Köln. Nach dem Unfall beim Kölner Rosenmontagszug, wird ein Verbot von Pferden beim Karneval gefordert. Das Problem sehen Experten jedoch woanders.
Nachdem zwei Kutschpferde beim Rosenmontagszug in Köln durchgegangen und fünf Menschen verletzt worden sind, ist eine Debatte über den Umgang mit Pferden bei Karnevalsumzügen entbrannt. Und während die Tierschutzorganisation PETA ein generelles Aus für Pferde bei Karnevalsumzügen fordert (350 waren beim Kölner Umzug in diesem Jahr im Einsatz), hat sich Innenminister NRW-Innenminister Herbert Reul strikt gegen ein Pferdeverbot ausgesprochen. Derweil sehen Experten die Lage differenzierter und sprechen sich für strengere Kontrollen für Ross und Reiter aus.
So sei es zwar unbestritten, dass ein Karnevalsumzug Stress für Pferd und Reiter bedeute, hält Dr. Ralf Unna, Vizepräsident des Landestierschutzverbands Nordrhein-Westfalen fest. Doch seiner Meinung nach könne man von den Tieren durchaus Leistung abverlangen, solange sie diesen gewachsen sind: „Es kommt darauf an, wie gut Tier und Reiter auf die Situation vorbereitet sind. Ob das Pferd Stress gewöhnt ist und ob der Reiter die Situation beherrscht. Das Problem sitzt immer auf dem Pferd.“
Pferdepsychologin: Das Pferd muss dem Reiter vertrauen
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Denn die eigentliche Problematik sieht Unna darin, dass zu viele Reiter auf den Pferden sitzen würden, die für einen Karnevalsumzug nicht gut genug ausgebildet seien. Diese Ansicht vertritt auch die Pferdepsychologin Anja Schwien aus Velbert: „Der Reiter muss in der Lage sein, das Pferd ordentlich zu führen. Dann ist auch ein Rosenmontagsumzug kein Problem. Das Pferd muss dem Reiter vertrauen und sich bei ihm sicher fühlen.“ Das Tier vorher mit einem Sedierungsmittel ruhig zu stellen, sei dagegen ein „No-Go“.
Allerdings eigne sich auch nicht jedes Pferd für diese Extremsituation. Zum einen seien die meisten Tiere nicht richtig vorbereitet, zum anderen komme es auf dessen Persönlichkeit an: „Das ist wie bei Menschen. Es gibt auch Pferde, die die Aufmerksamkeit genießen. Der Charakter des Pferdes ist entscheidend“, sagt Schwien. Daher hält die Tierpsychologin eine Vorab-Prüfung von Pferd und Reiter für sinnvoll. Ein gewisses „Restrisiko“ bleibe allerdings immer.
Der Landestierschutzverband fordert strengere Kontrollen
Stärkere Kontrollen fordert auch der Landestierschutzverband NRW. Zwar sei das Kölner Festkomitee nach dem Kollaps einer Stute im Jahr 2017„ein bisschen sensibilisiert“ worden und habe einige der geforderten Maßnahmen, wie eine sogenannte „Gelassenheitsprüfung“ für Pferde, umgesetzt. Doch im Großen und Ganzen „haben sie sich der Verantwortung nicht gestellt und sich nicht weit genug in die richtige Richtung bewegt“, meint Vizepräsident Dr. Unna.
So müssten die Tiere aufgrund der aufwendigen Verkleidung der Narren immer noch unverhältnismäßig viel Gewicht tragen und seien dann oft der Belastung nicht mehr gewachsen. Des Weiteren würden ausreichende Trink- und Fressmöglichkeiten aufgrund der zeitlichen Abläufe fehlen. Zudem bedeutete nicht nur der Zug, sondern auch das Vor- und Hinterher Stress für die Tiere, so Dr. Unna: „Die Pferde sind extrem langen Transportwegen ausgesetzt. Der Abtransport beginnt um drei Uhr nachts, damit die Tiere pünktlich am Zug sind. Zum Teil sind die Pferde dann erst 20 Stunden später wieder in den Ställen.“
Daher sieht der Tierarzt das Festkomitee in der Pflicht, die Abläufe künftig noch weiter zu verbessern. Sein Fazit: „Wenn das Festkomitee das nicht hinbekommt, dann muss es Karneval eben ohne Pferde geben.“