Bottrop/Dortmund. Die Zahl der steinernen Gärten ist im Ruhrgebiet so stark gewachsen, dass erste Städte sie künftig verbieten wollen. Nicht allen gefällt das.

Aus Grün wird Grau. In immer mehr Gärten des Reviers verdrängen Beton und Kies die Blumen und Gräser. Genaue Erhebungen gibt es nicht, aber die Zahl der Steingärten wächst so rasant, dass erste Städte sie in neuen Bebauungsplänen verbieten. Denn die „Gärten des Grauens“, wie manche Biologen sie nennen und wie sie auf einer Facebook-Seite verewigt werden, sind nicht gut für die Natur.

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„Sie widersprechen dem Motto Natur in der Stadt“, sagt Rainer Fischer, Geschäftsführer der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt Nordrhein-Westfalen (LNU) und sieht vielerorts eine „Versteinerung der Vorgärten“. „Und das ist genau das, was wir nicht wollen“, ärgert sich Bettina de la Chevallerie, Geschäftsführerin der Deutschen Gartenbaugesellschaft 1822. Natürlich kann sie auch erklären, warum: „Da geht viel Lebensraum für Tiere und Pflanzen verloren.“ Das ist aber noch nicht alles.

„Es ist auch nicht gut für das Mikroklima in der Stadt“, erklärt Monika Steinrücke, Expertin für Klimatologie am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Ein oder zwei steinerne Gärten in einer Einfamilienhaus-Siedlung seien nicht dramatisch. Wenn aber eine ganze Straße sich umstelle, merke man das schon. „Das Wasser kann nicht tief in den Boden sickern, Schattenwurf durch Pflanzen und Verdunstung des Wassers fallen weg und die Steine speichern die Hitze im Sommer viel länger. Deshalb kühlt es dann über den steinernen Flächen auch nachts nicht richtig ab.“

Immer mehr Hausbesitzern – vor allem in Neubaugebieten – ist das offenbar egal und de la Chevallerie glaubt auch zu wissen warum. Vergitterte Steinmauern statt Hecken, Schotter passend zur Farbe der Fassade – „viele Leute finden so etwas chic“, sagt sie. Und noch mehr Leute denken, dass ein Steingarten extrem pflegeleicht ist. „Aber das ist Unsinn“, sagt die Geschäftsführerin. Zumindest ist es zeitlich begrenzt. „Bei unserem Klima wächst immer was durch“, bestätigt Rainer Fischer. „Das sieht dann gar nicht mehr schön aus.“ Vor allem ist es oft extrem mühsam zu entfernen.

Schlecht für das Klima und pflegeintensiver als gedacht

In den ersten Städten wächst der Widerstand gegen die steinernen Gärten. So haben etwa die Grünen in Hagen einen Antrag gestellt, Steine, Kies, Schotter und ähnliche Baustoffe in Gärten zukünftig verbieten zu lassen. Entschieden aber ist nichts. Genau wie in Bottrop, wo der Naturschutzbeirat kürzlich einstimmig beschlossen hat, Verwaltung und Parteien zu bitten, der Versiegelung von (Vor-)Gärten künftig Einhalt zu gebieten. Von einer Vorschrift oder einer Verordnung sei man noch weit weg, sagt Klaus Müller, Technischer Beigeordneter der Stadt, und spricht von „ersten Überlegungen“ – wohlwissend, dass das Thema ein heikles ist. Auch deshalb denkt bisher keine Stadt darüber nach, bereits angelegte Steingärten zu verbieten.

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„Mit Vorschriften zur Gartengestaltung schaffen Sie sich wenig Freunde“, sagt ein Ordnungsamtsleiter aus dem Ruhrgebiet, der ungenannt blieben will, aber darauf hinweist, dass die gepflasterten Flächen in Einfamilienhaus-Siedlungen auch immer öfter als Parkplätze genutzt werden. „Wenn die Kinder den Führerschein haben, ist ja irgendwann kein Platz mehr auf der Straße.“

Aber selbst in Politik und Verwaltung ist nicht jeder überzeugt, dass Verbote der richtige Weg sind. So sieht etwa die SPD in Hagen „keinen triftigen Grund, in die Gartengestaltung der Bürger einzugreifen“. Auch weil Steingarten ja nicht gleich Steingarten sei.

In Dortmund, wo Verbote von Steingärten seit kurzem in alle neuen Bebauungspläne aufgenommen werden, ist es vor allem die CDU, die einen massiven Eingriff in das Privateigentum der Bürger beklagt. Es könne doch wohl nicht wahr sein, schimpft sie, dass die Genehmigung eines Bauantrages von der Gestaltung des Vorgartens abhängig gemacht werde.

Klaus Müller in Bottrop sieht dagegen ganz praktische Probleme, sollte es je zu einem Verbot von Steingärten in seiner Stadt kommen. „Ich wüsste nicht, wie man das wirksam dauerhaft kontrollieren könnte.“

>>> Die Facebook-Seite "Gärten des Grauens" sammelt die schaurig-schönsten Beispielse für Stein- und Schottergärten.