Ruhrgebiet. . Die Zahl der Sparclubs geht anhaltend zurück. Jetzt machen ihnen auch noch einige Sparkassen das Leben schwer – ausgerechnet.
Währungen kommen und gehen, aber „Sparfix“ bleibt bestehen. Der Sparclub hat die Reichsmark überlebt, die D-Mark überdauert, und jetzt beim Euro weiß man es natürlich noch nicht so genau: Aber im 87. Jahr geht es auch diesem Club aus Duisburg nicht mehr so gut wie früher.
Und das trotz des lockeren Hinweises des Vorsitzenden Herbert Fürmann auf sein Pils: „In der Kneipe gibt es mehr Prozente.“ Andere in der Szene sagen schelmisch, man sei „immer flüssig“.
„Wir waren 120“
„Wir sind noch über 30 Leute, wir waren aber 120“, erinnert sich Fürmann, der mit seinen 62 Jahren unter die Jungspunde im Club zählt. Eine Frau von jetzt vielleicht Mitte 20 ist das jüngste Mitglied: Freilich haben die Großeltern sie direkt nach ihrer Geburt angemeldet, vermutlich ohne zu fragen – und jedenfalls kommt sie auch nicht.
Sparclubs sind: ein Auszählmodell. Und nun gehen ihnen auch noch in vielen Städten die wichtigsten Förderer verloren: die Sparkassen. Zu aufwändig, zu händisch, diese Sparclubs. Ihr Umsatz: „Peanuts“, möchte man zitieren, aber das war eine andere Bank. Doch von vorn.
„Lediglich um die 80 werden intensiv genutzt“
Vor allem Sparkassen führen im Ruhrgebiet die Konten dieser Clubs, und fast alle bestätigen rückläufige Zahlen: 300 gibt es noch in Essen, 475 in Bochum, 300 in Oberhausen, rund 750 in Duisburg, 120 in Mülheim, 358 in Dortmund . . .
Das ist gar nicht mal so wenig, wird aber sofort und deutlich eingeschränkt von Holger Kleine aus dem Vorstandsstab der Sparkasse Hilden-Ratingen-Velbert: „Aktuell führen wir rund 250 Sparclub-Konten, von denen lediglich um die 80 intensiv genutzt werden.“
Unter Dinosaurierverdacht
Seit die Clubs keine Sonderkonditionen mehr bekommen, sondern wie normale Sparer geführt werden, gibt es auch keine Vergleichszahlen mehr. Aber auch Umwege führen zu entsprechenden Einsichten: So bestellte die Sparkasse Dortmund 30 Sparschränke pro Jahr noch in den 1990er-Jahren. 2017 waren es noch zehn Schränke – und ausgegeben wurden gar nur zwei.
„Computer, Internet, Erlebnisgastronomie“, fallen dem Duisburger Fürmann ein als Gründe der Düsternis. Das Kneipensterben. „Ein kleiner Teil das Rauchverbot.“ Freilich sind es auch viele Geldinstitute selbst, die die früher bevorzugten Sparclubs loswerden wollen: Sie stehen unter Dinosaurierverdacht, „eine aussterbende Art“, wie es heißt unter Bankern.
In Witten und Gelsenkirchen komplett eingestellt
So haben etwa die Sparkassen Witten und Gelsenkirchen das Sparclub-Sparen komplett eingestellt in den letzten Jahren; bei einem anderen Institut heißt es in schlimmem Marketing-Deutsch: „Das ist ein Geschäftsbereich, der nicht forciert wird.“
Wieder andere haben die Versicherungen zum Einbruchsschutz der Sparschränke gekündigt, wie die Sparkasse Essen zum 1. Januar 2019. Mit Hinweis auf den ganzen Aufwand. Was sie einspart durch die Kündigung, das sagt sie nicht; doch liegt der Tarif in einer Nachbarstadt bei 20 Cent pro Sparfach, also für einen großen 60er-Schrank bei 12 Euro. Im Jahr, versteht sich.
„Bei uns ist noch nie ein Kassierer abgehauen“
Essener Wirte reagieren unterschiedlich auf den wegfallenden Versicherungsschutz. Manche schließen den Sparclub („Wir sind alle sehr traurig, aber es gibt keine andere Möglichkeit“) Andere aber suchen nach Auswegen: „Wir machen uns gerade schlau, ob unsere Hausratversicherung das mit übernehmen könnte.“
Und richtig ist natürlich auch: Die klassische kriminelle Bedrohung für den Sparschrank ist eher nicht der Einbrecher. Sondern der Wirt, der plötzlich verschwindet, wie zuletzt in Bochum. Oder der Vereinsfreund, der vorgibt, auf dem Gang zur Kasse überfallen worden zu sein, wie zuletzt in Mülheim. Oh, wie schön ist es bei „Sparfix“. Denn da können sie sagen: „Man hat ja schon viel gehört, aber bei uns ist noch nie ein Kassierer abgehauen.“