Duisburg. . Bei Thyssen-Krupp. Gewerkschaft zählt in Hüttenheim 7500 Demonstranten. Vieles ist noch ungewiss, der Kampfgeist muss sich erst noch aufrappeln.
Wo denn dann, wenn nicht in Hüttenheim? Erst war das Stahlwerk, dann war der Ort, das sagt der Name. Und noch heute, lange, bevor man den Vorort im Duisburger Süden wirklich erreicht hat, sieht man die Anlagen am Horizont größer und größer werden: rechts der Straße alles Krupp-Mannesmann, links der Straße alles Thyssen-Krupp.
Reisebusse, Flixbusse, Linienbusse parken zu beiden Seiten dieser, natürlich, Mannesmannstraße; Menschen strömen auf einen Werksparkplatz von Thyssen-Krupp, Richtung Tor 9, Stahlarbeiter sie, die um ihre Arbeitsplätze kämpfen wollen. Man könnte sagen: um ihr eigenes Hüttenheim.
„Stahl gehört zu Gelsenkirchen“
In Duisburg und in Dortmund steht es, in Bochum und in Hagen und überall: „Stahl gehört zu Gelsenkirchen“ steht auf einem Transparent, „Standort Siegerland“ auf einem anderen. Die große Welt von Thyssen-Krupp – doch am Zugang gibt es gerade Streit um die Busse.
„Die sollen sich alle querstellen, die sollen die Straße dichtmachen“, regt ein Mann sich auf. „Geht doch nicht!“, sagt der Werksschutz, „doch, kann man“, sagt der Mann und stapft weg.
Der Zorn ist noch halblaut
Aber natürlich kommt es nicht zu Blockaden irgendwelcher Art, wie man überhaupt sagen muss: Der Zorn ist noch halblaut an diesem Mittwoch, Wut wohltemperiert, Kampf findet vor allem in den Redebeiträgen statt, weiter hinten treffen eher alte Kollegen einander wieder: „Mensch, alles gut?“
Denn über die Gefährdung von Anlagen in Bochum und Duisburg hinaus ist insgesamt wenig klar. Eventuell droht eine Fusion mit den Indern. Vielleicht sind mehr als 4000 Arbeitsplätze bedroht.
Stahlarbeiter tragen einen Sarg auf die Bühne
„Bei uns in Dortmund ist die Stimmung noch etwas abwartend“, sagt der Vertrauensmann Ulrich Renner: „Viele sind entschlossen, um die Arbeitsplätze zu kämpfen, aber es gibt auch das Gefühl, wir sind ja nicht betroffen.“ Ein Kollege aus Duisburg ergänzt: „Wir wollen erreichen, dass der Vorstand jetzt ganz klar erklärt, was er eigentlich vor hat mit uns.“
Kurz vor 12 dröhnen Glockenschläge, dazu tragen vier Stahlarbeiter in Schwarz einen Sarg auf die Rednertribüne: „Hüttenheim braucht Zukunft“ steht darauf.
„Stop Stahl-Exit“
Der Platz davor ist dominiert vom Rot, von der Farbe der IG Metall, und vom Orange der Schutzanzüge. „Stahl ist Zukunft“ steht auf ihren T-Shirts, „Stop Stahl-Exit“ auf etlichen Warnwesten. Oder auf Spruchbändern: „Wir sind euer Kapital. Wir sind Thyssen-Krupp.“
Sören Link und Ullrich Sierau reden, die Oberbürgermeister von Duisburg und von Dortmund; auch Garrelt Duin, der Landeswirtschaftsminister von der SPD. „Industrie ist das Herz unseres Landes. Ohne Stahl ist Nordrhein-Westfalen nicht denkbar“, wird er sagen und damit in etwa das, was sie hier hören wollen: dass die Landesregierung sie unterstütze.
Gewerkschafter schalten schon auf Kampf
Und dann sind da noch acht oder neun Betriebsräte und Gewerkschafter, die schon auf Kampf geschaltet haben. „Denen machen wir einen Strich durch die Rechnung“, ruft der frühere IG-Metall-Chef und Thyssen-Krupp-Stahl-Aufsichtsrat Detlef Wetzel. „Keine Standort-Schließung, keine Anlagen-Schließung, keinen Personalabbau, stattdessen ein Konzept für die Zukunft“, fordert Knut Giesler, der IG-Metall-Chef in NRW.
„Wir haben keinen Stahlvorstand, wir haben einen Kapitalvorstand“, schimpft Günter Back, der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Stahlsparte. Beifall für Back. Aber viele der Mineralwasserboxen bleiben am Ende auch übrig, die die Gewerkschaft gekauft hatte für erhitzte Gemüter unter Stahlarbeitern.