Lügde. . Die Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss zum Fall Lüdge werden lauter. Der Vater eines Missbrauchsopfers kritisiert das Jugendamt.
Im Missbrauchsskandal auf einem Campingplatz bei Lügde gibt es neue Vorwürfe gegen das Jugendamt in Hameln. In der NDR-Sendung „Hallo Niedersachsen“ hat sich nun erstmals der Vater der Sechsjährigen geäußert, die trotz mehrfacher Hinweise auf Pädophilie in die Obhut eines arbeitslosen Dauercampers gegeben worden ist. Er habe sich vom Jugendamt allein gelassen gefühlt, sagte der Vater, von dem mutmaßlichen Missbrauch seiner Tochter habe er aus der Presse erfahren: „Ich kann das gar nicht in Worte fassen.“
Vater wird von Campingplatz vertrieben
Der inzwischen 25-Jährige will zum Schutz seiner Tochter anonym bleiben. Er war selbst noch Schüler, als die Tochter 2011 zur Welt kam. Er hat die Vaterschaft anerkannt. Das Sorgerecht lag von Beginn an nur bei der Mutter. Heute mache er sich große Vorwürfe, sagt der junge Mann. Er hätte seine Mitsprache mehr einfordern müssen, doch ihm habe in jenen Jahren selbst der familiäre Rückhalt gefehlt. Inzwischen habe er sich einen Anwalt genommen und bemühe sich, das Sorgerecht zu erhalten, berichtet der NDR.
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2016 gab das Jugendamt das Mädchen auf Wunsch der Mutter bei dem arbeitslosen Dauercamper Andreas V. nahe Lügde in Pflege. Der leibliche Vater habe zufällig davon erfahren, seine Tochter besuchen wollen und sei dann von dem Hauptverdächtigen vertrieben worden. Dem Jugendamt habe er von dem Vorfall berichtet. Das habe aber nicht reagiert. Das Jugendamt Hameln verweist in einer Stellungnahme gegenüber dem NDR auf den Datenschutz: Es könne keine detaillierte Auskunft zu konkreten Personen geben.
Grüne und AfD fordern Aufklärung
Unterdessen mehren sich Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss zum Fall Lüdge. Nach den Recherchen des WDR-Magazins „Westpol“ schwenken nun auch die Grünen im Landtag um. „Das Innenministerium hätte vorher handeln müssen.“ Man erwarte eine „schonungslose Aufklärung“, so die Grünen-Innenexpertin Verena Schäffer. Auch die AfD-Fraktion fordert einen Untersuchungsausschuss zum Fall Lügde.
Wie „Westpol“ weiter berichtet, soll das Ausmaß des Missbrauchsskandals bereits Anfang Januar für die Behörden absehbar gewesen sein, als ein dem WDR vorliegender, bislang unveröffentlichter interner Polizeibericht der Kreispolizei Lippe an das Landeskriminalamt und kurz darauf auch an das Innenministerium gegangen sei. Darin sei bereits die Rede von „möglicherweise 30 und mehr Kindern und jugendlichen Opfern“. Das Innenministerium verwies laut WDR darauf, dass man die Gesamthöhe der Straftaten erst Ende Januar erfahren habe. (red)