Oberhausen. . Michael Grundmann war zwölf Jahre der Centro-Manager. Nun versucht er, Oberhausens Marktstraße, die alte Mitte des Einzelhandels, wiederzubeleben
Die Marktstraße ist breiter geworden, seit Michael Grundmann in der Stadt ist. Was sich den Menschen in der Fußgängerzone von Oberhausen entschlossen in den Weg stellte, Aufsteller und Wühlkisten und Reklametafeln und Kleiderständer aus den Geschäften links und rechts, das hat Grundmann näher an die Ladenlokale rücken lassen.
Plötzlich ist Platz. Für Bänke vielleicht. Oder Grünes. Ein Moment für Möglichkeiten. „Ich bin jetzt vier Monate am Start“, sagt er.
Nach vier Monaten: am Start. So groß ist die Aufgabe. Grundmann soll die Marktstraße retten.
„Wir blickten auf Kaufhäuser und Passantenströme“
Wenn er, der Berater, aus seinem Büro im zweiten Stock schaut, liegt sie unter ihm, die Straße. Gegenüber Tedi, Backwerk und ein Leerstand, was jetzt ein bisschen ungerecht ist gegenüber Oberhausen: Es gibt auch andere Ecken, eher in den Seitenstraßen.
Und doch. So erinnert sich ein Redakteur 30 Jahre zurück: „Aus unserem Fenster blickten wir auf Kaufhäuser, endlose Geschäftsreihen und dichte Passantenströme.“ Und 1912, so steht es auf einem Schild zur Stadtgeschichte, gehörten zum Geschäftszentrum „die Kaufhäuser Alsberg, Boecker&Walb, Carsch, Heymann und Rüttgers“. Ja, 1912.
„Das Centro ist ein Freizeitzentrum“
Dazu muss man wissen: Grundmann ist kein Irgendwer in Oberhausen. Jetzt ist er in der Stadt, doch von 1997 bis 2008 hat er den Gegenpol gemanagt: das Centro, Einkaufswunder an der Emscher, das der eine oder andere mitverantwortlich macht für den Niedergang der Innenstadt.
„Die Frage habe ich 15 000 Mal gestellt bekommen und beantwortet“, sagt der 64-Jährige. Also zum 15 001. Mal: „Das Centro ist ein Freizeitzentrum mit Shopping und begrenztem Sortiment. 70 Prozent der Leute kommen als Touristen. Die wären sowieso nicht auf der Marktstraße. Was wäre Oberhausen ohne Centro? Wir hätten nicht diese riesigen Besucherzahlen.“
Einmal am Tag ist Grundmann auf der Marktstraße
Wenn er sich gerade nicht Gedanken macht oder Gespräche führt, Gespräche führt und Gespräche führt, reißt er wild geklebte Plakate ab, der Anzugträger. „Damit ich nicht so unnütz herumlaufe“ (Scherz). „Die Leute gucken immer. Dann schmeiß’ ich die Plakate auf die Straße“ (Scherz). Einmal am Tag ist Grundmann nämlich auf der Marktstraße unterwegs, um zu sehen, was ist.
Und manchmal entstehen solche Gespräche. Kommt ein Mann auf ihn zu: „Entschuldigung, darf ich Sie ansprechen?“ – „Schon geschehen.“ – „Sind Sie vielleicht der neue Manager?“ Es folgt eine Klage über rüpelhafte Radfahrer. „Haben Sie da Möglichkeiten?“ – „Körperlich vielleicht.“ Grundmann ist Kampfsportler (kein Scherz).
Doch wirklich helfen kann er nicht. Steht aber zehn Minuten später bei dem Polizisten an der Ecke und fragt ihn aus nach der Rechtslage auf Rädern.
Sorge um Ordnung, Sauberkeit, Sicherheit
Es sind die Schlagworte von überall, die auch die Menschen in Oberhausen umtreiben. Ordnung. Sauberkeit. Sicherheit. Toiletten, Grün, Graffiti. Bänke natürlich. „Jeder denkt, das ist eine Kleinigkeit, aber das ist es nicht.“ Wer zahlt? Wo kommen sie hin? Wie sehen sie aus? Und dabei hat Michael Grundmann ja keine Befehlsgewalt.
„So viele Leute spielen mit. Ich hab’ ja keinen Vertrag mit ihnen.“ Immobilienbesitzer und Pächter sind mehrere Hundertschaften. „Wenn im Centro einer gemeckert hat, habe ich gesagt: Paragraf sowieso – fertig!“ Eine Gestaltungssatzung täte der Straße gut, in der jeder seine 25 Meter Straßenfront nach eigenem, wenn man so will, Geschmack gestaltet.
Alles ist besser als zugeklebte Scheiben
Am Ende, wo die Marktstraße breiter wird und ausfranst, da stellt der Chef der „Wein Lounge“ gerade Grünkübel vor die Tür. „Die Händler müssen helfen“, sagt Michael Grundmann. Und, dass „alles besser ist als zugeklebte Scheiben“. Jetzt sprudelt er.
Studenten-WGs könnten in umgebaute Ladenlokale ziehen, Kitas; man könnte sie mit Theaterproben bespielen. Oder mit einem Pantomimen-Wettbewerb . . . Irgendwann muss Grundmann zurück ins Büro. Wehe, da hängt ein wildes Plakat am Weg.