Duisburg/Düsseldorf. . Das Oberlandesgericht korrigiert das Landgericht. Die Loveparade wird ausverhandelt. Doch viele Betroffene erwarten gar keine Verurteilungen.

  • Die Akten kommen zurück nach Duisburg. Aber verhandelt wird wahrscheinlich in der Messe Düsseldorf.
  • Prozess ist „für die Aufarbeitung des Traumas, das viele damals erlitten haben, enorm wichtig“.
  • Oberlandesgericht: „Ausreichende Anhaltspunkte für einen vorwerfbaren Zusammenhang“

Den Plenarsaal des Oberlandesgerichts Düsseldorf belasten vier monumentale Wandgemälde, sie erzählen vom Sieg des Rechts im Lauf der Zeit. Sie beginnen bei „Gottesgericht“ im Altertum und enden bei „Erste Mitwirkung von Berufsrichtern“ im späten Mittelalter.

Was Gerichtspräsidentin Anne-José Poulsen unter diesem Bild verkündet, das empfinden am Montag viele Angehörige und Überlebende als genau das, als Sieg des Rechts: Es wird nun doch einen Prozess zur Loveparade geben.

„Wir wollen vielmehr eine lückenlose Aufklärung“

Wen man auch fragt an diesem Montag, der sieht es so. „Es geht uns gar nicht um eine Verurteilung der Beklagten. Wir wollen vielmehr eine lückenlose Aufklärung,“ sagt Jörn Teich, Sprecher der Betroffenen und Traumatisierten. Auch ein Prozess könne letztendlich nicht alle Wunden schließen: „So ein Erlebnis kann man nicht vergessen. Das wird niemals ganz weggehen.“

Klaus-Peter Mogendorf, Vater des damals ums Leben gekommenen Eike, sagt es so: „Ich komme selbst aus dem Bauwesen. Und damals beim Erteilen der Sonderbauverordnung haben die falsch gearbeitet – egal, ob das bewusst oder unbewusst geschehen ist. Das muss im Prozess aufgeklärt werden.“

„Endlich werden die Fragen aufgearbeitet“

Und Dirk Schales schließlich, der Sprecher der Betroffenen-Initiative „LoPa 2010“? Sagt: „Endlich werden die Fragen aufgearbeitet, die uns seit Jahren quälen. Für die Aufarbeitung des Traumas, das damals so viele erlitten haben, ist das enorm wichtig.“

Die Gedenkstätte für die Loveparade-Opfer in Duisburg.
Die Gedenkstätte für die Loveparade-Opfer in Duisburg. © Roland Weihrauch

Der Prozess kommt: Das hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts entschieden und damit die Entscheidung der 5. Großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg vom Frühjahr 2016 aufgehoben, nicht zu verhandeln.

Die Meinung, die die drei Richter in den letzten Monaten zu dem Fall entwickelt haben, spricht aus jedem zweiten Satz, den Präsidentin Paulsen in Düsseldorf verliest: Die vorgeworfenen Taten seien „mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisbar“, „Sorgfaltspflichtverletzungen ursächlich für die Todes- und Verletzungsfolgen“ drängten sich nach den Ermittlungsergebnissen auf. Und vieles mehr in diesem Ton.

Worte für die Angehörigen

Fazit: Der Senat sehe „auch ausreichende Anhaltspunkte für einen vorwerfbaren Zusammenhang zwischen den anzunehmenden Planungsfehlern und dem Eintritt der Katastrophe“.

Und dann findet Anne-José Paulsen auch Worte für die Angehörigen: Sie wisse, dass „die bisherige juristische Aufarbeitung für Angehörige und Opfer belastend und schwer nachvollziehbar ist“. Und sie hoffe, dass die Hauptverhandlung „Ihnen helfen kann, Ihren Schmerz und Ihre Trauer weiter zu verarbeiten“.

Mobile Richterbänke liegen bereit

Die Akten kehren nun nach Duisburg zurück, vor eine andere, vor die 6. Große Strafkammer. Rein geographisch aber wird in Düsseldorf verhandelt, im Kongresszentrum auf dem Messegelände, da ist Platz. Der Mietvertrag zwischen Justiz und Messe besteht fort, mobile Richterbänke und mobile Sicherheitskontrollen liegen seit langem bereit.

Nach früheren Angaben sind pro Verhandlungstag 14 000 Euro Miete fällig, natürlich inclusive Nebenkosten. Dafür entfallen die Stornogebühren von 111 000 Euro, die entstanden wären, hätte das OLG anders entschieden.