Herne. Der Startschuss für die 583. Cranger Kirmes ist gefallen. Warum Schausteller und Besucher sich auf dem Mega-Volksfest in Herne so wohlfühlen.

Herne hurra, es dreht sich wieder alles. Das Riesenrad, die Zuckerwatte im Topf, das Kettenkarussell, ach was, der „Riesenkettenflieger“! Vor allem aber dreht sich alles um Crange. Die 583. Kirmes ist eröffnet, und die ist für Stadt und Schausteller mehr als „nur” ein Volksfest: In Herne bedeutet sie Heimat.

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Ein spitzer Schrei auf der Dorstener Straße, zwei eilige Mädchen, es ist genau vier Uhr: „Mein Lieblingsriesenrad!“ Musik ab, Kirmes an, „Ich flieg wie ein Flieger“, die Leute springen auf von den Stufen des Autoscooters, sie haben schon gewartet. „Heut’ ist so ein schöner Tag!“, das kommt von der Wilden Maus. Crange, sagt Daniel aus Witten, „gehört zum Sommer dazu“, wenn man aus der Gegend kommt, „ist das Pflicht“. Jeden Sommer, auch bei mehr als 30 Grad.

Ferien auf dem Riesenrad, Urlaubsgefühle auf Crange

Das mit der „Gegend“ ist das Argument. Cranger fahren nicht in Urlaub, jedenfalls nicht in der ersten Woche im August; Cranger machen Ferien auf Crange, und viele sparen dafür. Für laue Sommerabende im Kirmes-Biergarten oder in privaten Garagenhöfen, wo abends die Menschen zusammensitzen, „seit zehn Jahren dieselben, und die erzählen immer noch dieselben Witze“, sagt Albert Ritter, der ist der Schausteller-Präsident und findet das herrlich. Sie sparen für das Karussell, das immerhin 2,50 Euro aufwärts kostet, für die Geisterbahn (5 Euro) und Kirmes-Essen für die ganze Familie (Bratwurst ab 3 Euro).

Heimat ist, wo dieses Virus jeden infiziert. Partner, die die Kirmestage lieben lernen oder aushalten müssen, Kinder sowieso. Die, wohin sie das Leben auch immer verschlägt, alle Jahre wiederkommen: zum, wie sie auf Crange sagen, „größten Klassentreffen der Welt”.

Gleich hebt sie ab – doch zum Glück, weiß Jill Lütteke, wie viele Luftballons sie maximal halten darf ...
Gleich hebt sie ab – doch zum Glück, weiß Jill Lütteke, wie viele Luftballons sie maximal halten darf ... © Andre Hirtz

Dieses Lebensgefühl haben sie dieses Jahr in das Kirmes-Motto gegossen: „Heimat. Liebe. Crange.“ Weil jeder hier eine Geschichte dazu hat. Weil jeder mitfeiert, „an jedem Straßenmeter”, sagt Kirmes-Sprecher Jochen Schübel, „ist Fest“. Und weil Gäste gern gesehen sind und gerne sehen: „Heimat“ ist für Albert Ritter der Festumzug morgen, „wenn einer das Ruhrgebiet nicht kennt, der muss kommen“. Denn es marschieren Knappenverein vor Taubenzüchtern vor kurdischem Kulturverein, vor Sonnenstudio und Kleingärtnern „mit Blümskes“, freut er sich, „so tickt das Revier“.

Es soll Leute geben, die zuhause einen „Altar“ pflegen mit den schönsten Erinnerungsstücken – dieses Jahr wird es wohl ein Plüsch-Flamingo werden – und natürlich hat das Kirmes-Maskottchen, ein Grubenpferd, mit Dietmar Kremer ein Designer aus Wanne-Eickel erfunden. Er taufte es Fritz, nach dem Großvater, auf Crange geboren.

Der Pastor im Festzelt

Selbst die Schausteller von überall her teilen das Heimatgefühl. Crange gehöre zur Heimat, sagte dieser Tage einer aus dem fahrenden Volk, „weil Heimat ist, wo man sich willkommen fühlt“. Und Jahrmarkt-Beschicker, weiß der Schausteller-Pfarrer Torsten Heinrich (mit Wurzeln in Sachsen), „merken das wie Seismographen: ob die Menschen die Kirmes wollen, ob sie im Ort verankert ist“. Heinrich selbst mag Crange auch deshalb, weil die Menschen offen, nicht distanziert seien. „Es stimmt miteinander, die große Mehrheit freut sich an der fünften Jahreszeit.“

Kirmesauftakt in Crange

Auf Crange
Auf Crange © FUNKE Foto Services | Michael Korte
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Auf Crange © FUNKE Foto Services | Michael Korte
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Auf Crange © FUNKE Foto Services | Michael Korte
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In Herne sei man als Schausteller „auf Augenhöhe, nicht das letzte Glied in der Kette“, bestätigt Georg-Erich Löwenthal, und der ist ein lebendiges Beispiel: Schon als Kind rannte er in den Ferien über den Kirmesplatz, seine Familie kommt seit mehr als 50 Jahren ins Revier, er selbst in dritter Generation – diesmal mit Münzschieber und Greifstand. Auf Crange lernte der gebürtige Schwabe seine Frau Jenna kennen, auch ein Schausteller-Kind. Beinahe wäre Tochter Helene im vergangenen Jahr auf Crange geboren, allein, sie ließ sich Zeit, bis wieder Ruhe war auf dem Rummel. Nun aber wurde Helene getauft – auf Crange. Wie der kleine Theo auch, für den bestellten sie den Pastor ins Festzelt.

„Wie viel Leidenschaft die Leute für ihre Kirmes haben!“, lobt Löwenthal. Die essen sogar Backfisch und Grillschinken in diesem heißen Sommer, nur weil das eben Tradition ist. „Crange“, sagt da selbst der weit gereiste Schausteller, „ist das beste Volksfest der Welt.“

  • alle Informationen zur Cranger Kirmes gibt es hier: waz.de/crange

>> Öffnungszeiten und Infos

geht noch bis Sonntag, 12. August. Montags bis samstags ist ab 13 Uhr geöffnet, sonntags ab 11 Uhr. Sonntag bis Donnerstag ist um Mitternacht Schluss, freitags und samstags darf bis 2 Uhr nachts gefeiert werden.

Infos, auch zum Verkehr, unter www.cranger-kirmes.de