Düsseldorf. . Im Endspurt wird die CDU stärkste politische Kraft im Landtag - und feiert ihren Spitzenkandidaten, Armin Laschet.

„Sensationell“ war gestern Abend das meistgehörte Wort in der CDU-Parteizentrale an der Wasserstraße. Um Punkt 18 Uhr, mit der Prognose des Wahlergebnisses, brach ungestümer Jubel los. Alle lagen sich in den Armen, stießen mit ihren Getränken an, riefen, nein, brüllten immer wieder den Namen ihres Spitzenkandidaten: „Armin, Armin, Armin...“. Die Union hat es im Wahl-Schlussspurt tatsächlich geschafft: Sie ist wieder stärkste politische Kraft im Land. Aus dem erwarteten Kopf-an-Kopf-Rennen wurde ein glasklarer Sieg der CDU. Rot-Grün ist Geschichte in Nordrhein-Westfalen. Und Armin Laschet wird Ministerpräsident.

Der Sieg, an dem vor ein paar Wochen noch niemand glauben mochte

NRW-Wahl: Laschet jubelt

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    Um 18.18 Uhr tritt der Sieger vor die Presse. Er reckt die Faust nach oben, sagt: „Heute, liebe Freunde...“, aber die CDU-Mitglieder lassen den 56-Jährigen zunächst gar nicht aussprechen. „Heute ist ein guter Tag für NRW“, beendet Laschet den angefangenen Satz nach der ersten Huldigung. „Wir haben zwei Wahlziele gehabt. Wir wollten Rot-Grün beenden und stärkste Partei in NRW werden. Beides ist gelungen!“ Dann verspricht er einen „Neuanfang“ und das Ende von „sieben Jahren schlechter Politik“. Nordrhein-Westfalen solle unter seiner, Laschets Führung wieder zum „Aufsteigerland“ werden. Eine „ideologiefreie Schulpolitik“ will er machen, die Wirtschaft von „Bevormundung und Bürokratie“ befreien, Kriminelle müssten sich auf „null Toleranz“ einstellen.

    Vor drei, vier Wochen noch glaubten nicht einmal die Christdemokraten fest an einen Wahlsieg. Zu populär schien Hannelore Kraft, zu blass und unbekannt der eigene Kandidat. Aber in den Tagen vor der Wahl drehte sich der Wind. In Umfragen lag die CDU plötzlich gleichauf mit der SPD und schließlich sogar davor. CDU-Fraktionsgeschäftsführer Nathanael Liminski sprach vom „positiven Swing“ nach der Schleswig-Holstein-Wahl. Die Taktik der Union ging am Ende voll auf. Ihr „Kampf um jede Stimme“ wurde vor allem dort geführt, wo „klassische“ CDU-Wähler leben. Im Münster- und im Sauerland, fernab der großen Städte, in bürgerlichen Wohngebieten, nicht in sozialen Brennpunkten.

    Laschet wird häufig unterschätzt - aber er ist beharrlich

    „Das ist eine schlimme Niederlage für Rot-Grün und die Bestätigung für einen sensationellen Wahlkampf“, sagte Oliver Wittke, Chef der CDU Ruhr, auf der Wahlparty. Selten zuvor hätten Landesthemen so im Mittelpunkt gestanden wie diesmal: Innere Sicherheit, Staus, schlechte Straßen, gute Bildung. Der Sieg der Union, findet Wittke, ist auch „eine Riesenklatsche für den Würselen-Kandidaten.“ Gemeint ist SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, unter dessen Führung die SPD drei Landtagswahlen in Folge verlor.

    Armin Laschet ist oft unterschätzt worden. In der eigenen Partei hielten ihn manche für zu „weich“. Bürger erlebten ihn im Wahlkampf als leutseligen und netten Herrn, der nicht ins Klischee des zur Besserwisserei neigenden Spitzenpolitikers passt. Beobachter beschreiben ihn gern als leicht chaotischen „Filou“, der sogar zu den eigenen Pressekonferenzen fast immer zu spät kommt.

    Das alles stimmt, aber es ist nur die halbe Wahrheit. Denn der liberale Laschet bringt eine Qualität mit, die in der Politik Gold wert ist: Beharrlichkeit. Er lässt sich nicht so einfach wegschubsen. Er brach, als die Umfragen im Februar und März gegen ihn sprachen, nicht in Panik aus, sondern machte unbeirrt weiter. Er stellte sich sogar auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise loyal hinter Kanzlerin Angela Merkel und zog die Kanzlertreue durch.

    Er ist kein Scharfmacher

    Gestern Abend bedankte sich Laschet dann auch höflich bei Merkel für deren Wahlkampfhilfe und verkündete das nächste, große Ziel: „Wir wollen jetzt auch die Bundestagswahl gewinnen.“ „Armin Laschet ist ein Langstreckenläufer“, erklärte Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen. Mindestens genauso wichtig aus Kufens Sicht: „Laschet ist kein Scharfmacher.“

    Ehre wem Ehre gebührt, dachte wohl auch Jens Spahn, ein selbstbewusster Konservativer aus dem Münsterland, dem zuletzt Ambitionen nachgesagt wurden, sehr an führenden Aufgaben in der NRW-CDU interessiert zu sein. „Armin Laschet hat Profil gezeigt und den Fokus auf Landesthemen gelegt. Es ist sein Sieg“, lobte Spahn.

    Vergessen ist nun die krachende Niederlage der CDU vor fünf Jahren, als die Partei mit dem glücklosen Norbert Röttgen an der Spitze auf 26,3 Prozent abstürzte. Armin Laschet kündigte am Abend an, er wolle mit allen „demokratischen Parteien“ über eine Zusammenarbeit sprechen.

    Aus der inhaltlichen Nähe seiner Partei zur FDP machte er aber kein Geheimnis. FDP-Chef Lindner dämpfte die Erwartungen gleich: „Wir sind nicht der Wunschpartner der CDU und die CDU nicht unserer.“