hält die derzeitigen Regelungen für ausreichend, Änderungen deshalb für unnötig. Der Vorschlag sei „symbolische, wahlkampfbezogene Politik“. Die Gefahr sei eher „gefühlt als real. Einige wenige spektakuläre Einzelfälle hätten – befeuert auch durch die sozialen Medien – die Wahrnehmung in der Bevölkerung verzerrt.
Lassen sich ständige Kontrollen in der Praxis überhaupt realisieren?
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu beantworten.„Nein“, sagt nicht nur Feltes. Eine ständige Kontrolle scheitere schon am enormen Personalaufwand. „Wir reden gar nicht von permanenten, großflächigen Kontrollen“, hält Malchow dagegen. Das sei auch gar nicht nötig. „Schon das Risiko, in den Waffenverbotszone kontrolliert werden zu können, wird dafür sorgen, dass viele Menschen ihr Messer zu Hause lassen.“