An Rhein und Ruhr. Fußballkneipen beklagen immer häufiger die gestiegenen Kosten für ihr Sky-Abonnement. Doch wer Gäste anlocken möchte, muss Fußball zeigen.

Es läuft die Schlussphase des Spiels Erzgebirge Aue gegen den MSV Duisburg. Noch führt der MSV mit 2:1, doch das Heimteam drängt auf den Ausgleich. Unruhe macht sich in der Kneipe breit. Immer wieder brüllt ein Besucher in Richtung Fernseher und nippt dann hektisch an seinem Bier. Dann die Erlösung: Der Schiedsrichter entscheidet in der 90. Minuten auf Elfmeter für Duisburg. Jubel bricht aus, die Fans liegen sich in den Armen. Kevin Wolze läuft zum Elfmeter an, schießt. Und trifft! Geschrei, Freude! Im Hintergrund ertönt die MSV-Hymne „Zebrastreifen, weiß und blau!“ und alle stimmen mit ein. Duisburg hat den Sieg sicher.

Vom Aussterben bedroht

Woche für Woche kommen Dutzende Besucher an den Sternbuschweg 97 in Duisburg, um gemeinsam mit ihren Freunden die Spiele des MSV verfolgen zu können.

Bürgerhof-Inhaber Jörn Höfkens hat kein Verständnis für die Preiserhöhungen.
Bürgerhof-Inhaber Jörn Höfkens hat kein Verständnis für die Preiserhöhungen. © Michael Dahlke

Doch gemeinsame Abende in der Fußballkneipe sind im Ruhrgebiet eine Seltenheit geworden, denn immer häufiger kündigen Kneipenwirte ihre Verträge mit Sky, weil sie die gestiegenen Kosten nicht mehr refinanzieren können. „Was Sky macht, ist eine Unverschämtheit. Ich zahle im Monat 900 Euro, um die Bundesliga-Spiele zeigen zu können“, wütet auch Bürgerhof-Inhaber Jörn Höfkens. Aufs Jahr gerechnet muss er somit 10 800 Euro zahlen. Oder eben 3600 Pils. Um die zu verkaufen, müsse aber viel passen, macht der 36-Jährige deutlich.

Längst ist es in seiner Kneipe leer geworden, obwohl direkt nach dem MSV-Spiel die Partie Augsburg gegen Mainz angepfiffen wurde. Fernab von Bayern München oder den NRW-Clubs locke aber kaum ein Team die Massen in den Bürgerhof, den vollen Betrag müsse er natürlich trotzdem zahlen.

Moerser Sportsbar verzichtet auf Sky

In Moers musste deshalb vor kurzem die Generation-Sportsbar den Vertrag mit Sky kündigen. Die Preise stiegen, die Gäste blieben aber aus und kamen nur zu den Topspielen. Ähnliche Erfahrungen musste ein Duisburger Wirt machen: „Mir ist die Show einfach zu teuer geworden. Am Ende habe ich die knapp 800 Euro, die ich zahlen musste, nicht reinholen können.“

Unter den Preiserhöhungen leiden nicht nur die Wirte, sondern auch Gäste wie Volker Both. Früher ging es für ihn oft in den Zebrastall – eine Kneipe, die in der Nähe der MSV-Arena zu Hause war. „Heute ist da ein Chinese drin“, sagt Both mit Bedauern. Seitdem ist er Stammgast im Bürgerhof.

Sky muss Kosten refinanzieren

Der Münchener Sender selbst rechtfertigt die letzten Preisanpassungen mit den gestiegenen Lizenzkosten.

Seit dieser Saison zahlt Sky für die Bundesligalizenzen weit über 800 Millionen Euro.
Seit dieser Saison zahlt Sky für die Bundesligalizenzen weit über 800 Millionen Euro. © Jan Woitas

Seit dieser Saison zahlt der Sender nach Schätzungen 876 Millionen Euro an die DFL (Deutsche Fußball Liga). „Wir müssen diese Kosten erstmal refinanzieren“, macht Unternehmenssprecherin Alexandra Fexer deutlich: „Deshalb schauen wir uns die Preise für Kneipen regelmäßig an.“

Auf der anderen Seite locke das Unternehmen Privatkunden mit „Wahnsinnsangeboten“, beschwert sich Jörn Höfkens. Erst kürzlich habe er von der Telekom ein Sky-Abonnement angeboten bekommen: Gerade einmal 25,90 Euro sollte er für Internet, Telefon und alle Sky-Pakete zahlen. „Das ist ein Witz. Bei solchen Angeboten kann ich verstehen, dass die Leute lieber zu Hause Fußball gucken.“

So berechnet Sky die Preise für Kneipen

Die Größe zählt

Das Unternehmen berechnet die Preise zum einen nach Lage und Quadratmetergröße der Kneipe.

In Duisburg günstiger als in München

Darüber hinaus berücksichtigt das Preissystems auch Kaufkraft, Bevölkerungsdichte und Sportaffinität am Standort des Betriebs. Das bedeutet, Duisburger Kneipen zahlen beispielsweise weniger als Münchener Kneipen, wo die Kaufkraft der Bevölkerung größer ist.

Bis zu 1500 Euro

Die Preise werden deshalb individuell berechnet und liegen zwischen 489 und 1569 Euro.

Hohe Besucherzahlen

Laut Unternehmen besuchten in dieser Saison pro Bundesliga-Spieltag knapp 900 000 Besucher eine Sky Sportsbar. In der Spitze seien es sogar 1,32 Millionen Menschen gewesen.

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Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ist mit der Entwicklung alles andere als zufrieden. „Wir bedauern jede Preiserhöhung, weil Fußball für viele Kneipen ein Grundpfeiler geworden ist“, macht NRW-Verbandssprecher Thorsten Hellwig deutlich. Zusätzlich steige mit weiteren Sendern wie Eurosport, das seit Saisonbeginn einige Spiele zeigt, der Verwaltungsaufwand.

Sky, Eurosport, Dazn: Es wird unübersichtlich

Zwar kostet das Abo dort im ersten Jahr nur 30 Euro, zusätzlich musste sich Höfkens aber noch einen Computer und einen neuen Internetanschluss besorgen. Mit dem Streamingdienst Dazn kommt zur kommenden Saison noch ein Anbieter dazu, der einige Champions-League- und alle Europa-League-Spiele zeigt – es dürfte also noch komplizierter werden.

Christian Krause, Inhaber des „Früher oder später“ in Essen-Rüttenscheid, nimmt das ganze Durcheinander mit Humor: „Für den Eurosport-Player habe ich mir eine FireTV-Box geholt. Wenn Dazn zur kommenden Saison dazu kommt, hängen hier bald so viele Boxen, da müssen wir die Anlage rausschmeißen.“ Zusätzlich werde es immer unübersichtlicher, wer welches Spiel zeigt: „Da brauchst du schon fast eine Excel-Tabelle.“

Auch Christian Krause zahlt aktuell deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren.
Auch Christian Krause zahlt aktuell deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren. © Ulrich von Born

Dennoch ärgert auch er sich besonders über Sky: „Seitdem ich vor sechs Jahren angefangen habe, hat sich der Preis mindestens verdoppelt.“ Und die Leistungen wurden in der Zeit weniger. Aktuell zahle er 699 Euro im Monat – seiner Meinung nach zu viel. Er sagt aber auch: „Wir müssen das Spiel ja sowieso mitspielen. Noch rechnet es sich aber.“ Eine Kündigung könne er sich ohnehin nicht leisten, denn dann würden seine Gäste woanders hingehen...