Essen. . Wirte klagen über zu hohe Preise für Fußballübertragungen im Pay-TV. Je nach Größe und Lage müssen Kneipen knapp 16.000 Euro im Jahr zahlen.
Abpfiff für den Anpfiff. Viele Wirte in NRW haben TV-Übertragungen der Fußball-Bundesliga oder Champions-League gestrichen. „Zu teuer geworden“, sagen sie und klagen, dass es auch „technisch immer komplizierter“ werde, das komplette Angebot zu zeigen, seit sich mit Sky, DAZN und Eurosport mittlerweile drei Anbieter die Rechte teilen. „Die Konditionen rechnen sich für die meisten Gastronomen nicht mehr“, weiß auch Rainer Nothoff, Geschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands für die Region Emscher- Lippe, und spricht von einem „Geschäft mit der Angst“. „Etliche Gastronomen haben Sky nur noch, weil die Konkurrenz es noch hat.“
„Wenn man die Gäste einmal verliert, wer weiß, ob man sie wiederbekommt“, bestätigt Jennifer Kambic, Besitzerin der Friesenstube in Gelsenkirchen. Deshalb ist bei ihr auch jeder Ball zu sehen, der rollt. „Wir zeigen alles.“ Und in letzter Zeit seien auch die Besucherzahlen wieder besser geworden. „Wahrscheinlich weil immer weniger Kneipen die Spiele zeigen.“
"Der Markt ist übersättigt", sagt ein Wirt
Christian Oesterling winkt dennoch ab. Seit zwölf Jahren betreibt er die Sportsbar „Li Buddah“. Nicht in Gelsenkirchen, sondern in Bochum. Weshalb der bekennende Schalke-Fan sowohl alle Spiele des BVB, aber auch alle Begegnungen des S04 zeigt und den VfL Bochum sowieso. Jede Menge potenzielle Fans, sollte man meinen, aber die Besucherzahlen sind rückläufig. „Früher hätte ich bei Spitzenspielen jedesmal anbauen können“, sagt der 57-Jährige.
Auch interessant
Heute kriegt er, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle Besucher bequem unter. „Der Markt ist übersättigt, es wird zu viel gezeigt.“ Manches davon läuft durch die Zersplitterung mancher Bundesliga-Spieltage auch noch zu ungünstigen Zeiten. „Sonntags, 13.30 Uhr. Wer kommt denn da in die Kneipe?“
Immer mehr Fans gucken lieber zu Hause
Zumal die privaten Fußball-Abos recht günstig sind. Sky Bundesliga gibt es ab 19,95 Euro im Monat, das komplette Sportpaket für zehn Euro mehr. DAZN kostet inklusive Champions-League 9,99 Euro im Monat und der Eurosport Player mit ein bis zwei Spielen pro Bundesliga-Spieltag 4,99 Euro im Monat. „Man bekommt den Eindruck, als sollten die Wirte über den Preis aus dem Markt gedrängt werden“, sagt Oesterling.
Denn die Preise für Gastro-Abos sind stark gestiegen. Oesterling weiß noch, wie das war, als er angefangen hat. 895 Euro hat er bezahlt. Im Jahr. „Heute sind es 1000 Euro im Monat“ – wohlgemerkt auch während Sommer- und Winterpause. „So viel Bier mehr können sie als Wirt gar nicht verkaufen“, sagt Rainer Nothoff. „Was ich hier mache“, stimmt ihm Oesterling zu, „ist schon lange nichts anderes als passionierte Selbstausbeutung. Meinen Stundenlohn darf ich mir gar nicht ausrechnen.“
Kein Fußball mehr, dafür mehr Live-Auftritte
Das ist bei Cornel Alex, Betreiber der Dortmunder Traditionskneipe „Subrosa“, offenbar ähnlich gewesen. In der vergangenen Saison hat er bei Sky gekündigt. „Und siehe da“, sagt er, „es gibt mich immer noch.“ Mehr noch: „Wirtschaftlich stehe ich sogar besser da seit der Kündigung.“
Auch interessant
Mögliche Nachahmer allerdings warnt Cornel. Das „Subrosa“ lasse sich mit den meisten Sportbars und klassischen Kneipen nicht vergleichen. „Wir hatten immer schon mehrere Standbeine.“ Lief kein Fußball, gab es Live-Auftritte und zahlreiche andere Veranstaltungen. „Das haben wir verstärkt. Aber das kann nicht jeder.“ Deshalb wollen viele Wirte auch noch warten mit einer Kündigung ihrer Abos. „Du kannst ja nicht in vollem Galopp die Pferde wechseln“, sagt Christian Oesterling. „Ich werde von Jahr zu Jahr neu kalkulieren.“
Zahlen zu den Gastro-Abos konnte Sky am Freitag nicht nennen. Die Anzahl sei aber „konstant“, der Barbereich ein „Wachstumsgeschäft“. Auch die Technik sei einfacher geworden. Seit kurzem könnten Gastwirte dank einer dreijährigen Kooperation mit DAZN wieder alle Champions-League-Begegnungen mit deutscher Beteiligung in voller Länge zeigen – sofern sie ihre Programme über Satellit empfangen. An einer Lösung für Kabelkunden werde gearbeitet.