Ruhrgebiet. . Immer mehr Firmen bieten Leihräder im Ruhrgebiet an, ohne feste Verleihstationen zu haben. Das könnte auf Dauer problematisch werden.
Bisher war die Lage recht überschaubar. Wer sich im Ruhrgebiet ein Fahrrad mieten wollte, der landete meist bei „Metropolradruhr“. Seit 2010 hat das Projekt der Firma „Nextbike“ das Revier mit einer Kette von Verleihstationen überzogen. Nun aber gibt es Konkurrenz. Und schon wird es unübersichtlich.
Denn anders als „Metropolradruhr“ verzichten die neuen Anbieter auf Verleihstationen. Stattdessen verteilen sie ihre Räder nach dem Gießkannenprinzip im gesamten Stadtgebiet. Wer sie nutzen will, muss sich mittels einer App auf dem Handy mit seinen Kontodaten registrieren und kann das Rad anschließend per Smartphone freischalten. Dafür muss er einen am Rahmen angebrachten so genannten QR-Code einscannen. Am Ziel angekommen reicht ein Klick in der App und der Drahtesel wird funkgesteuert verriegelt – bis der nächste Kunde kommt. „Free Floating“ nennt sich das System, das es in Berlin oder München schon länger gibt und für das man nach Einschätzung der meisten Städte grundsätzlich keine spezielle Genehmigung benötigt.
Defekte Räder im Vorgarten oder vor Einfahrten
Das macht es nicht einfacher, wenn es Probleme gibt. So wie in München, das die chinesische Firma „Obike“ vor einiger Zeit gleich mit 6800 Rädern überschwemmte. Nutzer klagten über die schlechte Qualität der fahrbaren Untersätze, Anwohner fühlten sich genervt, weil die gelben Bikes Einfahrten blockierten oder von Randalierern beschädigt in Vorgärten lagen. So etwas sei „Gift für das Image von Leihrädern“ sagt ADFC-Sprecherin Stephanie Krone. „Ganz schlecht für den Ruf der Branche“ , bestätigt Metropolradruhr-Sprecherin Mareike Rauchhaus.
Im Ruhrgebiet hält sich der Ärger bisher in Grenzen. Nur in Mülheim zog die Berliner Firma „Byke“ ihre 70 Fahrräder nach Problemen mit dem Ordnungsamt wieder ab. Kommenden Dienstag allerdings sollen sie für einen zweiten Versuch zurückkehren. „Alles ist mit der Stadt abgesprochen“, sagt Byke-Sprecher Fritz Thöni. Ansonsten sei man mit der Expansion im Ruhrgebiet „bisher sehr zufrieden“. Das beruht in Essen und Duisburg offenbar auf Gegenseitigkeit. „Keine Probleme“ gebe es mit „Byke“, heißt es aus dem Duisburger Rathaus. Und Isabel Razanica, Pressereferentin bei der Stadt Essen, sind bisher „keine Beschwerden bekannt“.
Auch interessant
Mittelfristig will „Byke“ sein Angebot im Revier deshalb auch ausbauen. „Wir sind bereits in Gesprächen mit weiteren Städten.“ Das sind andere auch. In Dortmund will – pünktlich zu den Sommerferien – mit „Ofo“ nicht nur einer der weltgrößten Leihfahrrad-Anbieter an den Start gehen, in der zweiten Jahreshälfte soll auch „Obike“ folgen, das diese Woche die meisten Räder aus München abgezogen hat. Beide wollen jeweils 500 Zweiräder verteilen. Das Potential in Dortmund sei „bei weitem noch nicht ausgeschöpft“, hat die Stadt festgestellt. Wahrscheinlich haben auch deshalb vier weitere Verleiher im Rathaus angeklopft.
Anbieter aus Fernost bekommen wertvolle Daten
Preislich ist die Konkurrenz aus Fernost meist kaum zu unterbieten. Was nach Einschätzung von Branchenkennern am Geschäftsmodell der Asiaten liegt. Mit großen Medienkonzernen als Geldgeber im Rücken seien sie weniger an den Leihgebühren interessiert als an den Daten, die sie bei Nutzung ihrer Fahrräder sammeln können. Sie zeigen, wohin sich die Fahrer bewegen, welche Orte sie passieren oder wo sie halten. In China bekommen Nutzer der Mieträder regelmäßig Werbung von Geschäften auf ihre Handys, an denen sie gerade vorbeifahren. In Deutschland, heißt bei den asiatischen Anbietern, sei Ähnliches bislang nicht geplant. Datenschützer bleiben trotzdem skeptisch.
„Byke“ versichert, man sei technisch gar nicht in der Lage Bewegungsprofile der Kunden zu erstellen, weil man nur Anfangs- und Endpunkt jeder Fahrt kenne. Und das mit öffentlichen Mitteln geförderte „Metropolradruhr“ will keine Daten, sondern mehr Flexibilität. Man wolle zwar weiter auf feste Stationen setzen“, sagt Mareike Rauchhaus, aber gerne auch Räder im Free-Floating-Modell anbieten. „Aber wir werden darauf achten, dass sie nirgendwo stören.“